Direkt zum Hauptbereich

Aus der Vogelperspektive von Tim Birkhead und Catherine Rayner - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Aus der Vogelperspektive 


von Tim Birkhead und Catherine Rayner


Die Welt der Vögel steckt voll ungeahnter Talente! Manche Vögel legen außergewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag! Dieses Buch nimmt mit auf eine Reise rund um den Globus, zu gefiederten Meistertänzern, lauten Plappermäulern und begnadeten Schauspielern. Man erfährt, wie die Rothuhnmutter hungrige Füchse austrickst und die Schnepfe tagelang ohne Pause fliegen kann, dass der Honiganzeiger mit Menschen zusammenarbeitet, um an seine Leibspeise zu kommen, und vieles mehr. Ein Vogel ist eben nicht einfach ein Vogel. 



Der Anfang: 

Schließ die Augen, breite die Arme aus und stell dir vor, sie wären die weiten, majestetischen Schwingen eines Vogels. ...


Das Sachbilderbuch ist klasse, denn es stellt interessante Arten mit ihren Eigenarten dar. Wir lernen viel über verschiedene Verhaltensweisen und Charakteristika von Vögeln und welchem Zweck sie dienen. Genau darum ist es ein prima Kinderbuch für naturinteressierte Kinder. Was dem Buch nicht gelingt, ist, sich in einen Vogel hineinzuversetzen, mit seinem Blick die Welt zu sehen. «Du bist ein Vogel.» Es gibt hin und wieder die Aufforderung: «Stell dir vor ...». Aber das funktioniert nicht. Denn jeder Vogel wird als Sachtext vorgestellt: Der Lebensbereich wird abgebildet, die spezielle Eigenart der Vogels. «Der Vogel erzeugt einen Knall, indem er seine Flügel dreimal schnell an seinen Schwanzfedern reibt, so dass es klingt, als würde eine Pistole loslegen.» Sachtext. «Der kuriose Fettschwalm, auch Guácharo genannt, nistet in den stockfinsteren Höhlen Südamerikas ...» Alles prima beschrieben aus Menschensicht. Nur das Gefühl, sich in den speziellen Vogel hineinzuversetzen, bleibt außen vor. Dazu hätte man ein Du verwenden müssen und Emotionen: Du hörst, siehst ... du gibst schrille, kickende Laute von dir, um dich am Echo zu orientieren – in der Art. Sachinformation und sich gleichzeitig in etwas hineinzuversetzen, kann nicht funktionieren.



Aber das macht nichts. Und das nur am Rand, denn das sollte ja Ziel des Buchs sein. Das Ziel, die fantastische Artenvielfalt vorzustellen, ist gelungen. Und was würde vielleicht passieren, wenn das Kind vom Hochbett den fallenden Flug des Wanderfalken imitieren wollte ... Verspielte Raben, die im Winter den Berg hinunterrodeln, Aras, die gern Geräusche und Stimmen ihrer Umgebung imitieren, Schwäne, die ihr Gebietsrecht sehr ernst nehmen und verteidigen, Flötenkrähenstare (mal nachsprechen!), die in Australien jeden Morgen genau zehn Minuten lang im Chor singen, das Brüten der Pinguine, Enten mit dem Doppelblick, die feinen Ohren der Kauze, der magische Kompass des Rotkehlchens, warum heißt ein Vogel Honiganzeiger?, die gute Tarnung der Nester der Schwanzmeise – es gibt hier eine Menge zu entdecken. Der Ornithologe Tim Birkhead erklärt kindgerecht mit teils poetischen Einschüben die Vielfalt der Vogelwelt. Und Catherine Rayner hat in wundervollen Aquarellen das Kinderbuch illustriert. In warmen Naturtönen fängt sie die Vögl lebensnah ein. Der Hanser Verlag gibt eine Altersempfehlung ‎ ab 8 Jahren, das passt für mich. Ich denke, interessierte Kinder können ab 6 Jahren bereits etwas mit dem Stoff anfangen, der Text besitzt viel Empathie und ist einfach in der Tonalität gestaltet. Empfehlung!



Tim Birkhead ist ein international anerkannter Ornithologe, emeritierter Professor der University of Sheffield und Mitglied der Royal Society. Als Dozent und Autor wurde er bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem von der Zoological Society of London. Aus der Vogelperspektive (Hanser 2023; Illustrationen: Catherine Rayner) ist sein erstes Buch für jüngere Leserinnen und Leser.


Catherine Rayner ist eine preisgekrönte Autorin und Illustratorin. Sie studierte am Edinburgh College of Art und zeichnet Tiere, seit sie einen Stift halten kann. Ihre Kunstwerke stellt sie in Galerien auf der ganzen Welt aus.



Tim Birkhead, Catherine Rayner
Aus der Vogelperspektive
Originaltitel: ‎ What it’s Like to be a Bird
Aus dem Englischen übersetzt von Rita Gravert
Kinderbuch Sachkinderbuch, Sachbilderbuch, Ornithologie, Vogelkunde, Natur, Tierkunde
Hardcover, 48 Seiten, 24.8 x 31.2 cm
Carl Hanser Verlag, 2023
Altersempfehlung: ‎ ab 8 Jahren (von mir ab 6 Jahren)



Kinder- und Jugendbücher zum Thema Natur

Die Natur fasziniert uns jeden Tag auf Neue. Es gibt so viel zu lernen. Pflanzen, Tiere, Landschaften. Viele Orte, Pflanzen oder Tiere werden wir nie kennenlernen. Aber zum Glück gibt es Bücher, die uns die Schönheiten und Besonderheiten unserer Welt erklären und zeigen. Hier meine Tipps zu Kinder- und Jugendbüchern, die sich mit der Natur beschäftigen:   Kinder- und Jugendbücher zum Thema Natur


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger

  Als Drainting bezeichnet Felix Scheinberger die intuitive Kombination von Malen und Zeichnen. Damit hebt er die jahrhundertealte heute vollkommen unnötige Trennung zwischen Flächen malen und Linien zeichnen auf und verbindet das Beste aus beiden Welten. Früher machten wir einen Unterschied zwischen Zeichnen und Malen und damit fingen die Schwierigkeiten an. Wo es nämlich gar keine Umrisslinien gibt, gilt es, diese abstrakt zu (er)finden. Die intuitive Kombination aus Zeichnen (Drawing) und Malen (Painting) garantiert gute Ergebnisse und unendlichen Spaß! Eine gute Einführung erklärt das Knowhow und Grundsätzliches zum Malen und Zeichnen – gute Ideen, die man selbst umsetzen kann. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger 

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

  Gesprochen von Hans Jürgen Stockerl Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 12 Std. und 7 Min. Wir schreiben das Jahr 1683. Der junge Engländer Obediah Chalon, Spekulant, Händler und Filou, hat sich in London gerade mit der Investition von Nelken verspekuliert und eine Menge Leute um ihr Geld gebracht, das mit gefälschten Wechseln. Conrad de Grebber, Direktoriumsmitglied der Vereinigten Ostindischen Compagnie bietet Obediah  die Möglichkeit, der Todesstrafe zu entgehen: Er wird auf eine geheime Reise geschickt, um etwas zu stehlen: Kaffeepflanzen. Spannender Abenteuerroman rund um den Kaffee. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

Rezension - Lügen, die wir uns erzählen von Anne Freytag

  Helene hätte ihren Mann, Georg, verlassen können – damals – für Alex. Aber sie hat es nicht getan. Und jetzt hat ihr Mann sie verlassen – weil er sich in eine andere verliebt hat. ‹Es ist einfach passiert.›, sagt er, zieht bei Mariam ein. Aber vielleicht ist das Ende gar kein Ende? Vielleicht ist es ein Anfang für die Mittvierzigerin. Vielleicht ist sie gekränkt weil Georg einfach ging – eifersüchtig, eben auch, weil die Kinder diese junge Yogalehrerin mögen. Doch gleichzeitig ist sie jetzt frei – vielleicht für Alex, denn die beiden haben sich seit ihrer Studienzeit in Paris nie aus den Augen verloren. Eine verdammt gut geschriebene Familiengeschichte. Empfehlung!  Weiter zur Rezension:     Lügen, die wir uns erzählen von Anne Freytag

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Der Gott des Waldes von Liz Moore

Im August 1975 findet wie jedes Jahr ein Sommercamp in den Adirondack Mountains für Kinder und Jugendliche statt. Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje liegt, beginnt eine großangelegte Suche nach der 13-Jährigen. Barbara ist keine gewöhnliche Teilnehmerin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Viele Jahre zuvor verschwand hier der achtjährige Bear, ihr Bruder, der seit 14 Jahren vermisst wird. Hängen die Vermisstenfälle zusammen? Liz Moore zeigt mit ihrem literarischen Krimi ein Gesellschaftsbild, bei dem Frauen nichts zu sagen haben. Spannender Gesellschaftsroman, ein komplexer Kriminalroman. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Der Gott des Waldes von Liz Moore

Rezension - Detektivbüro LasseMaja – Das Weltraumgeheimnis von Martin Widmark und Helena Willis

  (Detektivbüro LasseMaja, Bd. 37)  Es gibt hochfliegende Pläne im Ort Valleby: Ein Astronaut macht mit seiner Raumkapsel in der Kleinstadt Station und will als Nächstes den Planeten Neptun ansteuern. Und laut tönt er, er suche Astronaut:innen, die ihn begleiten. Bewerber will er einem Astronauten-Test unterziehen, danach bestimmt er, wer mitfliegen darf! Natürlich benötigt er auch Spenden für sein Projekt. Die Detektiv:innen Lasse und Maja hören genau zu. Und bei dem, was der Mann so erzählt, kommt schnell der Verdacht, dass an der Geschichte etwas faul ist und der Typ ein Betrüger ist. Das teilen sie dem Dorfpolizisten mit – doch der hat gerade keine Zeit für sie. Ein Dieb geht um … Spannender, witziger Kinderkrimi ab 8 Jahren, Empfehlung!  Weiter zur Rezension:   Detektivbüro LasseMaja – Das Weltraumgeheimnis von Martin Widmark und Helena Willis 

Rezension - Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt

Bendix, der Häuptling des Keltendorfs Taigh, ist außer sich: Jemand hat seinen Honigtopf gestohlen! Lindis, der Ziehsohn der Dorfdruidin Kundra und dessen Freunde Finn und Veda wollen der Sache auf den Grund gehen. War der Dieb hinter der wertvollen Amphore her oder hinter deren speziellem Inhalt? War es einer der fahrenden Händler? Und dann ist auch noch die kleine Tochter der Sklavin verschwunden! Unter dem Vorwand, fischen gehen zu wollen, machen sich die drei Jugendlichen heimlich auf die Suche nach den Händlern und kommen dabei einem Geheimnis auf die Spur … Weiter zur Rezension:    Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt 

Rezension - Osso – Geschichte einer Freundschaft von Michele Serra und Alessandro Sanna

  Ein alter Mann lebt in einem Haus am Waldrand, mit Blick auf die Stadt. Eines Tages kommt ein hungriger Hund zum Haus, der sich nicht herantraut. Der Mann stellt Futter hin und geht zurück ins Haus. Jeden Tag kommt der Hund am Morgen und am Abend, und weil er so knochendürr ist, nennt der Mann ihn Osso, schließt den Streuner ins Herz. Eine wunderschön erzählt und illustrierte Geschichte über die Beziehung Mensch und Hund. Allage, ab 10 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Osso – Geschichte einer Freundschaft von Michele Serra und Alessandro Sanna