Direkt zum Hauptbereich

Sommer auf der Fahrradinsel von Ariane Pinel - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing






Sommer auf der Fahrradinsel 


von Ariane Pinel 


In den Sommerferien fährt Zoé zu ihrer Cousine Louise. Louise lebt auf einer Insel, auf der Autos nicht erlaubt sind. Hier fahren alle mit dem Fahrrad. Die beiden Mädchen erleben einen wundervollen gemeinsamen Sommer und Zoé genießt die autofreie Zeit. Zurück in der Stadt darf sie wegen der vielen Autos nicht mehr mit dem Rad fahren – zu gefährlich, sagen ihre Eltern. Doch Zoé findet: Alle sollten nur noch mit dem Fahrrad fahren. Und sie fühlt sich unwohl im Autoverkehr der Stadt. Sie beschließt, zur Insel zurückzukehren, setzt sich auf ihr Fahrrad und fährt los – und plötzlich nehmen die Dinge ihren Lauf … Eine Bloggerin wird auf das Mädchen aufmerksam … 




Leider konnte mich diese Geschichte nicht mitnehmen, da sie völlig einseitig aggressiv und irreal gestaltet ist. Ich gehe mal weiter zum Ende: Hier schlagen alle Menschen völlig aggressiv auf ihre Autos ein  und zerstören sie, fahren nun Fahrrad und große Autos, wie Lieferwagen, werden umgewandelt in Geschäfte, in eine Bücherei usw. Ja, ich bin für autofreie Innenstädte in Großstädten. Aber dass nun alle Fahrrad fahren, kann nicht die Lösung sein. Denn in dieser Stadt im Buch ist die Lösung das Fahrrad. Das eignet sich für kurze Wege und für mobile Personen. Was machen die Menschen, die einen weiten Weg quer durch eine Großstadt, vielleicht sogar bis in die Vorstadt, zurückzulegen haben? Was machen die Menschen, die aus div. Gründen kein Fahrrad fahren können? In diesem Bilderbuch kommt weder eine Straßenbahn, noch ein Bus (das wäre ja ein Auto), noch eine witzige Art wie Schwebebahn usw. vor. Wir fahren gnadenlos Fahrrad! Ich stellte mir die Feuerwehr auf einem Tandem vor: vorn einer, der «Lalülala» ruft und hinten schreit einer «Blaulicht». Am Brandherd fragen sie nach Eimern. Das ist jetzt vielleicht überzogen, aber wenn man dieses Buch ernst nimmt, muss es genauso enden. Dieser KFZ-Hass hat mich abgestoßen. Auf ihrem Weg zur Insel wird Zoé von einem Auto gestreift: natürlich einem Elektroauto! Eine Bloggerin sitzt drinnen, ist erschrocken, mit was für einem Mordinstrument sie unterwegs ist. Wie gesagt, eine autofreie Stadt ist für mich die Zukunft. So weit gehe ich konform mit dem Buch. Aber dieser Hass, der hier propagiert wird, gehört nicht in ein Kinderbuch. Und ganz ohne Autos wird es nicht gehen. Feuerwehr, Krankenwagen, Lieferanten und einiges mehr. Durch Busse und Bahn muss die Stadt gut vernetzt sein. Genau solch ein Konzept hätte ich erwartet. 




Interessant, Ariane Pinel wohnt in Straßburg, wo angeblich alle Fahrrad fahren, was definitiv nicht stimmt. Und genau dort, wo die Innenstadt autofrei gemacht wurde mit Park and Ride-Angeboten, gibt es ein neues Problem: Nämlich sehr viele Fahrräder, die mit Höchstgeschwindigkeit durch das Zentrum jagen, wo es permanent zu Konflikten zwischen Fußgängern und Kamikaze-Lieferfahrern kommt. Wegen der vielen Unfälle und Konflikte will man nun einen Fahrradring um die Innenstadt von Straßburg bauen, damit die Fahrer nicht mehr quer durch die Innenstadt rasen müssen. Eine friedliche Lösung für das Miteinander im Straßenverkehr scheint nicht so einfach konzipierbar zu sein. Hier hätte die Fantasie von Autor:innen sicher interessante Lösungen bieten können. Das Zerkloppen von Autos und der alleinige Fahrradverkehr kann es nicht sein, was wir Kindern alernativ offerieren. Die Illustrationen zeigen sich in digitalem Stil in knallbunten Farben. Der mairisch Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 4 Jahren. Das passt für mich. 





Ariane Pinel wurde 1983 in Toulouse geboren. Sie verließ Südfrankreich, um an der École des Arts Décoratifs de Strasbourg (la HEAR) zu studieren. Seit ihrem Abschluss 2005 widmet sie sich dem Comic und der Illustration und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, vor allem für Jugendliche. Sie freut sich, in Straßburg zu leben - einer der wenigen Städte in Frankreich, in der jede*r mit dem Fahrrad fährt.



Ariane Pinel 
Sommer auf der Fahrradinsel
Originaltitel: ‎ L’île aux vélos
Aus dem Französischen übersetzt von Nele Deutschmann
Kinderbuch, Bilderbuch, Verkehr
Hardcover, 40 Seiten
mairisch Verlag, 2024
Altersempfehlung: ab 4 Jahren








Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Nur noch kurz ein kleiner Furz! von Jonny Leighton und Mike Byrne

Kinder lieben Pupsbücher! Wie ist das eigentlich mit den Tieren? Wie pupsen die? Auf einer urkomischen Reise durch das Reich der Flatulenz beobachten Elefant und Maus die unterschiedlichsten Fürze. Und so lernt die Maus, dass Pupsen die normalste Sache der Welt ist! Witzig gestaltet, den Text in Reimform gebracht, macht dieses Bilderbuch Spaß! Lustiges Bilderbuch ab 3 Jahren, Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Nur noch kurz ein kleiner Furz! von Jonny Leighton und Mike Byrne

Rezension - Italien: Food. People. Stories von Haya Molcho & Söhne

  Haya Molcho begibt sich mit ihren Söhnen auf eine italienische Reise von Triest bis nach Sizilien, wobei sie lokale Produzent:innen und Köch:innen besuchen, die über die unterschiedlichsten Facetten der italienischen Kochkunst erzählen und uns ihre liebsten Rezepte verraten. Im zweiten Teil der kulinarischen Reise gibt es italenische Rezepte der Familie, typisch Neni. Levantinische Küche trifft auf italienische Originalrezepte; dabei auch traditionelle italienische Gerichte im Original. Reiseliteratur, Kulinarisches mit vielen Rezepten, Italienische Küche, Levante-Küche – Empfehlung. Weiter zur Rezension:   Italien: Food. People. Stories von Haya Molcho & Söhne

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor. ...

Abbruch - Alles Gute von Eva Rossmann

  Alles Gute von Eva Rossmann Abbruch! Wir beide kamen nicht zusammen. Der Anfang konnte mich nicht begeistern, ich fühlte mich eher wie in einem Kochbuch, nicht wie in einem Krimi. Peter Gruber hat Eine App gegen die Spaltung der Gesellschaft geschrieben, «LISA wünscht ALLES GUTE», die Millionen User hat und damit ist er reich geworden, aber er hat den größten Teil in eine Stiftung gesteckt und etwas für seine Nichte bereitgelegt. Weil er sich bedroht fühlt, verabredet er sich mit der Journalistin Mira Valensky. Gruber erscheint nicht, ist plötzlich spurlos verschwunden. Freiwillig untergetaucht – wenn ja warum? Oder was immer auch passiert ist … Ich habe versucht, zu verstehen, was das für eine App ist. Man kann damit Menschen per Strichmännchen «Alles Gute» wünschen? Und damit soll Gruber Millionen verdienen, weil die User dafür bezahlen? Peter Gruber, ein ehemaliger Lehrer, der vor heutigen politischen Tendenzen warnt, die an die 1930er Jahre erinnern, plädiert für mehr Freundl...

Rezension - #Erstkontakt von Bruno Duhamel

  Doug, ein ehemaliger Fotograf lebt von der Öffentlichkeit zurückgezogen in den schottischen Highlands. Niemand liked seine Fotos, er ist frustriert, darum hat er seit 17 Monaten nichts veröffentlicht. Doch dann fotografiert er durch Zufall am See vor seiner Haustür ein seltsames Wesen – und teilt den Schnappschuss im sozialen Netzwerk «Twister». Danach geht er duschen, kommt zurück, kann es nicht fassen: «150.237 Personen haben auf ihren Post reagiert; 348.069 mal geteilt». Sofort bereut er seinen Post. Er ahnt, was nun geschehen wird, er hat Büchse die Pandora geöffnet … Ein herrlicher Comic, Graphic Novel, fast ein Cartoon, nimmt mit schwarzem Humor Social Media und Aktivist:innen diverser Gruppen auf die Schippe. Weiter zur Rezension:    #Erstkontakt von Bruno Duhamel

Rezension - Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

  Eine türkische Familiengeschichte, die mit der Urgroßmutter und der Großmutter einleitend beginnt. Die nächste Generation wandert nach Deutschland aus – das gelobte Land, wo Milch und Honig fließt. Der Traum, den viele «Gastarbeiter» träumten: Arbeiten, viel Geld verdienen, nach Hause zurückkehren und ein Haus bauen. Und dann wurden aus den Gästen Einwohner. In Deutschland die Türken – in der Türkei die Deutschen – entwurzelt, nirgendwo wirklich zu Hause. Eine Familie, die sich bemüht hat, sich zu integrieren. Ein Zwiegespräch zwischen Sohn und Mutter – zwei völlig verschiedene Generationen, aber auch eine Abrechnung mit der deutschen Gesellschaft und eine mit dem Heimatland und dem Machismo, mit der Erniedrigung der Frauen. Ein hervorragender Gesellschaftsroman, ein Bildungsroman über Migration, Rassismus und Misogynie – meine Empfehlung! Weiter zur Rezension:     Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

Rezension - Mäc Mief und die stinkbesonderen Unterhosen von Carola Becker, Ina Krabbe

  Wer hat die Superschaf-Unterhose geklaut? Finn ist sauer! Jemand hat seine stinkbesonderen Unterhosen von der Leine gestohlen. Sein Freund Mäc Mief muss den Dieb aufspüren, denkt sich Finn. Das schottische Schaf Mäc Mief liebt nichts mehr, als auf seiner Weide zu stehen und in Ruhe saftiges Gras zu fressen. Aber für seinen Lieblingsmenschen Finn geht die Spürnase auf die Suche. Gemeinsam mit seiner Freundin, Hütehund Bonnie, versuchen sie a la Sherlock Holms und Watson der Unterhosenbande auf die Spur zu kommen.  Weiter zur Rezension:    Mäc Mief und die stinkbesonderen Unterhosen von Carola Becker, Ina Krabbe

Rezension - Romina Casagrande Feuer auf den Bergen

  Mächtig sind die Berge, hart ist das Leben der Landwirte an der Grenze zwischen Italien und Österreich. Luce lebt in den späten Siebzigern mit ihrem Vater und Bruder versteckt im Wald. Nachts riskieren die Männer auf alten Schmugglerpfaden ihr Leben, doch die Welt verändert sich schnell. – Der Junge mit dem Wolfshund, der sich Hase nennt, der mit dem Auto verunfallte, will nicht zurück nach Hause. Er glaubt, er kann im Wald überleben; bloß nicht in ein Heim gesteckt werden. Zunächst klappt das Überleben in einer Höhle, doch im Winter wird es schwierig; er bricht in eine alte Hütte ein. Luces Familie gehört dieses Haus. Sie greifen greift ihn auf – und er darf bei ihnen bleiben. Guter Heimatroman zum Thema Freiheitskampf für Tirol. Weiter zur Rezension:    Feuer auf den Bergen von Romina Casagrande

Rezension - So ist das nie passiert von Sarah Easter Collins

Gesprochen von Vanida Karun Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 10 Std. und 20 Min. Die Geschichte beginnt mit der Dinnereinladung, bei der Willa, 38, ihre vermisste Schwester wiederzuerkennen meint. Als Willa ein Teenager war, verschwand ihre Schwester Laika spurlos. Auch über zwanzig Jahre später hat Willa die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Laika noch lebt. Hartnäckig sucht sie weiter nach ihr, hat dazu eine Website errichtet. Willa berichtet über die Ereignisse, glückliche Willa, Papas Liebling, der Laika misshandelt, eine versoffene Mutter, die sich nicht wehren kann. In der Mitte bricht die Geschichte und Laika erzählt ihre Version. Hier geht es um Wahrnehmung, ein spannendes Thema. Süffiger Roman mit einem herrlichen Ende … ja, das neue Rosenbeet … Gute Unterhaltung! Weiter zur Rezension:   So ist das nie passiert von Sarah Easter Collins