Rezension
von Sabine Ibing
Ich habe das Recht, meinen Planeten zu schützen
von Alain Serres und Aurélia Fronty
Wenn wir auf die Welt kommen, macht sie uns ein riesiges Geschenk: Tiere und Pflanzen leben gemeinsam mit uns in einer Einheit. Ich habe das Recht, diese Artenvielfalt zu schützen, so drückt es dieses Kinderbuch aus. Es liegt mir am Herzen, dass wir sauberes Wasser haben und Ozeane ohne Plastikmüll. Ich habe das Recht, für die Umwelt zu protestieren. Und ich habe das Recht auf Hoffnung. Hoffnung auf eine Zukunft auf diesem blauen Planeten, unserer Erde. Wie können wir Kinder darin bestärken, dass ihr Einsatz für die Umwelt einen Unterschied macht?
Alain Serres erklärt, welche Rechte wir auf dieser Welt haben und welche die Welt hat. Luft, Sonne, Lichtregen sind für alle Lebewesen da, Gras für die Kühe, so viel sie wollen. So viele Tiere leben mit uns gemeinsam auf der Welt – und alle haben das Recht zu leben. Im folgenden beginnt jeder Absatz mit «Ich habe das Recht zu erfahren» … dass in Borneo Urwälder für Palmöl zerstört werden, damit der Lebensraum der Orang-Utans zerstört wird. Mit dem Öl der Palmen wird viel Geld verdienst und es wird für Kekse, Brotaufstriche und Duschgels verwendet. «Solche Kekse esse ich nicht.» Ich bin sehr für eine kindgerechte Aufklärung zum Umweltschutz, Artenschutz, Klimawandel usw. Aber das hier würde ich als schwarze Pädagogik bezeichnen. Hier wird dogmatisch mit dem Zeigefinger gewackelt, bis er blau wird. Du hast Rechte, also kümmere dich!, so die Message. Schreib an die Präsidenten dieser Welt, pflanze Blumen, die Bienen gefallen. Jedes Kind hat Recht auf Wasser, auch ein Wüstenkind.
«Ich habe das Recht, mit meinen Eltern zu schimpfen, wenn sie eine Plastikflasche in den Fluss schmeißen wollen.» Immer wieder diese völlig irritierende Aussage! Kaum jemand in unseren Breiten, schmeißt Plastikflaschen ins Wasser. Das Hauptproblem ist Mikroplastik, und Autoreifen sind der Hauptverursacher der Meeresverschmutzung, ebenso unsere Bekleidung und Kosmetik. Das Makroplastik stammt meist von Deponien aus küstennahen Städten, Plastik das vom Wind ins Wasser geweht wird (meist Asien, wo unser europäischer Plastikmüll gesammelt wird); dazu kommt der Müll aus der Fischerei und der Kreuzfahrt. Somit wird hier auf die falsche Stelle hingewiesen. Weniger Plastik – korrekt. Das Recht auf Lebensmittel, die ohne Schädlingsbekämpfung und Kunstdünger hergestellt werden. In diesem Stil geht es weiter. Ein geschützter Planet für alle; Mitbestimmung beim Einkauf für Kinder; das Klima ist durcheinander, weil es Autos gibt und einiges mehr. «Ich habe das Recht, die Wahrheit zu erfahren!» Dafür bin ich immer. Auch Kindern die Wahrheit zu erklären, sie nicht in Watte zu packen. Alain Serres macht sich das ziemlich einfach – aber die Wahrheit ist kompliziert. Manches, was hier behauptet wird, ist nur im Ansatz richtig, die wahren Probleme liegen ganz woanders. Eine andere Wahrheit ist, dass es eine große Lobby der Gegenwehr gibt.
Ich habe das Recht, ziemlich viel zu fordern, wir leben ja in einer Demokratie. Doch etwas durchzusetzen, andere zu überzeugen, das ist letztendlich die Kunst. Genau das ist es, was Kinder lernen müssen. Hier werden leider nur Rechte erklärt, nicht das Dilemma, sie auch durchsetzen zu können. Das verstehen auch kleine Kinder, wenn man es richtig erklärt aus dem eigenen Lebensbereich. Eine weitere Wahrheit ist, dass es heute mehr Diktaturen als Demokratien gibt – Länder, in denen Fordern der Tod bedeutet. Die Welt ist kompliziert und dieses Kinderbuch ist naiv, spricht viel zu viele Themen auf einmal an, ist inhaltlich nicht immer korrekt; und was nervt ist der wackelnde Zeigefinger. Das Buch ist mit Leidenschaft für eine bessere Welt geschrieben und nett gedacht, aber pädagogisch fällt es bei mir durch. Der NordSüd Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 4 Jahren. Das passt. Die Illustration von Aurélia Fronty ist sehr gut gelungen. Im Aquarellstil, mit frischen Farben gearbeitet, macht das Bilderbuch Spaß, sich anzuschauen.
Alain Serres wurde in Biarritz, Frankreich, geboren. Er arbeitete als Grundschullehrer, bevor er 1996 den Kinderbuchverlag Rue du Monde gründete. Er ist Autor diverser Kinder- und Jugendbücher. Für Erwachsene schreibt er Gedichte, Lieder und Theaterstücke. Besonders am Herzen liegen ihm Themen wie Rassismus und Kinderrechte.
Aurélia Fronty geboren in der Nähe von Paris, hat sich an der Hochschule für angewandte Kunst in Paris auf Textildesign spezialisiert. Nach ihrem Abschluss hat sie für namhafte Pariser Modehäuser gearbeitet, parallel jedoch ihre persönlichen Arbeiten ausgestellt. Mehr und mehr illustriert sie auch Bücher. Inspirieren lässt sich Fronty vor allem von ihren Reisen durch Indonesien, Afrika, Spanien, Ägypten, Bolivien und Peru.
Ich habe das Recht, meinen Planeten zu schützen
Übersetzt aus dem Französischen von Thomas Bodmer
Kinderbuch, Bilderbuch, Umweltschutz, Kinder- und JUgendliteratur
Hardcover, 40 Seiten
NordSüd Verlag, 2024
Altersempfehlung: ab 4 Jahren
Kinder- und Jugendliteratur
Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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