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Der kleine Medicus: Achtung: Super-Säure! von Dietrich Grönemeyer - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Der kleine Medicus: Achtung: Super-Säure! 


von Dietrich Grönemeyer


Nano und seine Freunde werden vom berühmten Arzt Dr. X und seine Assistentin Micro Minitec nanoklein geschrumpft und können so in einem in einem Mini-U-Boot durch den Körper von Micro Minitec reisen. In diesem Buch fährt Nano durch den Verdauungstrakt, wo er zunächst am Mageneingang festhängt. Doch plötzlich öffnet sich der Boden unter der silbernen Kapsel und Nano schafft es im letzten Augenblick, die Flügel ihres Reisegefährts auszufahren. Es landet sanft mitten in den wogenden Wellen der Magensäure, wo er den Resten der von Micro Minitec verspeisten Sardine begegnet, die sich langsam zersetzt. 



Nano verlässt diese gefährliche Säurezone, denn er hat Angst, dass sie dem U-Boot doch noch schaden könnte und kommt zur Galle, zur Bauchspeicheldrüse und landen im Dünndarm. Dieses Buch ist der zweite Teil, den ersten kannte ich nicht. Das sollte bei Büchern kein Problem sein. Hier findet man am Anfang eine kurze Zusammenfassung von Teil 1 in drei Sätzen und einen kleinen Steckbrief der Protagonist:innen (Marie, hier beschrieben ist, kommt gar nicht in diesem Band vor). Schon geht es hinein ins Geschehen mit dem Beginn der Geschichte im freien Fall durch die Speiseröhre zum Magenmund. Aber gut. Der Doktor erklärt per Funk, wo sich Nano befindet, erklärt, warum es gerade nicht weitergeht. Das fand ich ein wenig abrupt. Die Reise durch das Verdauungssystem ist prima erklärt, aber letztendlich ein Anreihen von einer Menge an Informationen, die ein Kind zunächst verdauen muss. Selbst der Blinddarm wird erklärt, auch warum er sich entzünden kann. Das alles ist kindgerecht verdeutlicht. Die Geschichte ist spannend, verständlich erklärt in der Kommunikation zwischen Nano und Dr. X. – Aber eben reiner Fließtext.



‹Die Fläche braucht der Dünndarm, um an die Nährstoffe zu kommen und 80 Prozent des Wassers aus der Nahrung zurückzugewinnen.›

‹So was wie eine Recyclinganlage, Dr. X?› Nano wurde hellwach.

‹Ja genau›, antwortete der Arzt. ‹Die Darmzotten sind prall gefüllt mit Blut- und Lymphgefäßen und haben diese Fingerform, weil die meisten Nährstoffe an einer glatten Oberfläche einfach vorbeischwimmen würden. Zwischen den Fingern jedoch setzen sich die mikroskopisch kleinen Nährstoffe ab und können über die dünnen Wände, die zum Teil nur mit einer Zellschicht bedeckt sind, direkt ins Blut übergehen.›


Mir hätte das Buch sogar gut gefallen, wenn diese vielen Informationen grafisch begleitet worden wären. Natürlich gibt es ein paar (leider wenige) Illustrationen, die aber eher dem Abenteuercharakter vermitteln. Information an Information, Seite für Seite ... Nur, wie viel bleibt am Ende hängen? Mir hätte das Kindersachbuch wesentlich besser gefallen, wenn hier großformatig gearbeitet worden wäre (denn das Kinderbuch hat Taschenbuchformat), der Text mit anschaulichen Grafiken und Fotos so wie Infokästen angereichert wäre. Selbst Lehrbücher sind mit anschaulichen Illustrationen ausgestattet. Will ich zurückblättern, mir später ein Kapitel in Erinnerung rufen, wird es schwer, ein Sachthema im Flißtext wiederzufinden, der die Überschriften gestalten sich in Abenteuerform: «Rappel bekommt einen Rappel», «Nano aktiviert den Laser», «Die große Monstershow» ... Ein gut gemeintes Buch, das aber in der Ausführung für mich rein pädagogisch gesehen mangelhaft ist. Noch ein Ärger zum Schluss: Als Nano wieder aus dem Körper zurück ist, erfahren wir am Ende: «Ob Nano wieder vergrößert werden kann, erfährst du in Band 3.» Die Enttäuschung am Ende fürs Kind! Ein Marketingtrick, um sich weitere Bände zu kaufen ... 


Ich hatte mehr erwartet, insbesondere, da ich den Tessloff Verlag mit seinen Wissensbüchern seit meiner eigenen Kindheit schätze, ebenso Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer. Der Tessloff Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 8 Jahren an, was vom Text her passt. Jedoch die Informationsflut von Sachinhalten wird die meisten Kinder in diesem Alter in dieser Aufmachung überfordern. 



Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer ist Arzt. Er hat aber auch schon viele Bücher geschrieben. Denn er erzählt gerne von all dem, was er über den Körper und die Heilung und Vorbeugung von Krankheiten weiß. Und wenn er mal mit Nano mitfahren könnte? Dann würde er bestimmt trotzdem ordentlich ins Staunen geraten.


Sabine Rothmund hat schon als Kind gerne gezeichnet. Eigentlich immer und überall. Am liebsten in Schulhefte. Später hat sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und Kommunikationsdesign studiert. Jetzt freut sie sich, den kleinen Medicus zeichnen zu dürfen. Und Kannickel. Weil er genauso lustig hüpft wie ihr eigener Hund.


Dietrich Grönemeyer 
Der kleine Medicus, Band 2: Achtung: Super-Säure!
Illustration von Sabine Rothmund 
Kindersachbuch, Kinderbuch, Körperwissen, Medizin, Kinder- und Jugendliteratur
Tessloff Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 8 Jahren




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Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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