Direkt zum Hauptbereich

Der Funke des Lebens von Jodi Picoult - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing


Der Funke des Lebens 


von Jodi Picoult


Ein New-York-Times-Bestseller Nr. 1 und ich habe den Roman ab der Mitte, nur noch quergelesen ... Dreimal angefangen – aber nicht gefangen. Es gibt wundervolle Bücher, die mit dem Ende beginnen und dann die Geschichte rückwärts aufwickeln, die Karten gut verteilen. Jodi Picoult hat aber ihre Munition gleich am Anfang verschossen und lief den Rest des langatmigen Romans mit leerem Magazin durch die Seiten. Es fing so gut an: Polizeiunterhändler Hugh McElroy wird zu einer Frauenklinik in Jackson, Mississippi, gerufen. Ein Amokläufer hatte dort herumgeschossen, anschließend Anwesende als Geiseln genommen. Als McElroy mit dem Geiselnehmer verhandelt, erhält er die Nachricht: Seine 15-jährige Tochter Wren befindet sich unter den Geiseln. McElroy schafft es, dass der Täter die Geiseln freilässt – bis auf Wren. Nun bietet sich der Polizist selbst im Austausch gegen die Tochter an, weil die Polizei das Gebäude stürmen will. Die Klinik ist eine Abtreibungsklinik – der Täter ein fanatischer Abtreibungsgegner. Zwei Väter, zwei Töchter. Verschiedene Lebenswege und Schicksale, Schicksalsschläge, die eine Einstellung prägen.


Klischeehaft und langweilig

Der Anfang war wirklich gut! Sehr amüsiert habe ich gelesen, wie die Autorin erklärt, dass verschiedene Religionen völlig verschiedene Angaben machen, ab wann das Leben beginnt: Mit dem Herzschlag, nach X Tagen, beim einen so, beim anderen so, für Mädchen später als für Jungen, oder gar erst mit der Geburt. Es liegt also daran, unter welchem religiösen Stern Frau geboren ist, bis wann sie eine Abtreibung vornehmen darf – oder eben gar nicht. Abtreibung und Religion ist in den USA sicher ein hochbrisantes Thema, das hier von vielen Seiten ausgeleuchtet wird. Ich hatte das Gefühl, die Fakten lagen bei der Autorin auf dem Tisch, mussten nun irgendwie in Figuren hineingehämmert werden, um eine Geschichte zu konstruieren. Ein Klischeemuster der Figuren, und auf Grund der Konstruktion und Langatmigkeit kam dabei ein recht fades Buch ohne Spannung heraus. Kennst du den Anfang, die ersten 100 Seiten, weißt du das Wichtigste. Der Rest wird dann 350 Seiten lang fettleibig aufgefüttert. Die Autorin springt auch enorm zwischen den neun Protagonisten hin und her, keiner von ihnen ist fassbar, es gibt keine Tiefe, obwohl der Roman ziemlich lang ist. Wirklich nervig ist es auch, dass zwischen dem Wechsel der Personen immer nur ein einfacher Absatz gemacht wird. Satz beendet und hey, denkt man sich, was ist das? Mal wieder bei einer anderen Person gelandet, irgendwo mittendrin in ihrem Lebenslauf. Wenn man es im Nachhinein bedenkt, ist dies keine Erzählung, sondern ein atemloses Gehüpfe zwischen Lebensläufen verschiedener Personen, das auch noch orientierungslos. Ich hatte auch das Gefühl, dass die Autorin in diesem Wirrwarr die eigenen Figuren nicht kennt, da sie manchmal widersprüchliche Positionen vertreten. Klar im Vordergrund steht das moralisch-ethische Abwägen einer Abtreibung, Gründe, die dafür oder dagegen sprechen – in den USA sicher ein wichtiges Thema. Ein gutes Sachbuch wäre hilfreicher gewesen. Fazit: Den Roman muss man nicht gelesen haben. Gibt Besseres zum Thema.


Jodi Picoult, geboren 1966 in New York, studierte in Princeton und Harvard. Seit 1992 schrieb sie mehr als zwanzig Romane, von denen viele auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste standen. Die Autorin versteht es meisterhaft, über ernste Themen unterhaltend zu schreiben. Sie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, wie etwa 2003 mit dem renommierten New England Book Award. Picoult lebt mit ihrem Mann in Hanover, New Hampshire.


Jodi Picoult 
Der Funke des Lebens
Originaltitel : A Spark of Light
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Elfriede Peschel
Roman, amerikanische Literatur, Gesellschaftsroman
448 Seiten
C. Bertelsmann, 2020



Sachbücher

Hier stelle ich Sachbücher vor, die im Prinzip nichts mit Fachliteratur zu tun haben. Eben Sachbücher jeder Art, die ein breites Publikum interessieren könnte.
Sachbücher



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

  Ein atmosphärisch dichter und spannender Schweden-Krimi von Hans Rosenfeldt, bekannter Krimiautor und Drehbuchautor (skandinavische TV-Serie «Die Brücke», britische Fernsehserie «Marcella» über Netflix) erwartet uns mit dem Auftakt einer neuen Serie. Die Erwartungen waren hoch. Rosenfeldt hat geliefert. Die Kleinstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze, wird zufällig zum Schauplatz eines Drogendeals. Wer hat die Drogen und das Geld, wer wird sie am Ende bekommen? Der einzige der durchblickt, ist der Leser – Dank Mehrperspektivität. Denn alle Protagonisten tappen im Dunkeln – wissen nichts voneinander. Ein komplexer und spannungsreicher Thriller! Weiter zur Rezension:    Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige . «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille , zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck  

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Die Lotsin von Mathijs Deen

  Was geschah auf dem Forschungsschiff? Kaum hat vor Helgoland eine Übung des niederländischen, deutschen und dänischen Grenzschutzes begonnen, geht bei der Küstenwache ein Notruf ein. Eine Klimaforscherin , die mit einem US-Forschungsschiff auf dem Weg von Grönland nach Kiel war, wird vermisst. Xander Rimbach , Ermittler der Bundespolizei See , geht an Bord. Zunächst weist alles auf einen Suizid hin. Rimbach drückt aber das Bauchgefühl, dass hier ordentlich gemauert wird. Irgendetwas stimmt nicht auf diesem Schiff. Ein literarischer Krimi, Kriminalliteratur vom Feinsten. Weiter zur Rezension:    Die Lotsin von Mathijs Deen