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Der Polizist von John Grisham - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Der Polizist 


von John Grisham

Gesprochen von: Charles Brauer
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 24 Std. und 36 Min.


Jake Brigance, Held aus den Bestsellern «Die Jury» und «Die Erbin», ist zurück. Diesmal wird er vom ortsansässigen Richter als Pflichtverteidiger für einen Mordprozess in Clanton, Mississippi verdonnert. Sein jugendlicher Mandant, Drew Gamble, 16 Jahre alt, soll einen örtlichen Deputy umgebracht haben. Die Mehrheit der Bürger von Clanton fordert lautstark einen kurzen Prozess und die Todesstrafe. Für Jake Brigance bedeutet dieser Job nur Ärger, Volkszorn und ein Jammergehalt. Schon einmal hat man ihm während eines Mordprozesses sein Haus abgefackelt; und er hat keine Lust, wieder ins Visier der Bevölkerung zu geraten. Darum verspricht ihm der Richter, er soll den Jungen auch nur bis zur Anklage vertreten, er werde einen anderen Strafverteidiger suchen und Jake kann den Fall abgeben. Doch dann läuft die Sache aus dem Ruder und alles kommt völlig anders …


Der Mann mit zwei Gesichtern

Drew Gamble wohnt mit seiner Schwester Kiera und seiner Mutter Josie bei Stuart Kofer. Die attraktive Mutter ist seit zwei Jahren mit ihm liiert. Letzterer gilt als der beste Deputy im County, der niemals krank war, seine Arbeit hervorragend macht. Allerdings ist auch bei der Polizei bekannt, dass er privat viel trinkt und seine Familie vermöbelt. Josie hatte bereits zweimal die Polizei gerufen, um körperliche Gewalt zu melden, um Hilfe gebeten. Die Verletzungen waren unübersehbar, doch die Kollegen schrieben nicht mal einen Einsatzbericht, weil Josie sich nicht traute Anzeige zu erstatten. An diesem Abend kommt Stuart wieder stockbesoffen in der Nacht nach Hause. Die Kinder verstecken sich in Drews Zimmer, verbarrikadieren sich, hören die Mutter schreien und dann ist es plötzlich still. Stewart poltert die Treppe herauf, ruft nach Kiera, rüttelt an der Tür. Danach ist es ganz still im Haus. Die Kinder schleichen aus dem Zimmer nach unten. Dort liegt ihre Mutter zusammengeschlagen auf dem Boden; sie ist nicht ansprechbar und rührt sich nicht. Sie ist tot, so meinen die Kinder. Drew ruft die Polizei und einen Krankenwagen, nimmt die Dienstpistole von Stewart und geht nach oben. Kiera hört Schüsse. Als die Polizei eintrifft, finden sie Stewart auf dem Bett liegend erschossen vor. Josie ist schwer verletzt, sie wird ins Krankenhaus gebracht und sofort operiert. Drew wird verhaftet, weil er den schlafenden Stewart erschossen hat. Einen Kollegen. 


War es ein Mord?


Wir sind hier im Bibelgürtel, da gilt Auge um Auge, Zahn um Zahn.


Der Roman handelt in den 90-er Jahren, eine Zeit vor Handy und Internet – ansonsten hätte der Plot so nicht funktioniert. Auf Polizistenmord steht in Mississippi die Todesstrafe, auch wenn er nicht im Dienst ist. Für den Staatsanwalt ist die Sache klar: Wer einen schlafenden sturzbetrunkenen Mann erschießt, kann nicht auf Notwehr plädieren. Das ist schlicht und einfach Mord. Jake Brigance wird natürlich den Fall nicht los! Kein Strafverteidiger will den Fall übernehmen. John Grisham zeigt auch in diesem Roman wieder, wie ungerecht die amerikanische Justiz aufgebaut ist. Jake hat eine Menge Ausgaben im Vorfeld für den Prozess, und er will Josie und ihre Familie nicht hängenlassen. Er beleiht sein Haus, um zurechtzukommen. 500 Dollar hat das Gesetz für die gesamte Pflichtverteidigung vorgesehen; und mehr wird der Verwaltungsrat der Stadt auch nicht herausrücken. Garantiert nicht in diesem Fall. Doch der Richter verspricht ihm mit einem Trick, doch zu seinem Geld zu kommen. Hauptsache der Junge hat einen Verteidiger für den Prozess. 


Wie wird Jake argumentieren? 

Ein Jugendlicher, insbesondere, wenn er in der körperlichen und geistigen Entwicklung weit zurück ist, gehört nicht ins Gefängnis, sondern in eine Jugendanstalt. Aber bei einer Mordanklage wird dies ausgehebelt. Egal wie alt der Angeklagte ist – er muss während der Untersuchungshaft in den ganz normalen Knast; auch nach einer Verurteilung. Drew fährt ein, ohne Betreuung, ohne Schulbesuch; und damit ihm nichts passiert, kommt er in Einzelhaft. Grisham beschreibt detailreich die Vorbereitung auf den Prozess und den Ablauf. Die Jury wird ausgesucht. Wie wird Jake argumentieren? War Drew unzurechnungsfähig? Oder war er im Recht, weil er seine Familie bedroht sah? Ein dickes Ass steckt im Ärmel von Jake – wird er das bis Prozessbeginn vor der Staatsanwaltschaft verbergen können? 


Ein selbstloser Strafverteidiger

Rednecks im bibelfesten Gürtel schreiben ihre eigenen Gesetze. Polizisten sind unantastbar! Einen Toten zu diskredetieren, der sich nicht wehren kann – kommt bei Teilen der Bevölkerung nicht gut an, aber die andere Hälfte kann es verstehen. Schlupflöcher scheint es immer im Gesetz zu geben, und die muss man finden … Dieser Justizthriller ist pure Gesellschaftskritik. Der Richter und der Staatsanwalt stehen unter Druck, denn Wahlen stehen bevor – auch das hat Einfluss auf ihr Handeln. Dieser Roman hilft zu verstehen, warum viele Amerikaner Trump weiterhin wählen, ein Denkmodell, das wir als Europäer schwer verstehen. Das Ende ist außergewöhnlich und hat mir besonders gut gefallen – typisch Grisham. Parallel dazu hat Jake einen Prozess gegen eine Eisenbahngesellschaft zu betreuen. Für mich hätte man den Teil ausklammern können, denn er lenkt ab und bringt den Mordfall nicht weiter. Die Figurenzeichnung beherrscht Grisham wie immer exzellent und ebenso das amerikanische Gesellschaftsporträt. Allerdings nehme ich ihm nicht ganz ab, dass irgendein Anwalt Haus und Hof für eine verarmte Familie verschuldet, die verspricht, die Schulden abzahlen zu wollen und auf das Versprechen eines Richters, der sein voriges Versprechen gerade verbrochen hat. Unterstützt er die Familie finanziell auf allen Ebenen? Dieser selbstlose Anwalt übertrifft mit allem, was er gibt und erträgt, Mutter Therasa auf allen Ebenen. Gibt es einen solchen Strafverteidiger? Nie im Leben – denn genau dieses Spezis glaubt rein gar nichts, von dem, was versprochen wird. Inhaltlich ein klasse Justizthriller mit leichten Längen und Wiederholungen und kleinen Abstrichen. Insgesamt eine Empfehlung! 


John Grisham ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Seine Romane sind ausnahmslos Bestseller. Zudem hat er ein Sachbuch, einen Erzählband und Jugendbücher veröffentlicht. Seine Werke werden in fünfundvierzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.



John Grisham
Der Polizist
Originaltitel: A Time For Mercy 
Gesprochen von: Charles Brauer
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 24 Std. und 36 Min.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Imke Walsh-Araya und Kristiana Dorn-Ruhl
Gerichtsthriller, Kriminalroman, Kriminalliteratur, Amerikanische Literatur, Justizthriller
Random House Audio, 2121, 672 Seiten
Heyne Verlag, 2121



Feinde von John Grisham

Biloxi, im tiefen Süden von Mississippi: Keith Rudy und Hugh Malco wachsen in den Sechzigerjahren gemeinsam auf. Beide sind die Enkel kroatischer Einwanderer und träumen von einer Karriere als Profi-Baseballer. Bis sie sich auf den verschiedenen Seiten des Gesetzes wiederfinden: Keith hat Jura studiert, tritt in die Stapfen seines Vaters, wird Staatsanwalt. Hugh dagegen arbeitet für seinen Vater, den Boss der Dixie-Mafia. Eine tödliche Feindschaft entsteht, die vor Gericht ein dramatisches Finale findet. Ich bin ein großer Fan von John Grisham, aber dieses Mal konnte er mich nicht überzeugen.

Weiter zur Rezension:   Feinde von John Grisham


Das Bekenntnis von John Grisham

Ford County, Mississippi: Pete Banning ist einer der angesehensten Bürger der Stadt. An diesem Novembermorgen fährt er in die Stadt, betritt das Büro der Methodistenkirche und tötet den Pfarrer mit drei gezielten Schüssen aus seinem Armeerevolver. Die Gemeinde ist bestürzt. Was hat ihn dazu getrieben? Ein Justizthriller, Familienroman, historischer Roman, ein guter Genremix. Der Mörder schweigt und wird zum Tode verurteilt. Es geht zurück in die Geschichte von Pete, zum Pazifikkrieg, während des Zweiten Weltkriegs, die Kapitulation der USA gegen die Japaner auf der Bataan-Halbinsel, um den berüchtigten Bataan-Todesmarsch, das Todescamp O’Donnell. Und es geht um das, was nach der Hinrichtung von Pete auf die Familie zukommt. Mir gefällt mir der Roman in seiner Komplexität – 592 Seiten bzw. 20 Std. und 33 Min. Hörvergnügen.


Weiter zur Rezension:   Das Bekenntnis von John Grisham



Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller


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