Direkt zum Hauptbereich

Der Clown sagte Nein von Mischa Damjan und Torben Kuhlmann - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing





Der Clown sagte Nein 


von Mischa Damjan und Torben Kuhlmann



Mit dieser Geschichte fing alles an: Brigitte und Dimitrije Sidjanski (Mischa Damjan) gründeten 1961 den NordSüd Verlag und gaben als erstes Buch die Geschichte vom Clown Petronius heraus. Dreimal wurde das Bilderbuch bisher illustriert: von Gian Casty (1961), Jozef Wilkon (1986) und Christa Unzner (2001). Zum 60. Jahrestag des Verlags illustriert Torben Kuhlmann dieses Bilderbuch neu. Er ist bekannt und beliebt für seine Mäuseabenteuer. Ein Kinderbuch mit Geschichte! Einer guten Geschichte!




So was ist noch nie passiert! Jeden Abend stehen Petronius, der lustigste Clown der Welt und der störrischen Esel Theodor in der Manege und begeistern das Publikum mit ihren Späßen. Doch heute sagt der Clown: Nein! Er hat es satt, jeden Abend auf Kommando zu weinen und zu lachen. Es hat ihm eigentlich noch nie Spaß gemacht, den Narren zu spielen. Lieber will er Geschichten erzählen. Die Zuschauer lachen, denken, das gehört zum Programm. Nun kommt das Pony herein. Und auch das sagt: «Ich mache nicht mehr mit.» Und es verkündet, das sei Dressur und außerdem sei es gar kein Pony, sondern ein Pferd. Auch die anderen Tiere verweigern den Auftritt; der Direktor schimpft und schreit, das sei Rebellion.




Pferd Ferdinand, Esel Theodor, Löwe Gustav, Giraffe Luise und Hund Otto und der Clown hauen gemeinsam ab, beraten, wollen sich andere Arbeit suchen, eine ohne Dressur und Peitsche. Aber nur Luise und Ferdinand finden einen Job. Wie soll es bloß weitergehen? Und dann haben sie eine Idee! Müssen wir immer im gleichen Trott fahren? Wir können uns auch verändern. Wenn uns etwas nicht gefällt: Einfach mal Nein sagen. Ein 60 Jahre altes Kinderbuch – doch die Kernaussage ist aktuell bis heute: Lebe deine Träume! Wer kennt nicht «Einstein»,  «Edison», «Lindbergh» und «Armstrong», die wunderbaren Mäusegeschichten von Torben Kuhlmann? Und nun hat Bilderbuchautor und Illustrator dieses Kinderbuch gestalterisch aufpoliert. Eine perspektivisch gut gelöste Gestaltung: Das Publikum starrt in die Manege – umgekehrt sehen wir aus Sicht der Tiere das Publikum. Weitwinkel und Zoomaufnahmen, zeichnerisch atmosphärisch in bunten Farben begleiten die herrlichen Grafiken die Geschichte. Nein zu sagen, ist ein wichtiger Lernprozess für Kinder. Eltern sagen ja ziemlich oft: Nein! Jeder Mensch hat das Recht, Grenzen zu setzen, selbstbestimmt zu agieren – seine Träume zu verwirklichen. Im Leben gibt es viele Grenzen – die auch sein müssen. Zieh für dich deine Eigenen! Aber hier geht es um mehr, um Dressur und Peitsche – um Selbstwertgefühl! In dem neuen Zirkus, den die Tiere gründen geht es nämlich genau darum, Freiraum und Mitbestimmung. Noch immer aktuell – ein feines Bilderbuch ab 4 Jahren. 




Dimitrije Sidjanski alias Mischa Damjan wurde 1914 in Skopje geboren. Er wuchs in Belgrad auf, studierte dort und in Paris Jura und war später als Anwalt tätig. Nach der Flucht aus deutscher Gefangenschaft in die Schweiz 1945 begann er erste Kurzgeschichten und Romane zu schreiben. 1949 lernte er seine Frau Brigitte Sidjanski kennen, mit der er 1961 den Nord-Süd Verlag gründete. 1979 zog sich Dimitrije Sidjanski vom Verlag zurück, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. 1998 verstarb er im Alter von 84 Jahren.



Torben Kuhlmann studierte Illustration und Kommunikationsdesign an der HAW Hamburg mit Schwerpunkt Buchillustration. Im Juni 2012 schloss er sein Studium mit dem Kinderbuch »Lindbergh – Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus« ab. Es war Kuhlmanns erstes Bilderbuch, wurde innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller und ist mittlerweile in über 30 Sprachen erhältlich. Als weitere Mäuseabenteuer folgten 2016 »Armstrong«, 2018 »Edison« und 2020 »Einstein«, die ebenfalls bereits Kultstatus besitzen.

Mischa Damjan, Torben Kuhlmann 
Der Clown sagte Nein
Bilderbuch, Kinderbuch, Klassiker 
Hardcover, 40 Seiten, 21.5 x 28 cm
NordSüd Verlag, 2021
Altersempfehlung: Ab 4 Jahren


Weitere Bücher von Torben Kuhlmann:

Einstein von Torben Kuhlmann - Was ist Zeit? Abenteuerbuch, Kinderbuch, Bilderbuch, Geschichte, wie die Dinge funktionieren ... (ab 6 Jahren)

Edison - Das Rätsel des verschollenen Mäuseschatzes von Torben Kuhlmann  Wie funktioniert ein U-Boot? Abenteuerbuch Kinderbuch, Bilderbuch, Geschichte, wie die Dinge funktionieren ... Bilderbuch (ab 6 Jahren)


Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur







Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Zappenduster von Hubertus Becker

Wahres aus der Unterwelt Kurzgeschichten aus der Unterwelt: »Alle Autoren haben mehr als zehn Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbracht.« 13 Geschichten von 6 verschiedenen Autor*innen. Diverse Schreibstile, vermischte Themen, aber das Zentralthema ist Kriminalität. Knastgeschichten, Strafvollzug, die Erzählungen haben mir unterschiedlich gut gefallen – zwei davon haben mich beeindruckt, die von Sabine Theißen und Ingo Flam. Weiter zur Rezension:  Zappenduster von Hubertus Becker 

Rezension - Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

  Eine fantasievolle poetische Gutenachtgeschichte, eine Bilderbuch-Reise über das, was in der Nacht geschieht. Eine Tochter fragt den Papa: «Was ich dich schon immer mal fragen wollte ..... Was passiert eigentlich, wenn ich schlafe?» Und der Papa beginnt zu erzählen. Es beginnt um neun Uhr. Stunde um Stunde verändert sich die Nacht und zeigt uns ihr wahres, ihr traumgleiches Antlitz: Statuen spielen verstecken, Telefone rufen sich gegenseitig an, der Wal im Schwimmbad traut sich an die Wasseroberfläche, die Laternen trinken aus Pfützen… Ist das möglich, was Papa erzählt? Oder will er uns einen Bären aufbinden? Eine wunderschöne Gutenachtgeschichte ab 4 Jahren, die zu herrlichen Träumen einlädt. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

Rezension - Kein Bock mehr von Anna Lott und Andrea Ringli

  Eine witzige Geschichte über ein starkes Mädchen, das Verantwortung für ihre Umwelt übernimmt. Eines Tages kommt Juli aus dem Haus und der Baum ist weg. Wo mag er geblieben sein? Doch als Juli nach Hause kommt, liegt er in ihrem Bett: «Kein Bock mehr!» Den Baum hat es erwischt: Burnout. Kein Wunder, dass er so viel arbeiten muss, denn er ist der einzige Baum weit und breit. Aber wo soll die Amsel denn nun ihr Nest bauen? Und wo soll die Fledermaus schlafen? Kein Problem, meint Juli, der Baum brauchte sicher nur mal eine Pause. Und so lange kann sie ja für die Tiere da sein … Humorvolles Bilderbuch mit Tiefgang ab 3 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Kein Bock mehr von Anna Lott und Andrea Ringli 

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - In allen Spiegeln ist sie Schwarz von Lolá Ákínmádé Åkerström

  Kemi, Brittany-Rae und Muna: drei Frauen leben in Schweden – drei völlig unterschiedliche Lebenswelten; eins haben sie gemeinsam: Sie sind schwarz und nicht in Schweden geboren. Ihre Ausgangssituationen können kaum unterschiedlicher sein. Trotzdem beginnen sich ihre Leben auf unerwartete Weise zu überschneiden – in Stockholm, einer als liberal geltenden Stadt. «In allen Spiegeln ist sie Schwarz» erzählt die schwierigen Themen Migration, Rassismus, Sexismus und Identität mit Leichtigkeit; obwohl nichts komplexer ist als dieser Themenbereich. Spannender zeitgenössischer Roman. Empfehlung!  Weiter zur Rezension:   In allen Spiegeln ist sie Schwarz von Lolá Ákínmádé Åkerström

Kreativ - Kunst - Zeichnen - Lesen - Künstler - Was gibt es Neues?

Kreativ - Kunst - Zeichnen - Lesen - Künstler - Was gibt es Neues? Große Kunst wird gekauft und verkauft, sie kommt unter den Hammer und wird vorn und hinten versichert. Kleine Kunst ist kein Produkt. Sie ist eine Haltung. Eine Lebensform. Große Kunst wird von ausgebildeten Künstlern und Experten geschaffen. Kleine Kunst wird von Buchhaltern geschaffen, von Landwirten, Vollzeitmüttern am Cafétisch, auf dem Parkplatz in der Waschküche.  (Danny Gregory) Das Farbenbuch von Stefan Muntwyler, Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider Als ich dieses Kraftpaket von Buch in den Händen hielt, war ich zunächst einmal platt. Wer dieses Sachbuch hat, benötigt keine Hanteln mehr! Aber Spaß beiseite, wer dieses Buch gelesen hat, hat auch keine Fragen mehr zum Thema Farben. Farben werden aus Pigmenten hergestellt, soweit bekannt. Die beiden Herausgeber sind der Kunstmaler Stefan Muntwyler und der Chemiker Juraj Lipscher, beide lebenslange Farbspezialisten, und dies ist ein Kompendium der P

Rezension - Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

  Aram Mattioli erzählt zum ersten Mal den langanhaltenden Widerstand der First Peoples in den USA - vom First Universal Races Congress (1911) über die Red Power-Ära und die Besetzung von Wounded Knee (1973) bis hin zu den Protesten gegen die Kolumbus-Feierlichkeiten (1992). Die American Indians waren dabei nie nur passive Opfer, sondern stellten sich dem übermächtigen Staat sowohl friedlich als auch militant entgegen.  Schwer verdaulich, wie die Native Americans noch im 20. Jahrhundert entrechtet und diskriminiert wurden. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

Rezension - Das Wassergespenst von John Kentrick Banges und Barbara Yelin

Dieses witzig-gruslige Jugendbuch, bzw., schlicht Comic, nimmt eine über 100 Jahre alten Geschichte von John Kendrick Bangs auf. Die Comic-Zeichnerin Barbara Yelini interpretiert die Story neu mit wundervollen Wasserbildern. Ein wundervoller Comic für Jugendliche, die nicht sehr lesebegeistert sind. Zur Rezension:    Das Wassergespenst von John Kentrick Banges und Barbara Yelin

Rezension - In der Ferne von Hernan Diaz

  Anfang der 1850er Jahre, Håkan Söderström lebt zu einer Zeit in Schweden, in der die Menschen täglich ums Überleben kämpfen. Auszuwandern ins gelobte Land Amerika scheint eine Chance. So schickt der Vater die ältesten Jungen los. Zusammen mit seinem großen Bruder Linus steigt Håkan auf das Schiff nach England. Von dort soll es nach Nujårk, New York, weitergehen, doch im Hafen von Portsmouth verlieren sich die Brüder. Håkan fragt sich durch: Amerika! Doch der Bruder erscheint nicht auf dem Schiff – denn Håkan sitzt auf dem nach Buenos Aires. Das kapiert er zu spät, steigt in San Francisco aus. New York ist sein Ziel. Fest entschlossen, den Bruder zu finden, macht er sich zu Fuß auf den Weg, entgegen dem Strom der Glückssucher und Banditen, die nach Westen drängen. Sprachlich ausgefeilt, eine spannender, berührender Anti-Western, ein Drama mit einem feinen Ende. Die Epoche der Besiedlung Amerikas, Kaliforniens, wird hautnah eingefangen. Empfehlung! Weiter zur Rezension:  In der Ferne v

Rezension - Meine geniale Freundin von Chiara Lagani und Mara Cerri nach Elena Ferrante

Die Neapolitanische Saga Band 1 Ein moderner Klassiker als Graphic Novel umgesetzt – ich war gespannt, da Elena Ferrante sehr ausführlich in ihrer Tetralogie nicht nur die Freundschaft zwischen Elena und Lila beschreibt, sondern gleichzeitig ein Sittengemälde der Zeit wiedergibt, soziale und politische Strukturen aufnimmt, die Übernahme der Camorra in Neapel beschreibt. Wenn ich das zusammenziehe, ist der Comic missglückt. Denn der bezieht sich wirklich nur auf einen wesentlichen Kern: auf die Beziehung zwischen Elena und Lila, zwei Lebensläufe, die gemeinsam beginnen, aber auseinanderdriften. Zeichnerisch ist das Buch sehr gelungen.  Weiter zur Rezension:    Meine geniale Freundin von Chiara Lagani und Mara Cerri nach Elena Ferrante