Rezension
von Sabine Ibing
Aggie und der Geist von Matthew Forsythe
Aggie freut sich darauf, endlich in ihr eigenes Haus einzuziehen – bis sie feststellt, dass dort bereits ein Geist wohnt. Das Zusammenleben läuft mehr schlecht als recht; nirgendwo hat sie ihre Ruhe. Wohnt man zusammen, so muss man auch Rücksicht nehmen! Also stellt Aggie Regeln auf, die der Geist befolgen will: Kein Spuken nach Sonnenuntergang. Kein Stehlen von Socken. Käse aufessen verboten. Doch der Geist hält sich leider nicht gerne an Regeln, bricht sie alle. Aggie fordert ihn völlig entnervt zu einem Wettkampf in Tic-Tac-Toe heraus – wer gewinnt, bekommt das Haus. Ein herrliches Bilderbuch, das mit viel Humor geschrieben ist und eine Menge Diskussionen zum Zusammenleben bietet.
Da sitzt Aggie, die versucht, im Bett zu lesen, während ihre Bücher, Stifte und Teetasse über ihr hinwegfliegen – ein schönes Bild. Klar, das sie das Spuken in der Dunkelheit verbieten möchte. Darf man lesende Menschen stören? Eine Regel lautet, «Keine Socken klauen», daneben die Illustration von unserem Geist, der der sich mit mehreren Socken von Aggie davonmacht – oder ihren Käse frisst. Darf man von anderen etwas wegnehmen? Wie fühlt der sich, wenn er seine Sachen sucht? Auf der einen Seite ist Aggie ohne den Geist nie allein, fühlt sich gestört, er nervt. Dann, als der Geist wirklich auszieht, beginnt sie zu spüren, dass ihr etwas fehlt. Er fehlt, mit all seinen Fehlern. Wirklich?
Auch in einer Freundschaft muss man manchmal Grenzen setzen – oder Kompromisse finden. Das Gleiche gilt für das Zusammenleben. Eine Geschichte, die mit viel Emotion erzählt wird und die Lesenden sich fragen, wie es denn ausgehen mag. Aber auch das Ende ist humorvoll gesetzt. Sagen wir so: «Obwohl es schön wäre zu sagen, dass sie die besten Freunde wurden – wurden sie nicht.» Darunter eine Illustration: ein kleiner Käserest. Ein Bilderbuch, das viel Sprengstoff zum Diskutieren bietet, denn das Aushalten von anderen, das Zusammenleben, zusammen in verschiedenen Gruppen zu sein, bedeutet Rücksicht, Respekt, Kompromiss – und die Grenzen zieht jeder etwas anders. Wann ist es an der Zeit, Grenzen zu setzen – und wie stellt man das an. Thematisch ein klasse Kinderbuch, da es das alles mit viel Humor beleuchtet. Hier wird mit stimmungsvoll mit zarten Naturfarben in Aquarell und Aquarellkreiden gearbeitet, mit viel Handarbeit; vielleicht ein bisschen am PC aufgearbeitet. Ein wenig Grusel, ein wenig Herbststimmung – das Buch passt in die Jahreszeit. Es ist eine großartige Geschichte für Kinder und alle Erwachsenen werden es auch lieben – den Humor, den das Bilderbuch begleitet. Das ist ganz großes Bilderbuchkino! Der Rotopol Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 4 Jahren. Passt – eben auch Allage … Empfehlung!
Matthew Forsythe ist ein preisgekrönter Autor, Comiczeichner und Illustrator. Seine Illustrationen finden sich in Werken namhafter Autor*innen, darunter Kirsten Hall und Lemony Snicket, und wurden in zahlreichen Publikationen veröffentlicht, beispielsweise in der New York Times und im Wall Street Journal. Sein erster Comic «Ojingogo» (2008, Drawn & Quarterly) wurde für einen Eisner Award nominiert und mit dem Doug Wight Award als bester experimenteller Comic ausgezeichnet. Der ehemalige Hauptdesigner der Zeichentrickserie «Adventure Time» (Cartoon Network) und Designer des Oscar-nominierten Stop-Motion-Weihnachtsfilms “Rote Robin” (Netflix) lebt heute in Montreal, Kanada.

Aggie und der Geist
Originaltitel: Aggie and the Ghost
Aus dem Amerikanischen Englisch übersetzt von Rita Fürstenau
Kinderbuch, Bilderbuch, Zusammenleben, amerikanische Literatur, Kinder- und Jugendliteratur
Hardcover, 68 Seiten, 22.3 x 28.9 cm
Rotopol Verlag, 2025
Altersempfehlung: ab 4 Jahren
Kinder- und Jugendliteratur

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