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Die Entführung von John Grisham - Rezension

Rezension

für Sabine Ibing





Die Entführung 


von John Grisham


Mit «Die Firma» begann eine große Liebe. Ich erinnere mich an einen Urlaub in Italien, acht Personen im Sprachkurs haben den Roman in zwei Wochen durchgesuchtet – 9, auch die Lehrerin. Gleich darauf erschien «Die Jury», das Erstlingswerk, in den USA ein Flop, für mich das Beste Buch von Grisham – auch der zweite Teil, der Jahre später erschien, knüpfte an den Protagonisten an, wieder ein sehr guter Justizthriller. Und nun wird Mitch McDeere wiederbelebt, den wir aus «Die Firma» kennen – ein Folgeroman. Eher nicht, denn ihn und seine Familie erkennen wir nicht wieder, sie wären austauschbar durch irgendwen. Gut, seit 1990 sind ein paar Jahre vergangen. In der Zwischenzeit habe ich sämtliche Romane von Grisham gelesen, bis auf einen alle als sehr gut befunden. Mitch ist nun Partner in der größten Anwaltskanzlei, Scully & Pershing, in Manhattan, die weltweit ihre Ableger führt. Fünfzehn Jahre ist es her, dass er gemeinsam mit dem FBI die verbrecherische Kanzlei, «die Firma», in der er arbeitete, hat hochgehen lassen. Doch nun holt ihn wieder ein Verbrechen ein: Als ihn sein sterbenskranker Mentor Luca in Rom bittet, einen Fall gegen Arafats Lybien zu übernehmen, gerät er in Tripolis in eine Falle.


Die Spannung ist plötzlich verloren

Nicht ganz, Mitch kann nicht mitfahren, um eine Baustelle zu besichtigen, da er im Krankenhaus gelandet ist, eine Lebensmittelvergiftung wird vermutet. Giovanna muss alleine fahren, begleitet von Security – doch der Wagen wird angegriffen, die Tochter von Luca samt ihrer Begleiter entführt. Die Kanzlei in Rom arbeitet für eine türkische Firma, die eine Brücke in Libyen gebaut hat, Gaddafi jedoch seine Rechnung nicht zahlen will. Bis hierhin ist der Thriller spannend (bis auf den Anfang), aber das ist das nur erste Viertel. Die Spannung fällt ab diesem Punkt in den Keller. Ich hatte auf ein gutes Showdown gehofft … es zieht am Ende ein wenig an und zum Schluss ist alles nur noch vorhersehbar und langweilig. All das, was Krimis und Thriller ausmacht, Spannung, Wendungen, das führen in eine falsche Richtung … Nichts! 


Weder Spannungsbogen noch Charaktere überzeugen

Eigentlich beginnt der Thriller bereits als lahme Duck: Mitch muss nach Memphis zurückkehren, um ein Pro-Bono der Kanzlei zu übernehmen. Er soll einen Todeskandidaten vertreten. Doch der verübt Suizid, als Mitch gerade angereist ist. Eins der wichtigsten Tipps für den Kriminalroman: Erwähne nichts, was nicht dazugehört oder später wieder aufgenommen wird. Ich persönlich würde den Anfang so streichen, denn er verweist auf etwas, was nicht eintreten wird. Ganz am Ende gibt es Verknüpfungen zu den Caimas und irgendwie hatte ich gehofft, dass hinter der ganzen Sache ein paar alte Feinde aus der Firma stecken. Auch das nicht. Es wird recherchiert – wer die Entführer wohl sein mögen – das wäre ein Aufhänger gewesen, eine Detektei, die etwas herausfindet. Es dauert auch bis zur Mitte des Buchs, bis endlich eine Lösegeldforderung eintrudelt: Sie beträgt 100 Millionen Dollar für Giovannas Freilassung. Dreiviertel des Romans beschäftigt sich mit Verhandlungen. Verschiedene Staaten werden kontaktiert, etwas dazuzugeben, die Führungsetage der Kanzlei Scully & Pershing, Privatleute, eine Versicherung. Werden sie das Geld zusammenbekommen? Mitch fliegt um die Welt und verhandelt und verhandelt. Er reist, besucht Restaurant und zu Hause kocht Abby, bzw. irgendwelche Köche, die ein Kochbuch planen, lassen sich in Abbys Küche aus, die Lektorin für Kochbücher ist, ein Wirtschaftsthriller im wahrsten Sinn des Wortes. Wiederholung um Wiederholung. Das Schöne an Thrillern ist ja, dass man nicht die Realität ablichtet, sondern Action hineinbringt, um Spannung zu erzeugen, Charaktere formt. Und genau das fehlt! John Grisham hat es zig Mal bewiesen: Er kann es! Erstmals konnte ein Grisham mich mit einem Justizthriller so gar nicht überzeugen, selbst die Charaktere sind oberflächlich, was so gar nicht seine Art ist. Jedem sei ein Ausrutscher gegönnt, ich werde ihn weiterhin lesen. 


Am 8. Februar 1955 wurde John Grisham in Jonesboro, Arkansas als eines von 5 Kindern geboren. Der Vater war Konstrukteur, weshalb die Familie öfter umziehen musste. Die Grishams lebten einige Zeit in Mississippi. John Grisham absolvierte das College, schloss sein Studium an der Mississippi State University 1981 erfolgreich ab und heiratete im selben Jahr Renee Jones. Während College- und Studienzeit war John ein begeisterter Baseballspieler
John Grisham 
Die Entführung 
Originaltitel: The Exchange: After The Firm 
Wirtschaftsthriller, Justizthriller, Thriller, Amerikanische Literatur
Aus dem amerikanischen Englisch von Bea Reiter, Imke Walsh-Araya 
Hardcover mit Schutzumschlag, 384 Seiten 
Heyne Verlag, 2024



Der Polizist von John Grisham

Jake Brigance, Held aus den Gerichtsthrillern «Die Jury» und «Die Erbin», ist zurück. Diesmal wird er vom ortsansässigen Richter als Pflichtverteidiger für einen Mordprozess in Clanton, Mississippi verdonnert. Sein jugendlicher Mandant, Drew Gamble, 16 Jahre alt, soll einen örtlichen Deputy umgebracht haben. Die Mehrheit der Bürger von Clanton fordert lautstark einen kurzen Prozess und die Todesstrafe. Für Jake Brigance bedeutet dieser Job nur Ärger, Volkszorn und ein Jammergehalt. Schon einmal hat man ihm während eines Mordprozesses sein Haus abgefackelt; und er hat keine Lust, wieder ins Visier der Bevölkerung zu geraten. Darum verspricht ihm der Richter, er soll den Jungen auch nur bis zur Anklage vertreten, er werde einen anderen Strafverteidiger suchen und Jake kann den Fall abgeben. Doch dann läuft die Sache aus dem Ruder und alles kommt völlig anders … Gesellschafts- und Justizkritik – wieder ein guter Justizthriller!

Weiter zur Rezension:   Der Polizist von John Grisham


Feinde von John Grisham

Biloxi, im tiefen Süden von Mississippi: Keith Rudy und Hugh Malco wachsen in den Sechzigerjahren gemeinsam auf. Beide sind die Enkel kroatischer Einwanderer und träumen von einer Karriere als Profi-Baseballer. Bis sie sich auf den verschiedenen Seiten des Gesetzes wiederfinden: Keith hat Jura studiert, tritt in die Stapfen seines Vaters, wird Staatsanwalt. Hugh dagegen arbeitet für seinen Vater, den Boss der Dixie-Mafia. Eine tödliche Feindschaft entsteht, die vor Gericht ein dramatisches Finale findet. Ich bin ein großer Fan von John Grisham, aber dieses Mal konnte er mich nicht überzeugen.

Weiter zur Rezension:   Feinde von John Grisham


Das Bekenntnis von John Grisham

Ford County, Mississippi: Pete Banning ist einer der angesehensten Bürger der Stadt. An diesem Novembermorgen fährt er in die Stadt, betritt das Büro der Methodistenkirche und tötet den Pfarrer mit drei gezielten Schüssen aus seinem Armeerevolver. Die Gemeinde ist bestürzt. Was hat ihn dazu getrieben? Ein Justizthriller, Familienroman, historischer Roman, ein guter Genremix. Der Mörder schweigt und wird zum Tode verurteilt. Es geht zurück in die Geschichte von Pete, zum Pazifikkrieg, während des Zweiten Weltkriegs, die Kapitulation der USA gegen die Japaner auf der Bataan-Halbinsel, um den berüchtigten Bataan-Todesmarsch, das Todescamp O’Donnell. Und es geht um das, was nach der Hinrichtung von Pete auf die Familie zukommt. Mir gefällt mir der Roman in seiner Komplexität – 592 Seiten bzw. 20 Std. und 33 Min. Hörvergnügen.


Weiter zur Rezension:   Das Bekenntnis von John Grisham



Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller





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