Direkt zum Hauptbereich

Kesseltreiben von Dominique Manotti - Seiten

Rezension

von Sabine Ibing



Kesseltreiben 

von Dominique Manotti


Doch, ich verstehe sehr gut. In einem bestimmten Moment, wenn sich die Schläge häufen, unter dem immer schwerer häufenden Gewicht des Lebens, weiß man nicht mehr, dass man existiert, man verliert den Willen zu überleben.

Wir erinnern uns: Die Allstrom-Affäre. Frankreichs großer Energieriese wird von der US-General Electric, GE, übernommen. Man vermutete dahinter ein schmutziges Komplott, bei dem Geheimdienste ihre Finger im Spiel hatten. Die Betreffenden werden es uns nicht verraten. Dominique Manotti hat recherchiert und sich ihre eigenen Gedanken gemacht. Dabei ist ein hervorragender Wirtschaftskrimi entstanden. So ähnlich könnte es vielleicht gewesen sein … In diesem Roman schluckt die amerikanische Firma PE den französischen Riesen Orstam.

Ein Manager wird verhaftet - er ist sich keiner Schuld bewusst

Es gab zwar ein Rundschreiben, dass den Managern von Orstam rät, nicht in die USA einzureisen, aber das mag Francois Lamblin nicht abhalten, immer diese Übervorsichtigkeit … Er ist unbescholten und arbeitet für den größten französischen Hersteller von Turbinen und Kraftwerken, eine Weltfirma. Und schon klicken Handschellen am Einreiseschalter auf dem JKF-Airport. Lamblin hat keine Ahnung, worum es geht. - Aber Ludovic Castelvieux packt schnell seine Koffer, als er davon Wind bekommt. Er ist der windige Mittelsmann zwischen einer kanadischen Bank und der Mafia, der Geldwäscher der Bank. Er schafft es zwar auf die Grand Caymans zu gelangen, aber soeben wurde sein Konto gesperrt. In Paris sitzt jemand, der ihm helfen könnte, an seine Millionen zu gelangen. Auf nach Paris mit dem anderen Pass, er hat eine Adresse, muss sich in keinem Hotel anmelden.

Französisches Unternehmen, Indonesiengeschäft, was hat die amerikanische Justiz damit zu tun?‹
›Die Überweisungen wurden in Dollar getätigt. Deshalb hält sich die US-Justiz für zuständig.‹
›Und das nehmen wir so hin?‹
›Alle nehmen das hin. Vergessen Sie nicht, die Amerikaner haben den Krieg gewonnen. Weiter im Text. Niemand hier in Frankreich spricht über diese Verhaftung.

Einblick in weltweiten wirtschaftlichen Zusammenhänge

Diese beiden Fälle gehören letztendlich zusammen. Und nun kommt Commandant Noria Ghazali ins Spiel, die frisch in die Abteilung wirtschaftliche Sicherheit versetzt wurde. Ein Fach, in das sie sich einarbeiten muss. Sie muss sich durchfragen, recherchieren, und auf diesem Wege erhält auch der Leser Einblick in weltweiten wirtschaftlichen Zusammenhänge, Tricks. Ein Manager einer französischen Firma wurde in den USA verhaftet. Es gibt keine offizielle Anklage. Keine Sau interessiert sich dafür, niemand setzt sich für den Mann ein, nicht einmal seine eigene Firma, auch nicht die Diplomatie. Noria Ghazali steht vor einem Rätsel. Jeder um sie herum mauert. Wozu war sie früher beim Inlandsnachrichtendienst DCRI! Sie spricht bei ihrem alten Chef vor.

Der Capitaine, der sie empfängt, ist eisig. Als sie ihm mitteilt, dass sie mit der Festnahme und Inhaftierung von Lamblin, einem leitenden Angestellten von Orstam, in den USA befasst ist, und ihn fragt, ob er als nicht geheim klassifiziertes Material zu dem Fall hat, begnügt er sich damit, ihr mit einem schmalen Lächeln zu antworten: ›die Amerikaner sind heutzutage nicht unsere Hauptsorge. Und wir teilen unsere Erkenntnisse zu diesem Thema genauso wenig wie zu jedem anderen.‹
›nicht mal, wenn eine Abteilung der Police Nationale den Antrag stellt?‹
›nicht mal dann. Die Gesamtheit unserer Informationen ist als geheim klassifiziert. Sollten Sie denn unsere Betriebsvorschriften schon vergessen haben, Commandant Ghozali?

Es geht um Macht und Geld

Am Anfang legt Dominique Manotti ihre Spuren aus, kleine Abzweigungen und im Laufe der Geschichte werden alle Fäden fein zum Ganzen zusammengewoben. Korruption, Firmenspionage, Geheimdienst, hier hängt alles zusammen. Die Amerikaner haben die Franzosen über den Tisch gezogen, nicht das erste Mal. Es geht um Macht und Geld – Geld ist Macht, um Karriere, Sex und Drogen, Anerkennung. Es ist alles dabei im hohen Turm der Macht. Mitwisser werden Stück für Stück erledigt. Die Autorin ist genau und feingliedrig, gleichzeitig hoch spannend. Ihre Sprache ist wie immer nüchtern und direkt. Dominique Manotti schafft es, mit feinen Bildern und Dialogen Atmosphäre zu schaffen. Wer sich für Wirtschaftskrimis interessiert, nichts wie ran. Ich würde mich freuen, wenn dieser Stoff verfilmt würde.


Kommentare

  1. Ich mag ja generell deine Besprechungen, aber diese fand ich besonders faszinierend. Die Story muss ich mir besorgen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger

  Als Drainting bezeichnet Felix Scheinberger die intuitive Kombination von Malen und Zeichnen. Damit hebt er die jahrhundertealte heute vollkommen unnötige Trennung zwischen Flächen malen und Linien zeichnen auf und verbindet das Beste aus beiden Welten. Früher machten wir einen Unterschied zwischen Zeichnen und Malen und damit fingen die Schwierigkeiten an. Wo es nämlich gar keine Umrisslinien gibt, gilt es, diese abstrakt zu (er)finden. Die intuitive Kombination aus Zeichnen (Drawing) und Malen (Painting) garantiert gute Ergebnisse und unendlichen Spaß! Eine gute Einführung erklärt das Knowhow und Grundsätzliches zum Malen und Zeichnen – gute Ideen, die man selbst umsetzen kann. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger 

Rezension - Alt, fit, selbstbestimmt: Warum wir Alter ganz neu denken müssen von Lutz Karnauchow und Petra Thees

  Alter könnte so schön sein. Doch ältere Menschen werden in unserer Gesellschaft diskriminiert. Schlimmer noch, sie denken sich alt und grenzen sich selbst aus, sagen die Autor:innen. Das hat Folgen: Krankheit und Gebrechlichkeit im Alter gelten als normal. Altenpflege folgt daher dem Prinzip «satt, sauber, trocken». Und genau dieses Prinzip kritisieren Dr. Petra Thees und Lutz Karnauchow und gehen mit ihrem Ansatz neue Wege. Dieses Buch stellt einen neuen Blick auf das Alter vor - und ein radikal anderes Instrument in der Altenpflege. «Coaching statt Pflege» lautet die Formel für mehr Lebensglück im Alter. Ältere Menschen werden nicht nur versorgt, sondern systematisch gefördert. Das Ziel: ein selbstbestimmtes Leben. Bewegung, Physiotherapie und Sport statt herumsitzen! Ein interessantes Sachbuch, logisch in der Erklärung, ein mittlerweile erfolgreiches, erprobtes Konzept. Weiter zur Rezension:    Alt, fit, selbstbestimmt: Warum wir Alter ganz neu denken müssen von Lutz...

Rezension - Lügen, die wir uns erzählen von Anne Freytag

  Helene hätte ihren Mann, Georg, verlassen können – damals – für Alex. Aber sie hat es nicht getan. Und jetzt hat ihr Mann sie verlassen – weil er sich in eine andere verliebt hat. ‹Es ist einfach passiert.›, sagt er, zieht bei Mariam ein. Aber vielleicht ist das Ende gar kein Ende? Vielleicht ist es ein Anfang für die Mittvierzigerin. Vielleicht ist sie gekränkt weil Georg einfach ging – eifersüchtig, eben auch, weil die Kinder diese junge Yogalehrerin mögen. Doch gleichzeitig ist sie jetzt frei – vielleicht für Alex, denn die beiden haben sich seit ihrer Studienzeit in Paris nie aus den Augen verloren. Eine verdammt gut geschriebene Familiengeschichte. Empfehlung!  Weiter zur Rezension:     Lügen, die wir uns erzählen von Anne Freytag

Helisee - Der Ruf der Feenkönigin von Andreas Sommer

  Im 10. Jahrhundert gehört der westliche Teil der heutigen Schweiz zum Königreich Birgunt, erzählt uns diese Geschichte. Es ist eine wilde Gegend voller Wälder und Sümpfe, wo viele Menschen noch im Glauben an die alten Götter und Geister leben. Die Mauren greifen das Land an. Die Königin Bertha schützt das Land tapfer gegen räuberische Einfälle der mediterranen Mauren. Als der Hirtenjunge Ernestus, den die Leute im Dorf Erni nennen, einer ausgerissenen Ziege in den Wald folgt, überschreitet er unabsichtlich die Grenze des verrufenen Landstriches Nuithônia, dem Land der Feen. Seit Menschengedenken ist es verboten, dieses Gebiet am Fuß der Alpen zu betreten. Und er findet dort einen besonderen weißen Kiesel … Ein epischer Roman der High Fantasy, ein wenig Schweizer Sagenwelt, gut zu lesen. Weiter zur Rezension:    Der Ruf der Feenkönigin von Andreas Sommer

Rezension - Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

  Gesprochen von Hans Jürgen Stockerl Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 12 Std. und 7 Min. Wir schreiben das Jahr 1683. Der junge Engländer Obediah Chalon, Spekulant, Händler und Filou, hat sich in London gerade mit der Investition von Nelken verspekuliert und eine Menge Leute um ihr Geld gebracht, das mit gefälschten Wechseln. Conrad de Grebber, Direktoriumsmitglied der Vereinigten Ostindischen Compagnie bietet Obediah  die Möglichkeit, der Todesstrafe zu entgehen: Er wird auf eine geheime Reise geschickt, um etwas zu stehlen: Kaffeepflanzen. Spannender Abenteuerroman rund um den Kaffee. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

Rezension - Die Legende von John Grisham

  Die Schriftstellerin Mercer Mann wird auf ein Drama aufmerksam, das sich quasi direkt vor ihren Augen abspielt: Ein skrupelloses Bauunternehmen will eine verlassene Insel zwischen Florida und Georgia bebauen, ein Touristenparadies mit Hafen, Golfplatz, Spielcasino, Hotels, Villen, Apartmenthäusern – ein Luxusreservoir. Lovely Jackson, die letzte Bewohnerin der Insel hingegen behauptet, die Insel gehöre ihr, als letzte Nachfahrin der entflohenen Sklaven, die dort seit Jahrhunderten gelebt haben. Sie will das Naturparadies aufrechterhalten, die Gräber ihrer Vorfahren pflegen. Die Geschichte der Sklaverei, verbunden mit einem Gerichtsurteil im Jetzt. Kann man lesen, aber nicht der beste Grisham. Weiter zur Rezension:    Die Legende von John Grisham

Rezension - Der Gott des Waldes von Liz Moore

Im August 1975 findet wie jedes Jahr ein Sommercamp in den Adirondack Mountains für Kinder und Jugendliche statt. Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje liegt, beginnt eine großangelegte Suche nach der 13-Jährigen. Barbara ist keine gewöhnliche Teilnehmerin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Viele Jahre zuvor verschwand hier der achtjährige Bear, ihr Bruder, der seit 14 Jahren vermisst wird. Hängen die Vermisstenfälle zusammen? Liz Moore zeigt mit ihrem literarischen Krimi ein Gesellschaftsbild, bei dem Frauen nichts zu sagen haben. Spannender Gesellschaftsroman, ein komplexer Kriminalroman. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Der Gott des Waldes von Liz Moore

Rezension - Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt

Bendix, der Häuptling des Keltendorfs Taigh, ist außer sich: Jemand hat seinen Honigtopf gestohlen! Lindis, der Ziehsohn der Dorfdruidin Kundra und dessen Freunde Finn und Veda wollen der Sache auf den Grund gehen. War der Dieb hinter der wertvollen Amphore her oder hinter deren speziellem Inhalt? War es einer der fahrenden Händler? Und dann ist auch noch die kleine Tochter der Sklavin verschwunden! Unter dem Vorwand, fischen gehen zu wollen, machen sich die drei Jugendlichen heimlich auf die Suche nach den Händlern und kommen dabei einem Geheimnis auf die Spur … Weiter zur Rezension:    Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt