Direkt zum Hauptbereich

Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger 

Als Drainting bezeichnet Felix Scheinberger die intuitive Kombination von Malen und Zeichnen. Damit hebt er die jahrhundertealte heute vollkommen unnötige Trennung zwischen Flächen malen und Linien zeichnen auf und verbindet das Beste aus beiden Welten. Früher machten wir einen Unterschied zwischen Zeichnen und Malen und damit fingen die Schwierigkeiten an. Wo es nämlich gar keine Umrisslinien gibt, gilt es, diese abstrakt zu (er)finden. Das bedeutet, dass man mit den ersten Strichen alles erfassen muss: Proportion und Perspektive, Kontrast und Textur, das große Ganze und die Details. Weil das selten gelingt, ist Frust vorprogrammiert. Die intuitive Kombination aus Zeichnen (Drawing) und Malen (Painting) garantiert gute Ergebnisse und unendlichen Spaß!




Felix Scheinberger hebt die Trennung zwischen Malen und Zeichnen auf. Wobei er nicht der Erste Künstler dieser Kombination nicht. Schon lange wird im Aquarellmalen der Zeichenstift benutzt, um kleine Akzente zu setzen, einfache Linie einzubringen oder Schwarz-Weiß-Zeichnungen mit zartem Hintergrund zu kolorieren. Felix Scheinberger geht aber großflächig, farbig und bewusst vor. Flächen malen und Linien darauf zeichnen. In dieser Reihenfolge. Vom Ungefähren zum Genaueren. Vom Gesamteindruck zum Detail. Jeweils in der Technik, die sich am besten eignet. Ob Urban Sketching, Skizzenbuch, Comic oder Illustration Felix Scheinberger zeigt in kurzen Kapiteln Praxistipps, die gut umsetzbar sind.








Woher kam die Trennung? In der Renaissance wurde viel mit Fresken gearbeitet. Hierbei war Schnelligkeit gefragt, da auf feuchtem Putz gemalt wurde, der bald trocknete. Der Meister setzte mit Kohle oder Rötel die Skizze auf die Wand und seine Schüler brachten die Farbe hinein. Farbe war teuer, die Skizze musste detailliert und durchdacht sein. Auch wurden zu Ölbildern oft zunächst zeichnerische Skizzen angelegt. In der klassischen Zeichnung wird durch Linien, Größenverhältnisse (Perspektive), Schraffuren, Schatten, die Dreidimensionalität erreicht. Die Malerei orientiert sich an der Fläche: Fläche an Fläche. Um Formen zu erkennen, benötigen wir Abgrenzungen: Striche oder Flächen. Wir lernen: Die Höhlenmalereien orientierten sich zunächst an Flächen, Farbflecken, die im zweiten Schritt ihre Kontur erhielt. 




Die erste Übung befasst sich mit Fischen: Der Farbfleck zur Kontur und dann das Detail mit dem Zeichenstift. Versuche, Farbflecke fantasievoll zu betrachten und sie weiter zu etwas Realem entwickeln. Nun geht es vom Farbfleck zur Perspektive. Kontraste, Schraffuren, Schatten, Priorisieren durch Weglassen, die Kraft des Weißraums, Verdichtungen, das alles wird angesprochen. Perspektive wird hier in allen Aspekten gut erklärt. Das Collagieren – verschiedene einzelne Komponenten zu einem Ganzen im Bild zu verarbeiten – oder Wimmelbilder. Mit Farben arbeiten, aber richtig! Gezieltes Einsetzen, Führungsfarben, Farbharmonie, Nachtfarben. Weiter geht es mit Personen zeichnen; Motivauswahl, Gegensätze suchen, Klischees vermeiden, Bilder sprechen lassen, Fokussieren im Bild – und vieles mehr. Felix Scheinberger gibt eine Menge guter Tipps, einiges zum Nachdenken. Viele Beispiele unterfüttern das Geschriebene – schon allein dafür lohnt sich das Buch. Sein typischer Stil des Draintings macht einfach Spaß und animiert, es selbst auszuprobieren. Empfehlung! 




Felix Scheinberger wurde in Frankfurt am Main geboren. Schlagzeug war ihm wichtiger als Schule, statt Abi spielte er in Punkbands. Die Begabtenprüfung wurde seine Eintrittskarte an die FH für Gestaltung in Hamburg, wo er Illustration studierte und anschließend nahtlos in die Selbstständigkeit startete. In den letzten zehn Jahren hat er über 50 Bücher illustriert, regelmäßig für angesehene Zeitungen gearbeitet, Preise gesammelt, in Mainz, Hamburg und Jerusalem gelehrt und durch seine Lehrbüchern reihenweise Kreative den Zeichenstift und den Wasserfarbkasten wieder entdecken lassen. Felix Scheinberger war von 2010 -12 Stellvertretender Vorsitzender der IO - Illustratoren Organisation, des Berufsverbandes deutschsprachiger Illustratoren. Er lebt in Berlin und lehrt als Professor für Illustration an der FH Münster.



Felix Scheinberger 
Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden
Drainting, Malen, Zeichnen, Wasserfarben, Aquarell, Zeichenstift, Watercolor, Urban Sketching, Skizzenbuch, Comic, Illustration
Fadengehefteter Silber-Halbleinen-Band, mit Fancy-Linen-Lined Rücken in Leuchtorange und zweifarbiger Prägung, 160 Seiten mit vielen farbigen Abbildungen, 21 x 24 cm
Hermann Schmidt Verlag, 2018




Felix Scheinbergers geheimes Skizzenbuch 

Felix Scheinberger ist ein Aquarellkünstler aus Berlin, ein Urban Sketcher. Seine Themen sind Menschen, insbesondere Porträts und ebenso Stadtbilder, urbane Szenen. Bleistift, Tinte und Aquarell sind seine Handwerksmittel: Drainting. Seine Bilder sind schrill und schräg – ausdrucksstark. Mit diesem «geheimen Skizzenbuch» entführt er den Leser in eine Welt, in der Fotos verboten sind: Nächtliche Feste, Clubs, geheime Treffen, Subkulturen der BDSM - und Fetischszenen auf Technopartys im Herzen der Nacht.

Weiter zur Rezension:   Felix Scheinbergers geheimes Skizzenbuch 


Kreative, künstlerische Seite

Auf dieser Seite stelle ich euch Bücher vor, die im weitesten Sinn mit Kreativität zu tun haben. Kunst. Kochen und das Schreiben haben eine eigene Seite erhalten.
Kreative, künstlerische Seite


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Das Nest von Sophie Morton-Thomas

  Ein Küstenort in Großbritannien, wo das Marschland auf den Ozean trifft, wo Vögel die bessere Gesellschaft sind, lebt Fran eine ereignislose Routine. Sich um den Campingplatz kümmern, der mit Mobilheimen ausgestattet ist, ihren Sohn von der Schule abholen, Abendessen kochen. Mit Dom, ihrem Mann, läuft es nicht mehr so, ihre Schwester lebt mit ihrer Familie in einem Wagen, zahlt keine Miete, dem Schwager hatte sie den Entzug finanziert und jetzt trinkt er wieder, hat keine Arbeit. Freude findet Fran nur an den verschiedenen Vogelarten, die sie am Strand beobachten kann; sie hat auch ein Häuschen zur Beobachtung finanziert. Und nun entdeckt sie ein Nest mit einer seltenen Vogelart, hofft, dass die Jungen ausschlüpfen werden. Und verschwindet die Lehrerin … Ein leiser Thriller. Weiter zur Rezension:    Das Nest von Sophie Morton-Thomashttps

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Dunkle Sühne von Karin Slaughter

  Gesprochen von NinaPetri  Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 19 Stunden und 55 Minuten  Willkommen in North Falls - einer kleinen Stadt, in der jeder jeden kennt. Das glauben zumindest alle. Bis zum großen Feuerwerk am 4. Juli . Als in dieser Nacht zwei Teenager-Mädchen verschwinden, ist die Stadt in Aufruhr. Für Deputy Emmy Clifton wird der Fall zur Bewährungsprobe – beruflich und persönlich, ihr Vater ist der Sheriff der Kleinstadt. Eines der vermissten Mädchen ist die Tochter ihrer besten Freundin, und Emmy weiß, dass sie sie nach Hause bringen muss, um eine alte Schuld zu begleichen. Doch je tiefer Emmy in die Ermittlungen eintaucht, desto stärker wird ihr bewusst, dass hinter den vertrauten Gesichtern der Kleinstadt dunkle Abgründe lauern. Ein klasse Auftakt für eine Serie,  Copkrimi , Whodunnit , ein düsterer, stimmungsvoller literarischer Krimi aus den ländlichen Südstaaten, gut aufgebaute Charaktere, toxische Männlichkeit , Spannung, Familiendramen, Wendun...

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige . «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille , zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck  

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Aggie und der Geist von Matthew Forsythe

  Aggie freut sich darauf, endlich in ihr eigenes Haus einzuziehen – bis sie feststellt, dass dort bereits ein Geist wohnt. Das Zusammenleben läuft mehr schlecht als recht; nirgendwo hat sie ihre Ruhe. Also stellt Aggie Regeln auf. Doch der Geist hält sich leider nicht gerne an Regeln, bricht sie alle. Aggie fordert ihn völlig entnervt zu einem Wettkampf in Tic-Tac-Toe heraus – wer gewinnt, bekommt das Haus. Ein herrliches Bilderbuch an 4 Jahren, das mit viel Humor geschrieben ist und eine Menge Diskussionen zum Zusammenleben bietet. Weiter zur Rezension:    Aggie und der Geist von Matthew Forsythe