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Die Windmacherin: Eine Sommergeschichte von Maja Lunde und Lisa Aisato - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing





Die Windmacherin: Eine Sommergeschichte 


von Maja Lunde und Lisa Aisato

Das Jahreszeiten-Quartett mit Illustrationen, Band 3


In dem Land, in dem Tobias lebt, sind endlich wieder bessere Zeiten eingekehrt, und alle Kinder sollen zur Erholung die Sommerferien auf dem Land verbringen. Doch statt zu zweit oder zu dritt auf einem idyllischen Bauernhof, landet der 11-jährige Tobias allein auf einer Insel weit draußen im Meer, wo er bei einer menschenscheuen Frau namens Lothe unterkommt. Lothe wollte kein Ferienkind haben, man hat ihr Tobias aufgedrückt – was die mürrische Frau ihn spüren lässt. Als Tobias in dem Haus einen verschlossenen Raum voller geheimnisvoller Kinderzeichnungen entdeckt, verbietet ihm Lothe noch einmal dort hineinzugehen.






‹Aber natürlich ist es so›, erklärt Lothe, ‹dass jemand, der ein Buch liest, die Geschichte in seinem Kopf zu seiner eigenen macht. Darum gibt es genauso viele Versionen einer Geschichte, wie es Menschen gibt, die sie gelesen haben.›





Auf seinen Stromereien durch die Gegend entdeckt Tobias eine weitere einsame Frau, die allerdings sehr freundlich mit ihm umgeht, in einem buten Blumenmeer lebt. So kommt er einem alten Rätsel um einen Leuchtturm und zwei unzertrennliche Freundinnen auf die Spur und er beginnt Lothe zu verstehen. Plötzlich findet es Tobias Lothes Umgebung spannend, forscht weiter, möchte den beiden Frauen helfen. Doch es ist gar nicht so einfach, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Tobias wird von seinen Eltern auf Land geschickt, weil Krieg in ihrem Land Krieg herrschte, ihr Zuhause wurde zerstört und das Essen ist rationiert. Wird er seine Erlebnisse hier vergessen können?





Hinter den dicken Steinwänden war kein Rauschen mehr zu hören, weder vom Meer noch vom Wind, und es fehlte mir bereits. Denn das Haus war viel zu still, als würde es die Stille regelrecht sammeln.


Wie immer schreibt Maja Lunde atmosphärisch und emotional. Die stimmungsvollen Illustrationen von Lisa Aisato sind wieder einmalig, sie unterstreichen den Text. Sie spielt gerne mit Licht, was den Aquarellen Tiefe gibt. Es heißt, dort wo die Kinder den Sommer verbringen, herrschte früher auch einmal Krieg. Immer wieder wabert das Thema im Hintergrund bedrohlich  – für Erwachsene verständlich, für ein Kinderbuch hat mir hier ein wenig Erklärung gefehlt. Da nimmt die Autorin ein Thema auf, lässt es einfach im Raum stehen ... Das Buch handelt von Freundschaft, Streit und Versöhnung, dass es sich lohnt, immer wieder aufeinander zuzugehen. Und es geht um Kriegstraumata, die niemals aus den Herzen verschwinden, auch wenn der Krieg längst vorbei ist. Ein Kinderbuch, das düster beginnt und eine Weile benötigt, um dem Lesenden aus der Finsternis herauszuführen. Ein Kinderbuch, das für mich die Unterstützung eines Erwachsenen benötigt, um es ganz zu verstehen. Mir persönlich hat «Die Sonnenwächterin» besser gefallen, aber das ist ja Geschmacksache. Der btb Verlag gibt keine Altersempfehlung, ich denke, das Buch wird unter Allage geführt. Von mir eine Empfehlung ab 12 Jahren. Ein emotionales Buch mit wundervollen Illustrationen. 





Maja Lunde wurde 1975 in Oslo geboren, wo sie mit ihrer Familie auch lebt. Sie war bereits eine bekannte Kinder- und Jugendbuchautorin, als ihr erster Erwachsenenroman, »Die Geschichte der Bienen«, international für Furore sorgte. Das Buch stand monatelang auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste und war der meistverkaufte Roman 2017. »Die Schneeschwester«, der erste Teil eines großen, durchgehend vierfarbig illustrierten Jahreszeitenquartetts für die ganze Familie, das sie zusammen mit der Illustratorin Lisa Aisato entwickelt, war ebenfalls ein großer internationaler Erfolg. Es folgten bei btb die Frühlingsgeschichte »Die Sonnenwächterin« und zuletzt die Sommergeschichte »Die Windmacherin«.

Lisa Aisato, 1981 geboren, ist eine gefeierte norwegische Illustratorin, Autorin, Künstlerin. Sie wurde nominiert für den Astrid Lindgren Memorial Award, den H.C. Andersen Award, den Brageprisen, den norwegischen Kritikerpreis und den Preis der Buchblogger. 2016 erhielt sie den Sørlandet Literaturpreis. Aisato lebt mit ihrer Familie auf einer südnorwegischen Insel, wo sie eine eigene Galerie betreibt. 2020 erschien von ihr sehr erfolgreich ihr Buch »Alle Farben des Lebens«.




Maja Lunde, Lisa Aisato
Die Windmacherin: Eine Sommergeschichte 
Originaltitel: Vindmakeren
Das Jahreszeiten-Quartett mit Illustrationen, Band 3
Aus dem Norwegischen übersetzt von Ina Kronenberger
Hardcover, 192 Seiten, 22.8 x 25 cm
Jugendbuch, norwegische Literatur
btb Verlag, 2025
Altersempfehlung: Allage, ab 12 Jahren von mir





Die Sonnenwächterin – Eine Frühlingsgeschichte von Maja Lunde und Lisa Aisato

Maja Lunde ist mit ihren Umwelt-Romanen bekannt geworden. Im Prinzip folgt sie mit diesem Märchen zum Klimawandel die Linie. Das Mädchen Lilja kann sich nicht an die Sonne erinnern, auch nicht an ihre Eltern, die lange verstorben sind. Sie lebt mit ihrem Großvater in einer Welt, in der es unaufhörlich regnet und in der es düster ist. Doch dann entdeckt sie das Geheimnis der verlorenen Sonne ... Das Buch besticht durch Lisa Aisatos ausdrucksstarke, großflächige Illustrationen! Nicht nur für etwas für Märchenfans ab 11 Jahren. 

Weiter zur Rezension:   Die Sonnenwächterin – Eine Frühlingsgeschichte von Maja Lunde und Lisa Aisato





Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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