Direkt zum Hauptbereich

Und wenn er nicht gestorben ist, kann’s sein, dass er sie heut noch küsst von Cornelia Boese und Daniela Bunge - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Und wenn er nicht gestorben ist, kann’s sein, dass er sie heut noch küsst 


von Cornelia Boese und Daniela Bunge

Grimms Märchen in Reimen


Prinzessin Lea Leopold

besaß ein Spielzeug ganz aus Gold.

Man sah sie immer, überall

mit ihrem hübschen Glitzerball:

im Schlosspark beim Spazierengehen,

im Unterricht beim Däumchendrehen,

beim Essen in den Speiseräumen,

sogar im Schlafgemach beim Träumen.





So beginnt das Märchen vom Froschkönig, ein «glitschiges Geschöpfchen, umsprüht von tausend Wassertröpfchen». Grimms Märchen in Reimform – und das witzig, spritzig und charmant:


Die Zauberin bekam nichts mit.

Rapunzel aber hat’s vermasselt

und hat sich versehentlich verquasselt. 

Sie stöhnte: ‹Puh, ihr hängt viel schwerer

an meinem Zopf als mein Verehrer.

 


Der Jäger staunte, wen er traf: 

Den bösen Wolf beim Mittagsschlaf.

Bist du der Schnarcher, Dickerchen? 

Das war dein letztes Nickerchen.


Sie wohnte hinter Weißbrotmauern, 

um armen Kindern aufzulauern. 

Sie machte süße Sahnekleckse, 

und war doch eine böse Hexe.


Doch als die böse Stiefmama 

mal wieder in den Spiegel sah

und fragte, wer die Schönste sei 

(sie dachte nur an sich dabei), 

gab er zur Antwort: ,Nun, hier drin

seid Ihr es wohl, Frau Königin›.

Viel schöner doch ist in den Bergen

Schneewittchen bei den sieben Zwergen!›.



14 der bekanntesten Grimm’schen Märchen in Reimen versammelt. Die Sprachkraft hat mich begeistert, die mit Witz und Einfallsreichtum kombiniert einfach Spaß macht. Die Märchen bleiben in ihrer Handlung so, wie sie von den Grimms in der bekannten Art und Weise erzählt werden. Diese Gedichte allerdings sprechen eine freche Sprache, eine moderne. Und weil dies obendrein humorvoll gestaltet ist, nimmt es auch die schaurige, düstere Komponente der Mär, die Angst schürt. Aber was wäre ein Kinderbuch ohne Grafik? Daniela Bunge zeichnet in Mehrfachtechnik, vordergründig als Buntstiftzeichnungen. Zarte Striche, Pastelltöne, die Illustrationen passen sich jeweils dem Erzählton an. Manche dieser fast zerbrechlichen wirkenden Zeichnungen bringen die Schwermut der aussichtslosen Situation herüber oder die Sehnsucht, andere sind heiter. Einige sind farbkräftig, mit scharfen Kreide- oder Pastellkreidestrichen hervorgehoben. Text und Grafik bilden eine Einheit. Ein Buch das rundherum Spaß macht. Der Knesebeck Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 5 Jahren – das ok, sicher kann er ein oder andere Vierjährige auch damit was anfangen. Der Vorlesende wird auch seinen Spaß haben! Empfehlung!


Diese Märchen sind im Buch enthalten:

Aschenputtel, Der Froschkönig, Der gestiefelte Kater, Der Wolf und die sieben Geißlein, Die Bremer Stadtmusikanten, Die Sterntaler, Dornröschen, Frau Holle, Hänsel und Gretel, Hans im Glück, Rapunzel, Rotkäppchen, Rumpelstilzchen, Schneewittchen


Cornelia Boese, 1970 geboren, träumte schon als Kind davon, Dichterin zu werden und durfte mit 9 Jahren ihre ersten Zeilen in der Zeitung veröffentlichen. Nach ihrem Musikstudium folgte eine langjährige internationale Tätigkeit am Theater als Opernsouffleuse, Bühnenmusikerin und Kinderkonzertmoderatorin. Heute lebt sie als freischaffende Schriftstellerin in Würzburg.

Daniela Bunge, geboren 1973, studierte Pädagogik in Regensburg, belegte an der Münchener Kunstakademie den Studiengang Illustration und legte ihr Diplom als Illustratorin an der Fachhochschule für Design in Münster ab. Heute lebt sie als Illustratorin in Berlin.



Cornelia Boese, Daniela Bunge
Und wenn er nicht gestorben ist, kann’s sein, dass er sie heut noch küsst 
Grimms Märchen in Reimen
Bilderbuch, Kinderbuch, Märchen, Klassiker, Grimms Märchen
Leinengebunden, 144 Seiten, 20.3 x 27.9 cm
Knesebeck Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 5 Jahren






Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Nur noch kurz ein kleiner Furz! von Jonny Leighton und Mike Byrne

Kinder lieben Pupsbücher! Wie ist das eigentlich mit den Tieren? Wie pupsen die? Auf einer urkomischen Reise durch das Reich der Flatulenz beobachten Elefant und Maus die unterschiedlichsten Fürze. Und so lernt die Maus, dass Pupsen die normalste Sache der Welt ist! Witzig gestaltet, den Text in Reimform gebracht, macht dieses Bilderbuch Spaß! Lustiges Bilderbuch ab 3 Jahren, Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Nur noch kurz ein kleiner Furz! von Jonny Leighton und Mike Byrne

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor. ...

Rezension - Italien: Food. People. Stories von Haya Molcho & Söhne

  Haya Molcho begibt sich mit ihren Söhnen auf eine italienische Reise von Triest bis nach Sizilien, wobei sie lokale Produzent:innen und Köch:innen besuchen, die über die unterschiedlichsten Facetten der italienischen Kochkunst erzählen und uns ihre liebsten Rezepte verraten. Im zweiten Teil der kulinarischen Reise gibt es italenische Rezepte der Familie, typisch Neni. Levantinische Küche trifft auf italienische Originalrezepte; dabei auch traditionelle italienische Gerichte im Original. Reiseliteratur, Kulinarisches mit vielen Rezepten, Italienische Küche, Levante-Küche – Empfehlung. Weiter zur Rezension:   Italien: Food. People. Stories von Haya Molcho & Söhne

Abbruch - Alles Gute von Eva Rossmann

  Alles Gute von Eva Rossmann Abbruch! Wir beide kamen nicht zusammen. Der Anfang konnte mich nicht begeistern, ich fühlte mich eher wie in einem Kochbuch, nicht wie in einem Krimi. Peter Gruber hat Eine App gegen die Spaltung der Gesellschaft geschrieben, «LISA wünscht ALLES GUTE», die Millionen User hat und damit ist er reich geworden, aber er hat den größten Teil in eine Stiftung gesteckt und etwas für seine Nichte bereitgelegt. Weil er sich bedroht fühlt, verabredet er sich mit der Journalistin Mira Valensky. Gruber erscheint nicht, ist plötzlich spurlos verschwunden. Freiwillig untergetaucht – wenn ja warum? Oder was immer auch passiert ist … Ich habe versucht, zu verstehen, was das für eine App ist. Man kann damit Menschen per Strichmännchen «Alles Gute» wünschen? Und damit soll Gruber Millionen verdienen, weil die User dafür bezahlen? Peter Gruber, ein ehemaliger Lehrer, der vor heutigen politischen Tendenzen warnt, die an die 1930er Jahre erinnern, plädiert für mehr Freundl...

Rezension - #Erstkontakt von Bruno Duhamel

  Doug, ein ehemaliger Fotograf lebt von der Öffentlichkeit zurückgezogen in den schottischen Highlands. Niemand liked seine Fotos, er ist frustriert, darum hat er seit 17 Monaten nichts veröffentlicht. Doch dann fotografiert er durch Zufall am See vor seiner Haustür ein seltsames Wesen – und teilt den Schnappschuss im sozialen Netzwerk «Twister». Danach geht er duschen, kommt zurück, kann es nicht fassen: «150.237 Personen haben auf ihren Post reagiert; 348.069 mal geteilt». Sofort bereut er seinen Post. Er ahnt, was nun geschehen wird, er hat Büchse die Pandora geöffnet … Ein herrlicher Comic, Graphic Novel, fast ein Cartoon, nimmt mit schwarzem Humor Social Media und Aktivist:innen diverser Gruppen auf die Schippe. Weiter zur Rezension:    #Erstkontakt von Bruno Duhamel

Rezension - Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

  Eine türkische Familiengeschichte, die mit der Urgroßmutter und der Großmutter einleitend beginnt. Die nächste Generation wandert nach Deutschland aus – das gelobte Land, wo Milch und Honig fließt. Der Traum, den viele «Gastarbeiter» träumten: Arbeiten, viel Geld verdienen, nach Hause zurückkehren und ein Haus bauen. Und dann wurden aus den Gästen Einwohner. In Deutschland die Türken – in der Türkei die Deutschen – entwurzelt, nirgendwo wirklich zu Hause. Eine Familie, die sich bemüht hat, sich zu integrieren. Ein Zwiegespräch zwischen Sohn und Mutter – zwei völlig verschiedene Generationen, aber auch eine Abrechnung mit der deutschen Gesellschaft und eine mit dem Heimatland und dem Machismo, mit der Erniedrigung der Frauen. Ein hervorragender Gesellschaftsroman, ein Bildungsroman über Migration, Rassismus und Misogynie – meine Empfehlung! Weiter zur Rezension:     Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

Rezension - Mäc Mief und die stinkbesonderen Unterhosen von Carola Becker, Ina Krabbe

  Wer hat die Superschaf-Unterhose geklaut? Finn ist sauer! Jemand hat seine stinkbesonderen Unterhosen von der Leine gestohlen. Sein Freund Mäc Mief muss den Dieb aufspüren, denkt sich Finn. Das schottische Schaf Mäc Mief liebt nichts mehr, als auf seiner Weide zu stehen und in Ruhe saftiges Gras zu fressen. Aber für seinen Lieblingsmenschen Finn geht die Spürnase auf die Suche. Gemeinsam mit seiner Freundin, Hütehund Bonnie, versuchen sie a la Sherlock Holms und Watson der Unterhosenbande auf die Spur zu kommen.  Weiter zur Rezension:    Mäc Mief und die stinkbesonderen Unterhosen von Carola Becker, Ina Krabbe

Rezension - Romina Casagrande Feuer auf den Bergen

  Mächtig sind die Berge, hart ist das Leben der Landwirte an der Grenze zwischen Italien und Österreich. Luce lebt in den späten Siebzigern mit ihrem Vater und Bruder versteckt im Wald. Nachts riskieren die Männer auf alten Schmugglerpfaden ihr Leben, doch die Welt verändert sich schnell. – Der Junge mit dem Wolfshund, der sich Hase nennt, der mit dem Auto verunfallte, will nicht zurück nach Hause. Er glaubt, er kann im Wald überleben; bloß nicht in ein Heim gesteckt werden. Zunächst klappt das Überleben in einer Höhle, doch im Winter wird es schwierig; er bricht in eine alte Hütte ein. Luces Familie gehört dieses Haus. Sie greifen greift ihn auf – und er darf bei ihnen bleiben. Guter Heimatroman zum Thema Freiheitskampf für Tirol. Weiter zur Rezension:    Feuer auf den Bergen von Romina Casagrande

Rezension - So ist das nie passiert von Sarah Easter Collins

Gesprochen von Vanida Karun Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 10 Std. und 20 Min. Die Geschichte beginnt mit der Dinnereinladung, bei der Willa, 38, ihre vermisste Schwester wiederzuerkennen meint. Als Willa ein Teenager war, verschwand ihre Schwester Laika spurlos. Auch über zwanzig Jahre später hat Willa die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Laika noch lebt. Hartnäckig sucht sie weiter nach ihr, hat dazu eine Website errichtet. Willa berichtet über die Ereignisse, glückliche Willa, Papas Liebling, der Laika misshandelt, eine versoffene Mutter, die sich nicht wehren kann. In der Mitte bricht die Geschichte und Laika erzählt ihre Version. Hier geht es um Wahrnehmung, ein spannendes Thema. Süffiger Roman mit einem herrlichen Ende … ja, das neue Rosenbeet … Gute Unterhaltung! Weiter zur Rezension:   So ist das nie passiert von Sarah Easter Collins