Direkt zum Hauptbereich

Die Krume Brot von Lukas Bärfuss - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Die Krume Brot 


von Lukas Bärfuss


Der Anfang: 

Niemand weiß, wo Adelinas Unglück seinen Anfang nahm, aber vielleicht begann es lange vor ihrer Geburt, fünfundvierzig Jahre vorher, um genau zu sein, an der Universität in Graz. Dort hatte ihr Großvater, ein Mann namens Angelo Mazzerini, während seines Studiums der Rechtswissenschaften die verbotenen Schriften von Cesare Battisti gelesen, und von da an verehrte er die Karstlandschaft Istriens als heiligen Boden, hasste er das Imperium, den österreichischen Kaiser und seine Henker. Für den Studenten aus Triest fand jede Frage ihre Antwort in der Geschichte, und mit Barzini sah er seine Heimatstadt als Bollwerk der römischen Zivilisation. Ohne den Abwehrkampf an der Adria hätten die Slawen längst das Abendland überrannt. Die Habsburger, deren Untertan er war, stützten diese Horden mit ihrem Geld, ihren Waffen und ihren Gerichten. Italiener wie er, Abkömmlinge eines Weltreichs, hatten im Himmel einen Verbündeten, auf Erden standen sie seit fünfzehnhundert Jahren alleine im Kampf gegen die Vernichtung.


Man könnte den Roman mit einem Satz zusammenfassen: Das unglückliche Leben der Adelina und die Sprachlosigkeit der Väter. Die Tochter italienischer Einwanderer arbeitet in einer Zürcher Fabrik, als sie Toto kennenlernt, der sie schwanger sitzen lässt. Sie kämpft ums Überleben und arbeitet hart, hat viele Jobs, alles unterbezahlt – es reicht gerade dazu, nicht verhungern zu müssen. Als sie ihre Stelle und die Wohnung verliert, lernt sie Emil kennen, einen erfolgreichen Grafiker, der ihre Schulden bezahlt und Adelina mit der kleinen Emma bei sich aufnimmt. Es ist ein Abkommen – denn Liebe verspürt Adelina für Emil nicht. Er kauft ein Anwesen in den Bergen des Piemont, einen Rückzugsort, um neu anzufangen, was Adelina so gar nicht gefällt. Doch mit diesem heruntergekommenen Haus wird das Leben von Adelina noch einmal völlig durcheinandergeraten.


Die Sprachlosigkeit der Väter


Sie verstehe die Sorgen der Eltern, aber man dürfe einen Menschen nicht nach seinen Schwächen beurteilen, es seien die Stärken, die man fördern müsse, und sie wolle keine Prognose wagen, aber in der Kleinen schlummere eine Künstlerin, die der Entfaltung harre.


Ein Roman über die Zeit im Zürich der 1960er- und 1970er-Jahre, wobei Lukas Bärfuss zu Beginn des Romans geschichtlich zurückschreitet zu den Großeltern und Eltern Adelinas. Der Großvater verehrt den italienischen Nationalisten Cesare Battisti, beginnt durch ihn alles Slawische zu hassen und zieht mit Stolz in den Krieg. Später ist er ein Anhänger Mussolinis, schickt den vermeintlich schwachen Sohn Mario in den Krieg, hofft, dass er sterben wird. Später bereut er alles, auch seine Einstellung zu den Faschisten. Er schämt sich, kann seine Fehler vor dem Sohn nicht eingestehen, und zieht sich zurück. Mario, Ingenieur der Landvermessung, lässt sich mit seiner Frau in die Schweiz locken, wo man überall nach Arbeitskräften sucht. Doch der Mann, der ihn vermitteln wollte, lässt ihn hängen, und das Arbeitsamt hat für Mario nur Aushilfsjobs als Arbeiter. Er ist eben einer dieser Italiener. Dann wird er arbeitslos, fängt an zu schreiben, zu recherchieren in historischen Dingen, kann sich damit über Wasser halten. Die kleine Adelina zeigt sich als intelligent, aber mit dem Lesen und Schreiben bekommt sie es nicht auf die Reihe. Der Vater ist grantig – schreiben, das muss man lernen! Eine Grundschullehrerin versteht Adelina, ermahnt die Eltern, sie nach ihren Stärken zu beurteilen. Doch die geht bald in Rente. Der Vater zieht sich enttäuscht vom Leben weiter ins Innere zurück, zu seinen geliebten Büchern. «Die Blödheit seiner Tochter war dabei die schlimmste Strafe. … Ein Mensch ohne Buchstaben konnte nicht denken … er nahm es persönlich, er glaubte, seine Tochter wolle ihn bestrafen.» Er verstirbt verbittert mit mehr als 9000 Franken Schulden. Die Mutter lässt die junge Adelina mit den Verbindlichkeiten hängen, haut mit ihrem Liebhaber nach Italien ab.


Keine Chance aus dem Dilemma herauszukommen


Die Monate gingen dahin, der Sommer wich dem Herbst, und als die Tage kürzer, aber noch warm waren, mittags das Licht brüchig und golden wurde, als die Morgenluft das Gesicht kühlte und ihr die Ahnung und die Hoffnung auf ein anderes Leben ins Herz legte, da unterlief Adelina ein Fehler, für den sie ihr Leben lang bezahlen sollte.


Adelina muss die Schuld abbezahlen. Und darum muss sie nun die Ausbildung zur Flickschusterin abbrechen. In der Suppenfabrik kann sie Geld verdienen. Es reicht gerade so zum Überleben. Doch dann wird sie schwanger. Die Krume Brot – wo soll sie herkommen? Als Analphabetin und Italienerin (auch wenn sie in Zürich geboren wurde) hat sie kaum die Chance, einen halbwegs gut bezahlten Job zu erhalten. Herkunft und Bildung zählen in unserer Gesellschaft – ein kapitalistisches System, das den Einstieg und den Aufstieg nach oben permanent verhindert. Wenn beides bereits mit einem roten Stempel im Lebenslauf versehen ist, wird es schwierig. Und wenn zusätzlich eine falsche Entscheidung zu einem weiteren «Makel» führt, dann ist alles vorbei. Aber was sind falsche Entscheidungen? Adelina wird im Verlauf noch ein paar Mal ins Fettnäpfchen treten. Genau das macht den Roman so spannend.


Der Migrant steht ganz unten auf der Leiter


Die Akquisitionsgespräche ödeten ihn an, dieser ganze Affentanz, den er um die Kleingewerbler zu vollführen hatte, die Spießbürger, die nur in Franken und Rappen dachten, ausschließlich, ein Volk von Sparfüchsen und Rabattjägern …


Schauen wir zurück in die Schweizer Geschichte und vergleichen wir mit dem Jetzt. In den 50-ern und 60-ern benötigte die Schweiz viele Arbeitskräfte, die sie selbst nicht hatte – besonders in den Fabriken und einfachen Arbeiten. So kamen die Italiener zu Hauff ins Land. Die Nationalisten schrien auf! 1963 wurde von Albert Stocker in Zürich eine «Anti-Italiener-Partei», die Schweizerische überparteiliche Bewegung zur Verstärkung der Volksrechte und der direkten Demokratie, gegründet. 1970 folgte die Schwarzenbach-Initiative, ein Gesetz, dass die Schweiz vor «Überfremdung» schützen sollte, indem der Anteil ausländischer Bevölkerung in jedem einzelnen Kanton die 10-%-Hürde nicht hätte überschreiten dürfen. Das wurde vom Volk mit 54 Prozent Nein abgelehnt. Und heute haben wir die SVP, die unermüdlich mit Initiativen zu verhindern sucht, dass Arbeitskräfte ins Land kommen. Arbeitskräfte, die gebraucht werden. Da hat sich nichts geändert. Das Schicksal von Adelinas Familie steht als Beispiel für die Migration. Der Migrant steht ganz unten auf der Leiter der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze – besonders die Frauen; noch schlimmer, soweit sie alleinerziehend sind. Armut kann ein Leben ruinieren. Was macht das mit einem Menschen? Was macht das mit ihm, wenn er in Not gerät? Aber der Autor will es uns Lesenden nicht einfach machen. Die Herkunft allein verantwortlich zu machen für das Leben, das wäre zu billig. Adelina wird an manchen Kreuzungen des Lebens Entscheidungen treffen müssen. Welche trifft sie rational – und welche, wenn eine Verlockung die Wege kreuzt? An welcher Stelle ist sie falsch abgebogen? Wo trifft uns selbst die «Schuld» in unserem Leben – und hätte man ahnen können, was darauf folgt?


Ein feiner Auftakt zu einer Trilogie


Unglücke geschahen keine, das Leben war das Unglück, es floss dahin und kannte nur eine Richtung, hin zur allmählichen Zermürbung.


Bereits der erste Satz des Romans leitet das Drama ein. Sprachlich nuanciert und mit absoluter Empathie für seine Figuren schildert Lukas Bärfuss die Geschichte von Adelina, die ihrer Familie. Hier ist kein Satz zu viel. Die Erzählung beginnt geruhsam mit der Familiengeschichte, nimmt immer mehr Tempo auf und reitet zum Ende im Galopp, so dass der Lesende berauscht das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag. Ich verrate nicht mehr als der Klappentext, nur so viel noch: Adelina wird mit Italiens Linksextremisten in Kontakt kommen. Es ist der Auftakt zu einer Trilogie – und ich bin gespannt, wie diese Geschichte weitergeht!


Lukas Bärfuss, geb. 1971 in Thun, ist Dramatiker, Romancier und streitbarer Publizist. Seine Stücke werden weltweit gespielt, die Romane sind in zwanzig Sprachen übersetzt. Lukas Bärfuss ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und lebt in Zürich. Für seine Werke wurde er u. a. mit dem Berliner Literaturpreis, dem Schweizer Buchpreis und dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.


Lukas Bärfuss
Die Krume Brot
Zeitgenössische Literatur, Schweizer Literatur, Migration
Hardcover mit Schutzumschlag, 224 Seiten, 
Rowohlt 2023





Zum Thema:

Die Optimistinnen von Gün Tank

Wenn wir von den sogenannten Gastarbeitern reden, sprechen wir in der Regel über Männer. In den meisten Köpfen ist nicht bewusst, dass fast genauso viele Frauen nach Deutschland kamen, um am Fließband zu stehen. Dieser Roman richtet eine neue Perspektive auf die Geschichte der Migration – die Sicht der Frauen. Die 22-jährige Nour kommt in den siebziger Jahren aus Istanbul in die Oberpfalz, um zu arbeiten. Sie ist jung, motiviert und optimistisch. Doch die Arbeit in der Porzellanfabrik ist schwer, sie ist ständig Dämpfen ausgesetzt, und im Wohnheim müssen sie sich zu viert 10 Quadratmeter teilen, Kochmöglichkeit ist kaum vorhanden. Diese Frauen haben für bessere Arbeits- und Wohnbedingungen gekämpft, für gleichberechtigten Lohn – für die Abschaffung der Leichtlohngruppe II. Empfehlung!

Weiter zur Rezension:   Die Optimistinnen von Gün Tank


Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

Eine türkische Familiengeschichte, die mit der Urgroßmutter und der Großmutter einleitend beginnt. Die nächste Generation wandert nach Deutschland aus – das gelobte Land, wo Milch und Honig fließt. Der Traum, den viele «Gastarbeiter» träumten: Arbeiten, viel Geld verdienen, nach Hause zurückkehren und ein Haus bauen. Und dann wurden aus den Gästen Einwohner. In Deutschland die Türken – in der Türkei die Deutschen – entwurzelt, nirgendwo wirklich zu Hause. Eine Familie, die sich bemüht hat, sich zu integrieren. Ein Zwiegespräch zwischen Sohn und Mutter – zwei völlig verschiedene Generationen, aber auch eine Abrechnung mit der deutschen Gesellschaft und eine mit dem Heimatland und dem Machismo, mit der Erniedrigung der Frauen. Ein hervorragender Gesellschaftsroman, ein Bildungsroman über Migration, Rassismus und Misogynie – meine Empfehlung!

Weiter zur Rezension:   Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter


Dschinns von Fatma Aydemir

Vor dreißig Jahren kam Hüseyin nach Deutschland. Er hat hart gearbeitet, und nun in Rente erfüllt er sich seinen Traum: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Seine älteste Tochter, Sevda, soll kommen, er will sie um Verzeihung bitten. Sorgsam hat er alles eingerichtet, nun kann Emine anreisen, sie werden ihre Kinder und Enkel einladen – doch im letzten Augenblick erleidet Hüseyin einen Herzinfarkt. Zur Beerdigung reist seine Familie aus Deutschland an. Ein Gesellschaftsroman, Bildungsroman, Familienroman – eine Einwanderungsgeschichte, Migration, ein Roman, der berührt! Sechs Personen, eine Familie, aber sechs verschiedene Geschichten, obwohl alles mit allem zusammenhängt. Empfehlung!

Weiter zur Rezension:   Dschinns von Fatma Aydemir


Zeitgenössische Literatur

Hier verbirgt sich manche Perle der Literatur. Ich lese auch mal einen Bestseller, natürlich, aber mein Blick ruht  immer auf den kleinen Verlagen, auf den freien Verlagen. Sie trauen sich was - und diese Werke sind in der Regel besser als der Mainstream der meistgekauften Bücher …
Zeitgenössische Romane

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Zappenduster von Hubertus Becker

Wahres aus der Unterwelt Kurzgeschichten aus der Unterwelt: »Alle Autoren haben mehr als zehn Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbracht.« 13 Geschichten von 6 verschiedenen Autor*innen. Diverse Schreibstile, vermischte Themen, aber das Zentralthema ist Kriminalität. Knastgeschichten, Strafvollzug, die Erzählungen haben mir unterschiedlich gut gefallen – zwei davon haben mich beeindruckt, die von Sabine Theißen und Ingo Flam. Weiter zur Rezension:  Zappenduster von Hubertus Becker 

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Kein Bock mehr von Anna Lott und Andrea Ringli

  Eine witzige Geschichte über ein starkes Mädchen, das Verantwortung für ihre Umwelt übernimmt. Eines Tages kommt Juli aus dem Haus und der Baum ist weg. Wo mag er geblieben sein? Doch als Juli nach Hause kommt, liegt er in ihrem Bett: «Kein Bock mehr!» Den Baum hat es erwischt: Burnout. Kein Wunder, dass er so viel arbeiten muss, denn er ist der einzige Baum weit und breit. Aber wo soll die Amsel denn nun ihr Nest bauen? Und wo soll die Fledermaus schlafen? Kein Problem, meint Juli, der Baum brauchte sicher nur mal eine Pause. Und so lange kann sie ja für die Tiere da sein … Humorvolles Bilderbuch mit Tiefgang ab 3 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Kein Bock mehr von Anna Lott und Andrea Ringli 

Rezension - Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

  Aram Mattioli erzählt zum ersten Mal den langanhaltenden Widerstand der First Peoples in den USA - vom First Universal Races Congress (1911) über die Red Power-Ära und die Besetzung von Wounded Knee (1973) bis hin zu den Protesten gegen die Kolumbus-Feierlichkeiten (1992). Die American Indians waren dabei nie nur passive Opfer, sondern stellten sich dem übermächtigen Staat sowohl friedlich als auch militant entgegen.  Schwer verdaulich, wie die Native Americans noch im 20. Jahrhundert entrechtet und diskriminiert wurden. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

Rezension - Ist Oma noch zu retten? von Marie Hüttner

  Ein herrlich spaßiger, spannender Kinderkrimi! Mit Papa und seiner neuen Flamme in die Berge zum Wandern oder zu Oma Lore. Keine Frage! Bei der fetzigen Lore ist es immer lustig. Jetzt sitzt Pia aber seit über einer Stunde auf dem Bahnhof, ohne dass Oma sie abgeholt hat. Sehr seltsam. Omas Haus ist nicht weit entfernt; und so macht sich Pia mit ihrem Rollkoffer auf den Weg. Niemand öffnet die Tür! Durch ein offenes Fenster gelangt sie hinein. Doch Oma bleibt verschwunden. Die Detektivarbeit beginnt … Ein Pageturner, ein Kinderroman, eine waschechte Heldenreise, ein rasanter Abenteuerroman und nervenkitzelnder Kinderkrimi ab 8-10 Jahren. Unbedingt lesen!  Weiter zur Rezension:   Ist Oma noch zu retten? von Marie Hüttner

Rezension -MENSCH!: Eine Zeitreise durch unsere Evolution von Susan Schädlich, Michael Stang und Bea Davies

  Die Entstehungsgeschichte der Menschheit als spannende Comic-Sachgeschichte präsentiert – lehrreich und humorvoll verpackt! Woher kommen wir? Wer waren unsere Vorfahren? Und ab wann lernten sie, mit Werkzeugen umzugehen? Diese Graphic Novel nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch die Evolution der Menschen, indem wir ihnen sozusagen hautnah begegnen. Wissenschaft meets Comic, Historische Fiction – Sachkinderbuch ab 10 Jahren, über die Evolution der Menschen – klasse gemacht! Empfehlung auch als Unterrichtsmaterial! Weiter zur Rezension:    MENSCH!: Eine Zeitreise durch unsere Evolution von Susan Schädlich, Michael Stang und Bea Davies

Rezension - Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

  Eine fantasievolle poetische Gutenachtgeschichte, eine Bilderbuch-Reise über das, was in der Nacht geschieht. Eine Tochter fragt den Papa: «Was ich dich schon immer mal fragen wollte ..... Was passiert eigentlich, wenn ich schlafe?» Und der Papa beginnt zu erzählen. Es beginnt um neun Uhr. Stunde um Stunde verändert sich die Nacht und zeigt uns ihr wahres, ihr traumgleiches Antlitz: Statuen spielen verstecken, Telefone rufen sich gegenseitig an, der Wal im Schwimmbad traut sich an die Wasseroberfläche, die Laternen trinken aus Pfützen… Ist das möglich, was Papa erzählt? Oder will er uns einen Bären aufbinden? Eine wunderschöne Gutenachtgeschichte ab 4 Jahren, die zu herrlichen Träumen einlädt. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

Rezension - In allen Spiegeln ist sie Schwarz von Lolá Ákínmádé Åkerström

  Kemi, Brittany-Rae und Muna: drei Frauen leben in Schweden – drei völlig unterschiedliche Lebenswelten; eins haben sie gemeinsam: Sie sind schwarz und nicht in Schweden geboren. Ihre Ausgangssituationen können kaum unterschiedlicher sein. Trotzdem beginnen sich ihre Leben auf unerwartete Weise zu überschneiden – in Stockholm, einer als liberal geltenden Stadt. «In allen Spiegeln ist sie Schwarz» erzählt die schwierigen Themen Migration, Rassismus, Sexismus und Identität mit Leichtigkeit; obwohl nichts komplexer ist als dieser Themenbereich. Spannender zeitgenössischer Roman. Empfehlung!  Weiter zur Rezension:   In allen Spiegeln ist sie Schwarz von Lolá Ákínmádé Åkerström

Rezension - In der Ferne von Hernan Diaz

  Anfang der 1850er Jahre, Håkan Söderström lebt zu einer Zeit in Schweden, in der die Menschen täglich ums Überleben kämpfen. Auszuwandern ins gelobte Land Amerika scheint eine Chance. So schickt der Vater die ältesten Jungen los. Zusammen mit seinem großen Bruder Linus steigt Håkan auf das Schiff nach England. Von dort soll es nach Nujårk, New York, weitergehen, doch im Hafen von Portsmouth verlieren sich die Brüder. Håkan fragt sich durch: Amerika! Doch der Bruder erscheint nicht auf dem Schiff – denn Håkan sitzt auf dem nach Buenos Aires. Das kapiert er zu spät, steigt in San Francisco aus. New York ist sein Ziel. Fest entschlossen, den Bruder zu finden, macht er sich zu Fuß auf den Weg, entgegen dem Strom der Glückssucher und Banditen, die nach Westen drängen. Sprachlich ausgefeilt, eine spannender, berührender Anti-Western, ein Drama mit einem feinen Ende. Die Epoche der Besiedlung Amerikas, Kaliforniens, wird hautnah eingefangen. Empfehlung! Weiter zur Rezension:  In der Ferne v

Rezension - Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

  Eine türkische Familiengeschichte, die mit der Urgroßmutter und der Großmutter einleitend beginnt. Die nächste Generation wandert nach Deutschland aus – das gelobte Land, wo Milch und Honig fließt. Der Traum, den viele «Gastarbeiter» träumten: Arbeiten, viel Geld verdienen, nach Hause zurückkehren und ein Haus bauen. Und dann wurden aus den Gästen Einwohner. In Deutschland die Türken – in der Türkei die Deutschen – entwurzelt, nirgendwo wirklich zu Hause. Eine Familie, die sich bemüht hat, sich zu integrieren. Ein Zwiegespräch zwischen Sohn und Mutter – zwei völlig verschiedene Generationen, aber auch eine Abrechnung mit der deutschen Gesellschaft und eine mit dem Heimatland und dem Machismo, mit der Erniedrigung der Frauen. Ein hervorragender Gesellschaftsroman, ein Bildungsroman über Migration, Rassismus und Misogynie – meine Empfehlung! Weiter zur Rezension:     Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter