Direkt zum Hauptbereich

Indians! von Tibure Oger - Rezesion

Rezension

von Sabine Ibing



Indians! 


von Tibure Oger, Dominique Bertail, Benjamin Blasco-Martinez, Paul Gastine, Ralph Meyer, Christian Rossi, Ronan Toulhoat, Michel Blanc-Dumont, Hugues Labiano, Félix Meynet, Olivier Taduc, Corentin Rouge, Dimitri Armand, Derib, Emmanuel Bazin, Jef, Laurent Hirn

Der dunkle Schatten des weißen Mannes 


1922, irgendwo in Amerika. White Wolf, ein ehemaliger Häuptling der Chippewa, sitzt als Zirkusattraktion vor Publikum und erzählt aus seinen Erinnerungen. Es sind Geschichten aus einem langen Leben, das bald sein Ende finden wird. Geschichten aus 400 Jahren Kolonialismus, von einseitigen Kriegen und zweischneidigen Verträgen, von Heldenmut und von Habgier. Geschichten vom wackeren Kampf der First Nations gegen den Mord an ihrem Volk und von ihrer scheinbar unausweichlichen Niederlage. Tiburce Oger hat für «Indians!» sechzehn herausragende Künstlerinnen und Künstler der Neunten Kunst versammelt, um eine Chronik der Eroberung des Westens zwischen 1540 und 1889 zu erschaffen: Die bittere Kehrseite des amerikanischen Traums, die Auslöschung von Kulturen der indigenen Völker.





Es beginnt mit 1540 mit Francisco Vázquez de Coronado und der auf  Suche nach der legendären Stadt namens Cibola ist, die angeblich ganz aus Gold gemacht ist. Diese Stadt gibt es nicht. Das Dorf, das Cibola sein soll, wird von den Männen von Vázquez de Coronado aus Wut dem Erdboden gleich gemacht, die Bewohner massakriert. Jede der 16 Geschichten steht für sich selbst, im Thema und auch im Zeichenstil, wobei ein paar der Geschichten durch gleiche Figuren miteinander verbunden sind. 




Über allem kreist am Himmel der Adler, White Wolf. Verträge, die ihr Papier nicht wert sind, die von den Weißen gebrochen werden, Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben werden. Respektlosigkeit, Überheblichkeit der Weißen, Erniedrigung der Ureinwohner.  Die Bedeutung der Pferde und die der Büffel als Nahrungsgrundlage – sinnlos abgeschlachtet von den Siedlern. Angriffe auf Ureinwohner – Abschlachten. Angriffe auf weiße Soldaten; Stämme, die sich untereinander bekriegen, Stämme, die auf der Seite der Franzosen oder der Amerikaner gegen die Engländer kämpfen und umgekehrt. Der große Marsch, bei dem so viele Menschen starben, Reservate und Umerziehungsheime für Kinder als Schlussthema – eine breite Themenvielfalt ist hier angelegt. 



Szenen aus der Geschichtsschreibung, berühmte Namen. Eine Western-Anthologie aus der Sicht der Ureinwohner als Comic vorgelegt; Shortstorys, verpackt als Graphic Novels. Wir begegnen Tecumseh, dem späteren neunten US-Präsidenten William Henry Harrison, dem Indianer-Portraitmaler George Catlin, Geronimo, der Kriegerin Lozen. Die Stämme lernen die «Große Hunde» (die Pferde der Spanier) kennen, und für sich zu nutzen. Es gibt gute Begegnungen zwischen den Siedlern und den Stämmen, Mischehen, wir begegnen einem vermögenden Mestizen, der Baumwolle im großen Stil anbaut, Sklaven hält und seine Ländereien verlassen muss: Indianer müssen per Gesetz auf die andere Seite des Mississippi umziehen. White Wolf gab es wirklich, Häuptling John Smith, ein Chippewa, der in der Gegend von Cass Lake, Minnesota lebte. Es wird angenommen, dass er zwischen 1822 und 1826 geboren wurde und am 6. Februar 1922 starb. In einigen Quellen wird seine Geburt auf das Jahr 1780 datiert. Ein Comic, der ausgesprochen gute Zeichner vereint, gute geschichten, Historisches und eben die andere Seite der Besiedlung Amerikas schildert. Empfehlung!




Tiburce Oger, geboren 1967 in Paris, Trickfilmer, Comic-Autor und Zeichner, veröffentlichte zahlreiche Serien und Alben, zumeist im Fantasy-Genre, wohnt heute in Angoulême. Schon als Kind begeisterte er sich für Comics, machte seinen Abschluss in Kunst und spezialisierte sich auf dieses Medium an der Akademie in Angoulême, arbeitete dann als Zeichner in einem Comic-Studio. 1992 veröffentlichte er sein erstes Album mit dem Titel Gorn bei Vents d’Ouest. Zu seinen weiteren Serien gehören Damoiselle Gorge (1997), 9 têtes und Orull (1998), La Piste des ombres (2000), L’Auberge du bout du monde (2004), La Forêt (2007), Les Chevaliers d’Emeraude (2011) sowie weitere monografische Veröffentlichungen, darunter Canoë Bay, Buffalo runner und Ma guerre.






Tibure Oger, Dominique Bertail, Benjamin Blasco-Martinez, Paul Gastine, Ralph Meyer, Christian Rossi, Ronan Toulhoat, Michel Blanc-Dumont, Hugues Labiano, Félix Meynet, Olivier Taduc, Corentin Rouge, Dimitri Armand, Derib, Emmanuel Bazin, Jef, Laurent Hirn
Der dunkle Schatten des weißen Mannes 
Originaltitel: ‎ Indians!
Aus dem Französischen übersetzt vonTanja Krämling
Comic, Graphic Novel, Amerikanische Geschichte, Western-Anthologie, Französische Literatur
Hardcover, 120 Seiten, 23.2 x32.3 cm
Splitter-Verlag; 2024



Graphic Novel, Comic, Grafisches  

Für die Fans von Comis / Graphic Novels und sonstigem Gezeichneten, wie Satire. Hier auf dieser Seite zusammengefasst.  Alle Altersgruppen. Graphic Novel, Comic, Grafisches


Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

Aram Mattioli erzählt zum ersten Mal den langanhaltenden Widerstand der First Peoples in den USA - vom First Universal Races Congress (1911) über die Red Power-Ära und die Besetzung von Wounded Knee (1973) bis hin zu den Protesten gegen die Kolumbus-Feierlichkeiten (1992). Die American Indians waren dabei nie nur passive Opfer, sondern stellten sich dem übermächtigen Staat sowohl friedlich als auch militant entgegen.  Schwer verdaulich, wie die Native Americans noch im 20. Jahrhundert entrechtet und diskriminiert wurden. Empfehlung!

Weiter zur Rezension:   Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli


Unter dem Nordlicht von Manuel Menrath

«Wir wurden nicht in Kanada geboren, sondern Kanada wurde auf unserem Land geboren.», etwas, was der sogenannte Kanadier gern vergisst. Ab dem späten 15. Jahrhundert erreichten Europäer das heutige Gebiet des Staates, lebten friedlich in Gemeinschaft mit den Urvölkern zusammen, denn ohne Hilfe der Ureinwohner hätten die Siedler nicht überleben können. Später wurden sie mit den «Indian Act» entrechtet. Heute leben in Kanada noch viele First Nations, Métis und Inuit: «auf dem kanadischen Territorium 634 vom Staat anerkannte indianische ‹Stammesgemeinschaften›, die offiziell als First Nations bezeichnet werden und die etwa 3000 Reservate besitzen.» Die Völker werden von der restlichen Bevölkerung und von der Regierung kaum wahrgenommen, bzw. ignoriert. In diesem Sachbuch berichten sie über sich und ihre Geschichte. Empfehlung!

Weiter zur Rezension:   Unter dem Nordlicht von Manuel Menrath











Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor. ...

Rezension - Entführung im Drachenwald von Barbara van den Speulhof und Kurzi Shortriver

Theos bester Freund ist der Drache Kokolo, aber das darf keiner wissen. Denn Drachen gibt es ja gar nicht. Mitten in der Nacht klopft Kokolo an Theos Fensterscheibe: Sie müssen schnell etwas unternehmen denn der fiese Adler Malo hat eins der Babys von Tante Xenna Drachen entführt!  Werden sie noch rechtzeitig kommen? Lesenlernen mit einem Comic, kurze Texte, für Leseanfänger konzipiert. Eine spannende Graphic Novel ab 6 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Entführung im Drachenwald von Barbara van den Speulhof und Kurzi Shortriver

Rezension - Nur noch kurz ein kleiner Furz! von Jonny Leighton und Mike Byrne

Kinder lieben Pupsbücher! Wie ist das eigentlich mit den Tieren? Wie pupsen die? Auf einer urkomischen Reise durch das Reich der Flatulenz beobachten Elefant und Maus die unterschiedlichsten Fürze. Und so lernt die Maus, dass Pupsen die normalste Sache der Welt ist! Witzig gestaltet, den Text in Reimform gebracht, macht dieses Bilderbuch Spaß! Lustiges Bilderbuch ab 3 Jahren, Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Nur noch kurz ein kleiner Furz! von Jonny Leighton und Mike Byrne

Abbruch - Alles Gute von Eva Rossmann

  Alles Gute von Eva Rossmann Abbruch! Wir beide kamen nicht zusammen. Der Anfang konnte mich nicht begeistern, ich fühlte mich eher wie in einem Kochbuch, nicht wie in einem Krimi. Peter Gruber hat Eine App gegen die Spaltung der Gesellschaft geschrieben, «LISA wünscht ALLES GUTE», die Millionen User hat und damit ist er reich geworden, aber er hat den größten Teil in eine Stiftung gesteckt und etwas für seine Nichte bereitgelegt. Weil er sich bedroht fühlt, verabredet er sich mit der Journalistin Mira Valensky. Gruber erscheint nicht, ist plötzlich spurlos verschwunden. Freiwillig untergetaucht – wenn ja warum? Oder was immer auch passiert ist … Ich habe versucht, zu verstehen, was das für eine App ist. Man kann damit Menschen per Strichmännchen «Alles Gute» wünschen? Und damit soll Gruber Millionen verdienen, weil die User dafür bezahlen? Peter Gruber, ein ehemaliger Lehrer, der vor heutigen politischen Tendenzen warnt, die an die 1930er Jahre erinnern, plädiert für mehr Freundl...

Rezension - #Erstkontakt von Bruno Duhamel

  Doug, ein ehemaliger Fotograf lebt von der Öffentlichkeit zurückgezogen in den schottischen Highlands. Niemand liked seine Fotos, er ist frustriert, darum hat er seit 17 Monaten nichts veröffentlicht. Doch dann fotografiert er durch Zufall am See vor seiner Haustür ein seltsames Wesen – und teilt den Schnappschuss im sozialen Netzwerk «Twister». Danach geht er duschen, kommt zurück, kann es nicht fassen: «150.237 Personen haben auf ihren Post reagiert; 348.069 mal geteilt». Sofort bereut er seinen Post. Er ahnt, was nun geschehen wird, er hat Büchse die Pandora geöffnet … Ein herrlicher Comic, Graphic Novel, fast ein Cartoon, nimmt mit schwarzem Humor Social Media und Aktivist:innen diverser Gruppen auf die Schippe. Weiter zur Rezension:    #Erstkontakt von Bruno Duhamel

Rezension - Italien: Food. People. Stories von Haya Molcho & Söhne

  Haya Molcho begibt sich mit ihren Söhnen auf eine italienische Reise von Triest bis nach Sizilien, wobei sie lokale Produzent:innen und Köch:innen besuchen, die über die unterschiedlichsten Facetten der italienischen Kochkunst erzählen und uns ihre liebsten Rezepte verraten. Im zweiten Teil der kulinarischen Reise gibt es italenische Rezepte der Familie, typisch Neni. Levantinische Küche trifft auf italienische Originalrezepte; dabei auch traditionelle italienische Gerichte im Original. Reiseliteratur, Kulinarisches mit vielen Rezepten, Italienische Küche, Levante-Küche – Empfehlung. Weiter zur Rezension:   Italien: Food. People. Stories von Haya Molcho & Söhne

Rezension - Mäc Mief und die stinkbesonderen Unterhosen von Carola Becker, Ina Krabbe

  Wer hat die Superschaf-Unterhose geklaut? Finn ist sauer! Jemand hat seine stinkbesonderen Unterhosen von der Leine gestohlen. Sein Freund Mäc Mief muss den Dieb aufspüren, denkt sich Finn. Das schottische Schaf Mäc Mief liebt nichts mehr, als auf seiner Weide zu stehen und in Ruhe saftiges Gras zu fressen. Aber für seinen Lieblingsmenschen Finn geht die Spürnase auf die Suche. Gemeinsam mit seiner Freundin, Hütehund Bonnie, versuchen sie a la Sherlock Holms und Watson der Unterhosenbande auf die Spur zu kommen.  Weiter zur Rezension:    Mäc Mief und die stinkbesonderen Unterhosen von Carola Becker, Ina Krabbe

Rezension - Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

  Eine türkische Familiengeschichte, die mit der Urgroßmutter und der Großmutter einleitend beginnt. Die nächste Generation wandert nach Deutschland aus – das gelobte Land, wo Milch und Honig fließt. Der Traum, den viele «Gastarbeiter» träumten: Arbeiten, viel Geld verdienen, nach Hause zurückkehren und ein Haus bauen. Und dann wurden aus den Gästen Einwohner. In Deutschland die Türken – in der Türkei die Deutschen – entwurzelt, nirgendwo wirklich zu Hause. Eine Familie, die sich bemüht hat, sich zu integrieren. Ein Zwiegespräch zwischen Sohn und Mutter – zwei völlig verschiedene Generationen, aber auch eine Abrechnung mit der deutschen Gesellschaft und eine mit dem Heimatland und dem Machismo, mit der Erniedrigung der Frauen. Ein hervorragender Gesellschaftsroman, ein Bildungsroman über Migration, Rassismus und Misogynie – meine Empfehlung! Weiter zur Rezension:     Unser Deutschlandmärchen von Dincer Gücyeter

Rezension - Demon Copperhead von Barbara Kingsolver

  Gesprochen von Fabian Busch Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 20 Std. und 39 Min. Ein Trailer in den Wäldern Virginias. Das Land der Tabakfarmer und Schwarzbrenner, der «Hillbilly-Cadillac»-Stoßstangenaufkleber an rostigen Pickups, aufgegeben von sämtlichen Superhelden und dem Rest der Nation. Hier kommt Demon Copperhead zur Welt. Seine Teenie-Mutter ist frisch auf Entzug, der Vater tot. Ein starker Charakter mit großer Klappe und einem zähen Überlebenswillen schlägt sich durch: Er lebt in Armut mit einer Junkie-Mutter, ein gewalttätiger Stiefvater kommt dazu, es folgen Pflegefamilien mit Gewalt, Missbrauch, Kinderarbeit. Aufwärts geht es mit Comiczeichnen, Football; weiter geht es mit Drogensucht durch Oxi und Meth, erste Liebe und unermesslicher Verlust. Ein Bildungsroman, der berührt, kraftvoll erzählt. Empfehlung. Weiter zur Rezension:  Demon Copperhead von Barbara Kingsolver