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Zum Greifen nah von Wallace Stroby - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Zum Greifen nah 


von Wallace Stroby


Der Anfang: Sara bremste und lenkte ihren Wagen an die Böschung. Was sie sah, schlug ihr gleich auf den Mage. Sieht gar nicht gut aus, dachte sie.

Deputy Sara Cross wohnt in der Kleinstadt Hopedale in Florida, beginnt ihre erste Nachtschicht seit neun Monaten. Dann bekommt sie die Funkansage: Cop hat in Notwehr einen Mann erschossen, auf dem einsamen Highway, auf dem sie unterwegs ist. Sie ist zuerst am Tatort. Der Polizist, der den farbigen 22-jährigen Derek Willis erschossen hat, ist ihr Exfreund. Im Kofferraum des Wagens vom Opfer findet sich eine ansehnliche Waffensammlung. Durch die Verkehrskontrolle geriet er scheinbar in Panik, stieg aus, zog seine Waffe – doch der Polizist Billy Flynn kam ihm zuvor. Kann so gewesen sein, denkt sich Sara. Aber andererseits drückt sie das Gefühl im Bauch, hier sei einiges faul. Dem Sheriff geht es nicht besser. Doch wenige Tage später wird der Fall seitens der ermittelnden Behörde zu den Akten gelegt: «Unvermeidliche Schüsse in Notwehr» Und weil die Frau des Opfers Sara ins Gewissen redet, stellt sie eigenständig Nachforschungen an.

Zwei Hauptprotagonisten parallel

Sind Sie versichert?›
‹Nein.›
‹Medicaid?›
‹Nein.›
‹Das ist natürlich ein Problem. Wenn wir erst einmal eine schlüssige Diagnose haben, gibt es eine ganze Palette von Behandlungsmethoden, die in Frage kämen.

Im Parallelstrang erfährt der Leser, dass Willis einer Gruppe haitianischer Drogendealer einen Batzen Geld nach Florida bringen sollte. Sein Chef, Mickey, im Norden der USA, sitzt bereits auf heißen Kohlen, er braucht Nachschub für die Kunden. Ohne Bezahlung keine Drogen! Er schäumt, will sein Geld zurückbekommen und sendet den Berufskiller Morgan nach Hopedale, ihm seine 350 Riesen zurückzubringen und die Mörder von Willis zu bestrafen. Mickey geht davon aus, dass die beiden Cops am Tatort zusammengearbeitet haben, doch ohne Tippgeber konnten sie das Versteck im Wagen nicht gefunden haben. Auch denen soll der Kopf weggeblasen werden. So ist auch Sara in Gefahr. Morgan ist ein Profi. Und er ist krebskrank. Hat er das gleiche im Sinn wie Mickey?

Ein intelligenter Plot, Spannung pur

Ich bin großer Fan der Crissa-Stone-Reihe von Wallace Stroby. Und wer Crissa liebt, wird auch diesen Hardboiled mögen. Klasse Charaktere, starke Frauen, so wie wir Wallace Stroby kennen. Action, ein intelligenter Plot, Spannung pur. Zeit nehmen – den Krimi legt man nicht aus der Hand! Man liebt die Protagonisten, ob gut oder böse – Wallace Stroby macht sie zu Menschen, gibt ihnen eine Identität, schafft eine emotionale Bindung zwischen Leser und Figur.


Wallace Stroby wurde 1960 geboren und wuchs südlich von New York in Ocean Grove auf. Er studierte Journalismus und Medienwissenschaften. Bei einer Zeitung arbeitet er als Polizeireporter. Stroby wurde mehrfach für seine Buch- und Filmkritiken ausgezeichnet. Seit 2003 veröffentlichte Stroby zahlreiche Romane, darunter 4 Crissa-Stone-Krimis, die auf Deutsch bei Pendragon erschienen sind.

Rezensionen zu weiteren Krimis von Wallace Stroby



Wallace Stroby
Zum Greifen nah
Krimi, Noirkrimi, Hardboiled
Originaltitel: Gone ‘Til November, 2009
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Bernd Gockel
Klappenbroschur, 355 Seiten
Pendragon Verlag, 2020

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