Direkt zum Hauptbereich

Scandor von Ursula Poznanski - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Scandor 


von Ursula Poznanski 


Die Lüge lässt deine schlimmsten Albträume wahr werden. Es ist eine Challenge der besonderen Art, auf die Philipp und Tessa sich einlassen: Hundert Menschen treten an, um einen einzigartigen, unfehlbaren Lügendetektor zu testen, der am Körper installiert wird: Scandor. Wer lügt, fliegt aus dem Rennen und muss sich seinen tiefsten Ängsten stellen. Die Person hingegen, die am Ende übrigbleibt, erhält ein Preisgeld von fünf Millionen Euro. Philipp und Tessa brauchen beide das Preisgeld – die anderen natürlich auch; und so fordern sich die Teilnehmer gegenseitig heraus. Doch irgendetwas stimmt hier nicht!


Wer lügt, fliegt raus!

‹Wenn ich so weitermache›, keuchte Sabine, ‹dann habe ich zu Weihnachten so eine tolle Figur wie du, nicht wahr?»
«‹Auf jeden Fall›, sagte Sporty verträumt und will es noch in der gleichen Sekunde zurücknehmen, aber da fühlt sie schon die Kälte an ihrem Arm.

Der neue Thriller von Ursula Poznanski beschäftigt sich mit Lügen. Wie oft lügt man am Tag? Ziemlich häufig, um nicht verletzend zu sein oder weil den anderen das alles nichts angeht oder um einen Vorteil zu erhalten. Wirklich die Wahrheit zu sagen, ist ziemlich anstrengend, insbesondere, wenn man wie Tessa, im Service eines Restaurants und im Callcenter arbeitet. Die Jobs bleiben nicht lange erhalten. Herumeiern oder umschreiben gilt nicht. Jede Frage muss beantwortet sein. Schon mal Ja-nein-schwarz-weiß gespielt, Worte, die man nicht benutzen darf? So ähnlich läuft es im Unterbewusstsein ab. Hallo, wie geht es dir? Hat schon mal jemand «Beschissen!», geantwortet? – Gut, und die so? Zack, ist die Lüge raus! Ohne nachzudenken. Damit die Spieler sich nicht schlicht zu Hause einigeln können, müssen Sie Aufgaben erledigen, mit anderen Menschen oder Spielgegnern kommunizieren; Letzteres wird als Wortgefecht einen von beiden hinauskatapultieren. Wird es warm auf dem Arm, eine Nachricht von Scandor geht ein, gibt die eine Aufgabe oder zeigt mit den Spitznamen der Spieler an, welche rausgeflogen sind. Es wird kalt auf dem Arm: Du bist raus!


Gesellschaftlich verinnerlichte Lügen gehen wie selbstverständlich über die Lippen

Philipp und Tessa sind die zwei Hauptprotagonist:innen, die am Spiel teilnehmen, sich zum Ende hin zusammenschließen, wie auch andere Teilnehmer Teams bilden. Beiden erscheint das ein oder andere komisch komisch in diesem Spiel, und Stück für Stück rollt sich auf, was wirklich dahintersteckt! Beide waren für das Spiel nicht auserwählt worden. Tessa hatte ihrem Onkel die Einladung geklaut und Philipp hatte sie von einer Kommilitonin erhalten, die meinte, keine Chance zu haben, den Preis zu gewinnen – er sei besser geeignet. Ein spannender Plot um das Lügen und um ein Geheimnis – immer wieder werden Situationen eingeschoben, bei denen sich einer der Teilnehmer:innen verbal hinauskatapultiert. Ich habe das Jugendbuch in einem Zug durchgelesen. Die Auflösung am Ende ist interessant, mit ihr ist nicht zu rechnen … Klasse Figuren, eine mitreißende Geschichte um das Thema Kommunikation. Kleinen Kindern bringt man bei: Du darfst nicht lügen! Das steht bereits in der Bibel: «Du sollst kein falsches Zeugnis von dir geben wider deinen Nächsten.» Doch wenn wir älter werden, erleben wir, um uns herum lügen alle, was das Zeug hält. Denken wir nur an den Weihnachtsmann oder Osterhasen. Es gibt dazu Zahlen, wie z. B. 200 Mal am Tag. Was irrelevant ist – denn um zu lügen, muss ich ja erst mal kommunizieren. Lügen ist eine Strategie, sich einen Überlebensvorteil zu verschaffen, sich in eine Gruppe zu integrieren. Manche lügen aus Not, andere aus Höflichkeit, wieder andere aufgrund des Konformitätsdrucks innerhalb von Gruppen – oder um zu betrügen. Ein Kind lernt langsam, was eine erlaubte, gesellschaftlich vielleicht sogar erwartete Lüge ist und was verboten ist – strafrechtlich relevant, ob vor dem Gesetz oder dem Gesetz der Familie. Gesellschaftlich verinnerlichte Lügen gehen wie selbstverständlich über die Lippen – in diesem Buch gut verdeutlicht. Der Loewe Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 14 Jahren. Passt für mich. Empfehlung!


Ursula Poznanski ist eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Jugendbuchautorinnen. Ihr Debüt Erebos, erschienen 2010, erhielt zahlreiche Auszeichnungen (u. a. den Deutschen Jugendliteraturpreis) und machte die Autorin international bekannt. Inzwischen schreibt sie auch Thriller für Erwachsene, die genauso regelmäßig auf den Bestsellerlisten zu finden sind wie ihre Jugendbücher. Sie lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien.



Ursula Poznanski 
Scandor
Jugendroman, Jugendbuch, Zukunftstechnik, Lügen, Kommunikation
Broschiert, 448 Seiten
Loewe Verlag, 2024
Altersempfehlung: ab 14 Jahren





Oracle von Ursula Poznanski

Als Kind hat Julian merkwürdige Wahrnehmungen, Menschen, deren Körperteile mit Farben und Symbolen verdeckt sind, die ihm Angst machen. Fehlschaltungen im Gehirn, sagt seine Therapeutin, bedeutungslose Trugbilder. Nun, als Studienanfänger, entscheidet er sich dafür, die Medikamente abzusetzen. Er hat sich heute im Griff, meint, damit umgehen zu können. Doch kaum im Wohnheim angekommen, nimmt er an Personen Farben wahr, bei denen er Gefahr spürt … Das kann nicht sein! 

Weiter zur Rezension:   Oracle von Ursula Poznanski



black stories von Ursula Poznanski

Think out of the box! Ohne diese Devise zu beherzigen, wird man die Rätsel nicht lösen können. 50 knifflige Aussagen, die hin und wieder mit dem Tod eines oder mehrerer Beteiligten endet. Wie kam das zustande? Was ist hier passiert? «Eriks Geburtstagsgeschenk verdarb 3.867 Menschen den Tag.» Hatte Eric so viele Leute eingeladen und eine verdorbene Geburtstagstorte serviert? Think out of the box ... Am meisten Spaß macht das Spiel, wenn viele Leute mitmachen, diverse Ideen einbringen. Der Spielleiter, der reihum von Karte zu Karte wechselt, liest die Aussage vor. Und nun wird gerätselt, was das Zeug hält. Was könnte passiert sein? 

Weiter zur Rezension:  black stories von Ursula Poznanski





Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor.

Rezension - Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

  Rezepte, die du lieben wirst Der Israeli Yotam Ottolenghi hat zusammen mit seinem dreiköpfigen Küchenteam das nächste Kochbuch entwickelt. Das Team widmet sich dem Comfort Food und liefert inspirierende Gerichte, die nach Zuhause und Geborgenheit schmecken. Aber auch nach Kindheitserinnerungen und Reiseeindrücken. Comfort Food bedeutet für jeden etwas anderes, auf jeden Fall etwas wie Geborgenheit und Wohlfühlgefühl: ein Gefühl von Nostalgie, aber auch Vertrautheit. So sind über 100 Rezepte entstanden, von der Bolognese (mit asiatischen Gewürzen) bis zu Eier-Gerichten, von der One-Pot-Pasta bis zum Apfelkuchen. Rezepte, die zugleich originell aber auch vertraut und bewährt sind. Und immer mit dem gewissen Ottolenghi-Twist. Weiter zur Rezension:    Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Die weiße Wölfin von Vanessa Walder und Simona M. Ceccarelli

  Das geheime Leben der Tiere (Wald, 1) Ein heftiger Sturm tost durch das Flusstal, als fünf Wolfswelpen geboren werden. Die Jüngste ist eine winzige Wölfin. Ausgerechnet sie hat enormen Mut und nimmt sich vor, die allergrößte Jägerin zu werden. Eine Leitwölfin obendrein! Sie erhält vom Rudel den Naman «Fünf». Ein Rabenschwarm begleitet stetig das Rudel, denn sie weisen den Weg zur Beute, eine Teamarbeit. Der Rabe Raak ist der beste Freund von Fünf. Eine spannende, realitätsbezogene Tiergeschichte zum Leben der Wölfe! Empfehlung für Leseanfänger ab 8 Jahren! Weiter zur Rezension:    Die weiße Wölfin von Vanessa Walder und Simona M. Ceccarelli

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Eisbären von Marie Luise Kaschnitz illustriert von Karen Minden

Marie Luise Kaschnitz war in meiner Jugendzeit meine Lieblingsautorin und so war für mich dies von Karen Minden illustriere Buch ein Genuss, Bleistiftzeichnungen, die sich wunderschön mit der Kurzgeschichte verbinden. »Eisbären«, die Novelle ist Kaschnitz-Fans geläufig: Eine Frau hatte schon geschlafen, wacht auf vom Geräusch des Türschlosses. Endlich kommt ihr Mann nach Hause. Doch er macht kein Licht. Ein Einbrecher? Seine Stimme bittet sie, das Licht nicht auszulassen. Sie soll die Wahrheit erzählen – damals im Zoo – auf wen habe sie gewartet? Weiter zur Rezension:    Eisbären – Novelle von Marie Luise Kaschnitz, illustriert von Karen Minden

Rezension - Simply Jamie von Jamie Oliver

  Jeden Tag was Gutes In fünf Kapiteln werden tägliche schnelle Gerichte, ebenso Wochenend-Wunder, bewährte Ofenrezepte bis hin zu leckeren Nachspeisen von Jamie Oliver vorgestellt. Simply Jamie ist dazu da, die Lust am Kochen zu wecken. Das Buch steckt voller köstlicher, unkomplizierter Ideen, die schnell angerichtet sind. Und der Clou: Es gibt Grundzutaten wie Soßen oder ein pochiertes Huhn usw., aus denen sich wiederum eine Menge verschiedene Varianten herstellen lassen. Weiter zur Rezension:     Simply Jamie von Jamie Oliver

Rezension - Caspar Plautz - Rezepte mit Kartoffeln von Kay Uwe Hoppe, Dominik Kli – und Theo Lindinger

  Der Marktstand Caspar Plautz auf dem Viktualienmarkt in München ist wegen seiner Kartoffelvielfalt beliebt. Dazu gehört ein kleiner, aber feiner Imbiss, der mittags im Mittelpunkt seiner Gerichte die Kartoffel würdigt. Die Kartoffel erobert im Caspar Plautz die Welt. Der Erdapfel ist wendig, anpassungsfähig, geschmacklich variabel. Das ist ein wirklich exzellentes Kochbuch, das zeigt, wie die moderne Küche sich Ideen aus aller Herren Länder greift, sie neu kombiniert – wunderbar harmoniert. Von traditionell zu Weltküche – vegetarisch zu Fisch und Fleisch – hier findet jeder seine Lieblingskartoffelgerichte. Weiter zur Rezension:    Caspar Plautz - Rezepte mit Kartoffeln von Kay Uwe Hoppe, Dominik Kli – und Theo Lindinger Theo Lindinger

Rezension - Indians! von Tibure Oger

  Der dunkle Schatten des weißen Mannes  1922, irgendwo in Amerika. White Wolf, ein ehemaliger Häuptling der Chippewa, sitzt als Zirkusattraktion vor Publikum und erzählt aus seinen Erinnerungen. Es sind Geschichten aus einem langen Leben, das bald sein Ende finden wird. Geschichten aus 400 Jahren Kolonialismus, von einseitigen Kriegen und zweischneidigen Verträgen, von Heldenmut und von Habgier. Geschichten vom wackeren Kampf der First Nations gegen den Mord an ihrem Volk und von ihrer scheinbar unausweichlichen Niederlage. Tiburce Oger hat für «Indians!» sechzehn herausragende Künstlerinnen und Künstler der Neunten Kunst versammelt, um eine Chronik der Eroberung des Westens zwischen 1540 und 1889 zu erschaffen: Die bittere Kehrseite des amerikanischen Traums, die Auslöschung von Kulturen der indigenen Völker. Sehr guter Comic, der in kleinen Graphic Novels aus der Sicht der Ureinwohner die Geschichte ins rechte Licht rückt. Weiter zur Rezension:    Indians! von Tibure Oger

Rezension - Feuerwanzen lügen nicht von Stefanie Höfler

  Mischa und Nits sind beste Freunde. Mischa liebt die Poems von Nits. Und der bewundert Mischa, weil er schlau ist und ein wandelndes Lexikon über Tiere zu sein scheint. Lügen geht gar nicht, so Nits Überzeugung. Darum fragt er sich, warum Mischa dem Lehrer weismachen will, er hätte eine Chlorallergie, als der Schwimmunterricht beginnt – Nits erzählt er, die Badehose sei von Mäusen angefressen worden. Überhaupt scheint Mischa in Schwierigkeiten zu stecken – doch wohl eher sein Vater ... Nits betritt in dieser Familie plötzlich eine völlig andere Welt – die der Armut. Aber das ist ein Unterthema – Mischas Vater ist untergetaucht; Mischa und Nits werden ihn nicht im Stich lassen – aber das könnte gefährlich werden ... Spannung, Humor und ein wenig Tragik machen das Buch zu einem Leseerlebnis. Meine Empfehlung ab 11 Jahren für diesen exzellenten Kinderroman.  Weiter zur Rezension:    Feuerwanzen lügen nicht von Stefanie Höfler