Rezension
von Sabine Ibing
Tristan Mortalis
von Melissa C. Hill und Anja Stapor
Michael, den sie Tristan nennen, Alice, Claire, Bene und Damian sind die Stars der Theater-AG und dicke Freunde. Doch nach dem Schulabschluss trennen sich ihre Wege. Damian und Claire studieren, Bene gondelt als Animateur auf einem Kreuzfahrtschiff durch die Welt und Alice hat eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin begonnen. Nur von Tristan weiß niemand etwas Genaueres – er wollte herumreisen. Als im Moor an ihrem Heimatort eine Leiche gefunden wird, die das Tristan-Kostüm trägt, ahnen die vier, dass ihr Freund die heftige Abschlussparty nicht überlebt hat. Sie reisen zurück, weil ihr Gewissen sie dazu treibt. Was war mit Tristan passiert?
Ziemlich konstruiert
Eine Moorleiche wird nach fast einem Jahr erst entdeckt. Na gut, halbwegs vorstellbar, aber nicht, dass niemand der engsten Freunde sich wundert, dass keiner je etwas von Tristan hört. Doch das ist nicht das einzige Konstruierte an dieser Geschichte. Glaubhaft war dieser Jugendroman für mich nicht. Kann man lesen, aber die Story dümpelte für mich ziemlich konstruiert dahin. Ich will hier nicht in die Tiefe gehen, sonst müsste ich zu viel verraten. Man kann etwas mit ständigen Wiederholungen unendlich in die Länge ziehen, wie in diesem Fall Seiten machen. Vier dicke Freunde, die sich nach dem Abi auf die Welt verteilen und so gut wie keinen Kontakt mehr haben? Allein, die Frage, ob Tristan nun ermordet wurde, ein Unfall zugrunde liegt, zieht sich lange hin; völlig unrealistisch die geschilderte Polizeiarbeit. Hier hat jeder Dreck am Stecken, jeder ein schlechtes Gewissen; konstruiert – und die Auflösung gestaltete sich ebenso merkwürdig. Ein Krimi für Jugendliche – wirklich für Jugendliche. Wer nicht weiter nachdenkt, schlicht herunterliest, dem mag das stimmig erscheinen. Und welche Message wollten uns die Autorinnen mitgeben? Ich habe keine gefunden.
Eindeutig ein Jugendbuch
Auf zwei Zeitebenen, das Jetzt und Erinnerungen an das letzte Schuljahr wechseln ab. Immer wieder auf den gleichen Stellen herumreitend, rückt jeder mit seinem persönlichen Geheimnis heraus. Eine Lehrerin, die sich insgesamt merkwürdig unprofessionell verhält, ist das i-Tüpfelchen. Die Figurenzeichnung lässt ebenfalls zu wünschen übrig: nicht durchdacht, oberflächlich. Ich dachte beim Lesen: Irgendwas kommt da noch was … leider war alles vorhersehbar und der große Knall setzte nicht ein, keine interessante Wendung. Und weil alles so harmlos ist, auch in der Sprache, kann man den Roman ab 12 Jahren lesen, der Dressler Verlag empfiehlt ab 14 Jahren. In dem Alter mag er vielleicht sogar spannend sein. Ein Thriller ist es nicht, denn es fehlt der Thrill – das Jugendbuch ist ein typischer Krimi, ein Whodunnit, ein Mysterykrimi, bei dem junge Erwachsene ermitteln und herausfinden wollen, was mit ihrem Freund geschah.
Melissa Hill wurde 1990 in Gunzenhausen, Mittelfranken geboren. Schon kurz vor dem Abi veröffentlichte sie ihren ersten Jugendroman unter ihrem Mädchennamen Melissa C. Feurer. Während ihres Studiums in Würzburg (Grundschullehramt mit Hauptfach Germanistik) folgten weitere Veröffentlichungen und die Auszeichnung ihres Romanprojekts „Die Fischerkinder“ mit dem C. S. Lewis-Preis. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einem kleinen Ort in Mittelfranken und unterrichtet und schreibt abwechselnd.
Anja Stapor wurde 1991 in Gunzenhausen, Mittelfranken, geboren. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Würzburg und schrieb nebenbei den ersten Krimi unter ihrem Mädchennamen Anja Mäderer. Als aktives Mitglied bei den Mörderischen Schwestern, einem Verein deutschsprachiger Krimiautorinnen, besucht sie gerne kriminelle Fortbildungen. Aktuell schmiedet sie neue Mordpläne, während sie mit ihrem kleinen Sohn auf dem Friedhof spielt.
Tristan Mortalis
Jugendbuch, Jugendroman, Krimi, Jugendkrimi, Whodunnit, Mysterykrimi
Paperback, 368 Seiten
Dressler Verlag, 2023
Altersempfehlung: ab 14 Jahren – von mir ab 12 Jahren
Kinder- und Jugendbücher - 10 bis13 Jahre
Kinder- und Jugendliteratur
Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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