Rezension
von Sabine Ibing
StoryWorld
von Sabrina J. Kirschner
(Band 1) - Amulett der Tausend Wasser
Ich bin der Erschaffer von StoryWorld, der Geschichtenerzähler … denn er ist der Mächtigste dieser Welt, jener mit dem Wissen und der Vorstellungskraft, die Zukunft zu formen!
Wer wird in diesem Jahr den Lesewettbewerb im Internat gewinnen, wer hat die meisten Bücher gelesen? Zwei Mädchen – die ewigen Konkurrentinnen – doch Chloe gewinnt immer. In diesem Jahr aber ist Sascha die Siegerin; der Preis: Ein Ausflug in den brandneuen Erlebnispark StoryWorld. Sascha darf eine Person als Begleitung mitnehmen. Sie entscheidet sich für die unglückliche «Bücher-Barby», Chloe. Begleitet werden sie von dem arroganten Henry, über dem stets sein Falke schwebt. Nach einem turbulenten Flug erreichen die beiden den Park und eine unglaubliche Welt tut sich auf. Sascha muss ein Buch aus der Bibliothek ziehen, die leeren Seiten werden durch ihre Erlebnisse beschrieben werden. Ein Abenteuer erwartet die beiden, das sie sich so nicht vorgestellt hätten im «Reich der Tausend Wasser». Nixen und Drachen, unheimliche Nebel ...
Eine turbulente Fantasy-Geschichte mit Abenteuercharakter, spannend, gute Unterhaltung. Was ist neu, ein Alleinstellungsmerkmal? Eben nichts. Zwei Mädchen, die sich eigentlich mögen, die völlig verschieden sind, müssen sich zusammenraufen. Sascha, bodenständig, die einen sprechenden Wellensittich bei sich trägt, der sich gern in ihren Locken versteckt. Chloe, ein Modepüppchen, die in ihrer Umhängetasche stets einen kleinen Hund bei sich trägt. Würde man die Figur Henry und den Falken herausschreiben, würde sich rein gar nichts an der Geschichte ändern – er kommt kaum vor. Er trägt nichts zur Geschichte bei. Klar, er hatte den Nixen etwas geklaut, den Bösen übergeben, und die Mädchen kommen im Park dazu, wie die Nixen sich an ihm rächen wollen. Aber völlig deppisch und wehrlos lässt er alles mit sich machen, muss sich von den Mädchen retten lassen. Ich habe mich gefragt, zu welchem Zweck diese Figur eingesetzt wurde. Aus den Tieren hätte man in einer Fantasystory etwas war ausbauen können! Ein Falke, der am Himmel kreist, ein dummer Hund, der hin und wieder ausbüchst und ständig kläfft, ein Wellensittich, hin und wieder etwas ruft, mal «Achtung» oder «er kommt» – wenn alle es sehen, der nicht mal als Alarmanlage taugt. Da waren selbst bei Enid Blyton die Tiere schlauer, besser in die Geschichte integriert. Auch hier fragt sich der Sinn, sie einzubauen. Denn eigentlich sollte man alle Dinge und Personen streichen, die weder die Handlung vorantreiben, noch einen wichtigen Zweck erfüllen.
Nehmen wir uns das Setting vor: Wasserwelt, Lagune, ein Schiffswrack, Sirenengesänge, Muschelketten, ein Amulett, Nixen, ein Meeresdrache. Ein bisschen Homer, ein wenig Fluch der Karibik, bekannte Sagengestalten zusammengestellt – nichts Neues an Deck. Die Geschichte ist vorhersehbar, Strickmuster Heldenreise mit klischeehaften Charakteren. Das Ende hat mich verblüfft. Zack - Ende – alles gut, wieder zu Hause. So funktioniert Fantasy eigentlich nicht. Die Bösewichte bleiben hier im Hintergrund, es gibt keine Schlacht zu schlagen. Eine klitzekleine ... doch die Nixe holt mit dem Schwanz aus – klatsch – und der Drache gibt Pfötchen. Na ja. Nette spannende Unterhaltung, nichts das anzupreisen wäre.
Die Beschreibungen dieser Welt sind mit imaginären Bildern besetzt, das ist gelungen. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen. Das finde ich gut. So muss man sich nicht ärgern, dass man auf die Fortführung warten muss, bzw. auch keine Lust darauf hat. Natürlich ist das letzte Kapitel so angelegt, dass der Leser weiß, die Bösen werden sich nicht zufriedengeben – aber das wird dann ein neues Abenteuer sein. Die (meist) ganzseitigen Illustrationen von Melanie Korte sind im Disney-Stil gestaltet, und sie haben Potential, unterstreichen den Stil der Geschichte. Anfangs ist es ok, doch leider sind fast alle Illustrationen aus dem Park viel zu dunkel abgebildet. Ich denke nicht, dass die Originalvorlage so vorgelegen hat. Das ist schade; es nimmt den Bilden die Details und die Kraft. Der Wellensittich wirkt manchmal leider im Größenverhältnis zum Falken und seiner Optik wie ein Paradiesvogel; er hat Streufedern am Schwanz. Der Gezeichnete kann sich garantiert nicht in den Locken von Sascha verstecken. Der Loewe Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 9 Jahren; dem schließe ich mich an. Spannend ja, aber keine Entdeckung für mich; es wurde viel Potential vergeben.
Sabrina J. Kirschner wuchs am Fuße des Schwarzwalds auf – in Freiburg im Breisgau. Ihre Kindheit verbrachte sie spielend im Wald, im Heu einer Pferdebox oder hinter den Seiten eines Abenteuerromans. Sie besuchte ein echtes englisches Pferdeinternat und lebte viele Jahre im Herzen Londons. Neben BWL, Film und englischer Literatur studierte sie auch kreatives Schreiben. Heute verfasst sie erfolgreich Kinderromane und Drehbücher.
Melanie Korte wurde in Augsburg geboren. Die Liebe zum Zeichnen begleitet sie seit Kindestagen. Nach ihrem Abitur studierte sie Kommunikationsdesign in München, mit Schwerpunkt auf Illustration und Malerei. Im Anschluss daran war sie zunächst in einigen Agenturen als Werbeillustratorin tätig, später auch für die Spieleindustrie als Charakter- und Hintergrunddesignerin. Seit 2009 ist Melanie Korte als freiberufliche Illustratorin tätig.
Illustration: Melanie Korte
Kinderbuch, Kinderroman, Fantasy, Abenteuergeschichte
Hardcover, 272 Seiten
Loewe Verlag, 2022
Altersempfehlung: ab 9 Jahren
Kommentare
Kommentar veröffentlichen