Direkt zum Hauptbereich

Gullivers Reisen von Jonathan Swift und Robert Ingpen - Rezension

 

Rezension

von Sabine Ibing



Gullivers Reisen 

von Jonathan Swift und Robert Ingpen


Zeitlos spannend: Gullivers abenteuerliche Reisen nach Liliput und Brobdingnag! Das beliebte Jugendbuch in Neuauflage als hochwertige Geschenkausgabe ist hervorragend illustriert von Robert Ingpen – ein Augenschmaus. Wer einen Gulliver bei sich einziehen lassen möchte, findet an dieser großformatigen Ausgabe sicher Gefallen. Feine detaillierte Aquarelle in Naturfarben, einseitig und zweiseitig machen das Buch zum Kunstwerk. Der Knesebeck Verlag gibt ein Lesealter ab 8 Jahren an – das passt, nach oben natürlich völlig offen.








Zur Erinnerung: 

Lemuel Gulliver hat schon immer davon geträumt, die Welt zu sehen. Nach seinem Studium der Medizin heuert der abenteuerlustige Mann als Arzt auf einem Schiff an. Seine erste Schiffsreise endet in einem Sturm; das Schiff geht unter. Gulliver überlebt und landet bewusstlos an Land. Als er erwacht, ist er gefesselt und wird von wenige Zentimeter großen Männern mit winzigen Pfeilen beschossen. Er ist auf der Insel Liliput gestrandet, dem Land der Zwerge, die ihn gefangen genommen haben. Machtkämpfe und ein Krieg verhelfen ihm, mit en Kerlchen Freundschaft zu schließen und die Insel zu verlassen. Bereits zwei Monate später sticht Gulliver wieder in See. Auch diese Reise endet unglücklich und führt Gulliver nach einem Sturm nach Brobdingnang, dem Land der Riesen, die allerhand Schelmereien mit ihm treiben. Gulliver lebt gefährlich unter den Riesen, hält die Kultur für rückständig, und so ist er nicht traurig, als er von einem Raubvogel entführt wird und in die englische Gesellschaft zurückkehrt.



Zum Klassiker: 

Der vollständigen Titel dieses Klassikers lautet: «Travels into Several Remote Nations of the World in Four Parts By Lemuel Gulliver, first a Surgeon, and then a Captain of Several Ships». Die meisten von uns kennen nur die diese beiden Teile, die für Erwachsene gedacht waren, aber als Jugendbuch ein Erfolg wurden. Der Zyklus besteht jedoch aus vier Teilen. Nach Liliput (die Zwerge symbolisieren die menschliche Anmaßung, sich als die kleinsten Wesen über alles zu stellen und auf alles Anspruch zu erheben) und Brobdingnag besucht Gulliver später Laputa, Balnibarbi, Luggnagg, Glubbdubdrib, Japan und das Land der Houyhnhnms. Eigentlich war der Klassiker als Gesellschaftssatire gedacht. Die Zwerge sind anmaßend und machtgierig, die Riesen rückständig für ihn. Die Laputaner, die sich mit der Sprache der Mathematik verständigen, hält er für lebensuntüchtig, da sie in ihrem Streben nach Wissen, realitätsfern die einfachsten Dinge nicht auf die Reihe bekommen (Sie versuchen aus Eis Schießpulver und aus Gurken, Sonnenlicht herzustellen). Auf der Insel Glubbdubdrib kann Gulliver mit den Seelen antiker Helden kommunizieren, die sich allerdings als weniger heroisch erweisen. Er lernt die menschenaffenartigen Yahoos kennen, die von und den rationalen Houyhnhnms (intelligente Pferde) regiert werden; welche die Vernunft symbolisieren, das verstandesmäßige Denken, das zu harmonischem Zusammenleben führt. Die Houyhnhnms allerdings setzen Gulliver mit den dummen Yahoos gleich und erkennen ihn nicht an. Als Erwachsenenliteratur steckt nämlich hinter der Fassade der wunderlichen Abenteuer eine Generalabrechnung mit der englischen Gesellschaft seiner Zeit und Kritik an der Entwicklung der gesamten Epoche. Zurück in England, lebt Gulliver von nun an zurückgezogen mit zwei Pferden, verachtet seine Mitmenschen als dumme Yahoos. «Gullivers Reisen» ist eine Gesellschaftssatire der Zeit der Aufklärung. 



Jonathan Swift (1667-1745) war studierter Theologe und anglikanischer Geistlicher. Zunächst veröffentlichte er all seine Schriften unter Pseudonym oder anonym. Er gilt heute als einer der bedeutendsten englischsprachigen Satiriker. Zu seinen bekanntesten Werken zählt das Essay Ein bescheidener Vorschlag und sein Roman Gullivers Reisen, der 1726 veröffentlicht und zu einem Publikumserfolg wurde. 


Robert Ingpen hat über 100 Erzähl- und Sachtexte illustriert und geschrieben. 1986 erhielt er die Hans-Christian-Andersen-Medaille für seine Verdienste um das Kinderbuch.



Jonathan Swift, Robert Ingpen
Gullivers Reisen
Klassiker, Kinderbuch, Jugendbuch, Abenteuergeschichte, Fantasy
Hardcover mit Schutzumschlag, 176 Seiten mit 52 farbigen Abbildungen, 19.5 x 23.5 cm 
Knesebeck, 2022
Altersempfehlung: Ab 8 Jahren





Weltliteratur und andere Klassiker für Kinder

Heute zeige ich euch eine Auswahl von Klassikern, die kindgerecht aufgearbeitet wurden. Kindgerecht, viele verkürzt, in einer Sprache, die Kinder verstehen. Klassische Literatur für Kinder – aber auch die Begegnung mit Malern und Musikern - Klassiker in der Kinder- und Jugendliteratur.
Hier geht es zur Seite:   Weltliteratur und andere Klassiker für Kinder


Bilderbücher, Kinderbücher Vor- und Grundschule 5 - 10 Jahre






Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

  Ein atmosphärisch dichter und spannender Schweden-Krimi von Hans Rosenfeldt, bekannter Krimiautor und Drehbuchautor (skandinavische TV-Serie «Die Brücke», britische Fernsehserie «Marcella» über Netflix) erwartet uns mit dem Auftakt einer neuen Serie. Die Erwartungen waren hoch. Rosenfeldt hat geliefert. Die Kleinstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze, wird zufällig zum Schauplatz eines Drogendeals. Wer hat die Drogen und das Geld, wer wird sie am Ende bekommen? Der einzige der durchblickt, ist der Leser – Dank Mehrperspektivität. Denn alle Protagonisten tappen im Dunkeln – wissen nichts voneinander. Ein komplexer und spannungsreicher Thriller! Weiter zur Rezension:    Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige . «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille , zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck  

Rezension - Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo

  1983 , der Polizist Noah Scott ist besessen davon, den Serienmörder Bible John zu erwischen. Er steht im Verdacht, Frauen, die aus Diskotheken verschwanden, nie wieder auftauchten, ermordet zu haben. Seit Jahren ist Noah an dem Fall dran, und er glaubt, den Täter identifiziert zu haben. Er folgt John Clyde und es gelingt ihm, auf seinem persönlichen Friedhof die Handschellen anzulegen – doch dann krampft sich etwas in seiner Brust zusammen und es wird schwarz vor seinen Augen … Ein spanischer literarischer Thriller vom Feinsten! Weiter zur Rezension:    Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo