Rezension
von Sabine Ibing
Morgen bestimme ich!
von Jörg Mühle
Als das Wiesel nach Hause kommt, traut es seinen Augen kaum: Bär und Dachs spielen miteinander. Das Wiesel ist sauer. Denn Dachs ist sein Freund! «Spiel doch mit», schlägt der Dachs vor, doch Bär und Wiesel können sich nicht einigen, nicht auf Fußball, nicht auf Memory oder Verstecken.
Das Wiesel ist schon ziemlich tricky! Es schlägt vor, Vater, Mutter, Kind zu spielen, und der Bär soll das Kind sein. Das Kind soll gleich ins Bett! Weil das Kind ungezogen war. Der Bär steht auf und droht, als Kind wäre er jetzt sauer und «würde einen riesigen Saustall machen». Wiesel und Bär streiten sich die ganze Zeit, können sich auf kein Spiel einigen. Was der eine spielen will, mag der andere nicht. «Immer willst du der Bestimmer sein!», sagt das Wiesel. «Mit dir kann man einfach nicht spielen!», sagt Bär. Irgendwann muss Dachs nach Hause …
Humorvoll wird hier der Streit ums Spielen, ums Bestimmen dargestellt. Der sinnlose Streit – denn bestimmen wollen sie beide. Der arme Dachs schaut hilflos zu. Den hätte ich mir gut in der Vermittlerrolle vorstellen können. Denn leider bietet das Kinderbuch keine Lösung aus der Streitspirale. Konflikte in Bilderbüchern anzusprechen ist gut, insbesondere, wenn sie dem alltäglichen Leben entspringen und jeder sich angesprochen fühlt. Am Ende stehen die Streithähne hilflos da: Der Dachs verschwindet entnervt, die Tag ist ohne Spielen vergangen. Für den nächsten Tag ist der Dachs bereits mit dem Fuchs verabredet – sagt er jedenfalls. Letztendlich wird das Kind an dieser Stelle auch alleingelassen. Soziales Lernen, wie hätte man das Problem lösen können? Dazu gibt das Buch leider keine Antwort.
Die Illustrationen sind einfach und überschaubar gestaltet, hintergrundlos, konzentrieren sie sich auf die agierenden Personen. Auch der Text ist reduziert, so dass meiner Meinung nach bereits Dreijährige gut mit dem Buch klarkommen. Der Moritz Verlag gibt eine Altersempfehlung: ab 4 Jahren – das ist für mich fast zu hoch angesetzt, denn die Geschichte ist sehr kurz, hat einen sehr überschaubaren Inhalt und ist illustratorisch eher für kleinere Kinder gestaltet – und bietet eben keine Lösung. Das Bilderbuch ist inhaltlich wie zeichnerisch witzig gestaltet und gefällt mir grundsätzlich gut, mit dem genannten Abzug.
Jörg Mühle, geboren 1973 in Frankfurt am Main, studierte Illustration in Offenbach und Paris. Seit 2000 ist er Diplom-Designer und illustriert Bücher und Magazine. Er ist Mitglied der Frankfurter Ateliergemeinschaft labor, hat eine Tochter im besten Kinderbuchalter und wohnt fußläufig zum Moritz Verlag. Seine Pappbilderbücher übers Hasenkind erfreuen Kinder von Stockholm bis Tokio.
Morgen bestimme ich!
Bilderbuch, Kinderbuch, Streit, Soziales Lernen, Kinder und Jugendliteratur
Hardcover, 32 Seiten, 19.6 x 28.1 cm
Moritz Verlag, 2024
Altersempfehlung: ab 4 Jahren
Bilderbücher bis 5 Jahre
Kinder- und Jugendliteratur
Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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