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Drei Ziegenböcke namens Zack von Mac Barnett und Jon Klassen - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Drei Ziegenböcke namens Zack 


von Mac Barnett und Jon Klassen


In letzter Zeit hatte er nichts gefressen außer einem Stiefel und Zeugs aus seinem Bauchnabel. Man kann sagen: Ihm knurrte der Magen.


Und sag nach diesem Bilderbuch bloß nie mehr blöde Ziege! Die Geschichte von einem, der nie genug kriegen konnte: Unter einer Brücke lebt ein hungriger Troll und wartet auf leckere Beute. Da hört er ein vielversprechendes «Klapperklapper, trappeltrappel». Eine kleine Ziege möchte die Brücke zu überqueren. Dem Troll läuft das Wasser im Mund zusammen. Doch die kleine Ziege kann den Fiesling überzeugen, dass er besser auf seinen großen Bruder warte; an dem sei mehr Fleisch dran. Der zweite Ziegenbock stellt dem Troll ein NOCH größeres Festmahl in Form des dritten Bruders in Aussicht. Doch der dritte Ziegenbock – nun, der ist wirklich SEHR groß!


Ziege am Spieß, 
gedämpft mit Grieß …
(Den Grieß lassen wir beiseite, 
bei Grieß suche ich sofort das Weite)
… Ziegenkopfsülze, Ziegenauflauf -
Du kleine Ziege, ich fress dich auf.



So fabuliert der hungrige Troll, der in Schlamm, Schutt und Müll lebt, sich derzeit vom Dreck aus seinem Bauchnabel ernährt. Er träumt die Speisekarte eine Weile rauf und runter, während ihm das Wasser im Mund zusammenläuft, als die Ziege über ihm trappelt. Das listige Zicklein weiß sich zu verkaufen, klein und abgemagert wäre es kein gutes Fressen. Was, wenn der Troll viel mehr haben könnte? Wir wissen bereits seit dem Fischer und seiner Frau, dass es im Unglück endet, wenn einer den Hals nicht voll genug bekommt … Parallel zu den Brüdern Grimm sammelten in Norwegen Peter Christen und Jørgen Engebretsen Moe landauf und landab Volksmärchen, die 1841 veröffentlicht wurden. Die Fabel ist schnell erzählt; auf das Wie kommt es an! Mac Barnett präsentiert dieses norwegische Märchen mit schelmischem Vergnügen. Gleich am Anfang schüttelt es den Lesenden, wenn der sich den Troll vorstellt im Dreck, wie er sein Ohrschmalz vertilgt. 



Feine Lesepausen sind durch Absätze eingeflochten, und kommt der Troll zu Wort, so spricht er in Reimform. Zwischen Schauder und Witz empfinden wir tiefe Abscheu vor diesem Wesen. Und wir freuen uns um so mehr, wenn die Ziegen es schaffen, den Troll über das Ohr zu hauen. Jon Klassen gibt den passenden Federstrich. Seine Grafiken im Aquarellstil bringen es auf den Punkt. Von der Totale zoomt er in die Nahaufnahmen, ins insmedium shot bis ins Detail des extreme close-up. Die dümmlichen Augen des Trolls glotzen dich an, oder man sieht den Teilausschnitt eines riesigen behaarten Ziegenbeins. Jon Klassen steigt atmosphärisch stilecht in die Szenerie ein, und so ergänzen sich Bild und Text zu einer Einheit. Die Märchenadaption ist gelungen! Ein riesiger Grusel-Spaß für Kind und für den Vorlesenden. Der Nord Süd Verlag gibt eine Altersempfehlung: ab 5 Jahren. Ich denke, ab 4 Jahren passt auch schon. Empfehlung.



Mac Barnett ist ein mehrfach preisgekrönter Kinderbuchautor, der u. a. auch als Lehrer gearbeitet und einen Supermarkt für Zeitreisende gegründet hat. Für die von Jon Klassen illustrierte Bilderbuch-Trilogie »Dreieck Quadrat Kreis« gewann er 2020 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Mac Barnett lebt in Berkeley, Kalifornien.

Jon Klassen stammt aus Ontario, Kanada. Sein Bilderbuch »Wo ist mein Hut« wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt und gewann 2013 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch. Diesen Erfolg wiederholte er mit seiner Bilderbuch-Trilogie »Dreieck Quadrat Kreis« 2020. Jon Klassen lebt in Los Angeles.



Mac Barnett, Jon Klassen
Drei Ziegenböcke namens Zack
Originaltitel: The Tree Billy Goats Gruff
Übersetzt aus dem Englischen von Thomas Bodmer
Bilderbuch, Kinderbuch, Fabel, Legende, Märchen, Englische Literatur, Kinder- und Jugendliteratur
Hardcover, 48 Seiten 21,5 × 28 cm
Nord Süd Verlag, 2023
Altersempfehlung: ab 5 Jahren








Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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