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Drachenreiter - Der Fluch der Aurelia von Cornelia Funke - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Drachenreiter - Der Fluch der Aurelia 


von Cornelia Funke


Der Anfang: 

In Neuseeland ist der Januar ein Sommermonat, doch der Morgen war kühl und frisch, und Guinever Wiesengrund entdeckte elf Tauelfen, während sie ihrem Vater zu dem Boot folgte, das sie beide auf die Bucht hinausbringen sollte. Tauelfen liebten kühles Wetter. Sie hatten sich natürlich gut getarnt, wie alle Fabelwesen, und Guinever war ziemlich sicher, dass niemand sonst die winzigen Elfen bemerkte – weder die Männer, die ihre Boote am Kai beluden, noch die drei Angler, die nebeneinander auf dem Holzsteg saßen und ihre Leinen ins Wasser baumeln ließen.


Endlich ein neues Abenteuer mit Drachenreiter Ben und seinen Gefährten. Guinever macht mit ihrem Vater auf dem Weg ins Himalayagebirge einen Abstecher nach Neuseeland. Der Vater, Barnabas, bringt kleine Bläulinge vorbei, die helfen sollen, die Vögel vor den Opossums zu schützen. Viel lieber wäre es Guinever allerdings jetzt bei ihrem Bruder Ben, dem Drachenreiter am Saum des Himmels zu sein – gerade waren dreizehn neue Drachen geboren. Irgendwas geht vor auf der Welt, denn Barnabas und Kahurangi Ngata sind beunruhigt. Es geht um eine alte Geschichte der Māori, aber Barnabas will erst weitere Informationen sammeln, bevor er den Kindern von seinem Verdacht etwas erzählt.





Guinever und Barnabas waren eigentlich auf dem Weg zum Himalaja, um dort ihren Bruder Ben und dreizehn frisch geborene Drachen zu besuchen. Den Abstecher nach Neuseeland hatte Barnabas bislang nur sehr vage erklärt, doch Guinever war so betört von all der Schönheit, die sie umgab, dass sie nicht weiter nachfragte. Neuseeland war schon immer ein Ort gewesen, an den sie gern hatte reisen wollen. Aber während Kahurangi Ngata das Boot durch ein Archipel aus Inseln steuerte, die wie moosbewachsene Schildkröten aus dem glasklaren Wasser ragten, fragte sie sich langsam doch, was der Zweck dieses Ausflugs war.


Aber die neugierigen Kinder sind nicht untätig. Einen Satz hatte Guinever aufgeschnappt: «Vier, um sie anzukündigen, vier, um sie zu empfangen.» Ben und Fliegenbein forschen nach den alten Mythen: Schwärme von Seevögeln kündigen ein riesiges Fabelwesen an, das aus den Tiefen des Ozeans an der Küste Kaliforniens emporsteigt: die Aurelia. Es wird vier kostbare Samenkapseln mitbringen, die von den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft entgegengenommen werden müssen. Sie sollen die Saat der Aurelia säen. Wird diese Übergabe gestört oder die Riesenqualle Aurelia bedroht, würde sie das Meer in Brand setzen, und sämtliche Fabelwesen mit sich ziehen, die dann von der Erde verschwinden würden. Und dann ist es klar, die Aurelia ist unterwegs. Familie Wiesengrund und all ihre Freunde machen sich auf nach Kalifornien, um die Aurelia zu beschützen. Besonders Barnabas fühlt sich verantwortlich, da er vor Jahren einem Schurken die Geheimnisse der Fabelwesen verraten hatte, damals noch sein Freund. Und genau dieser Cadoc Aalstrom hat es auf die Aurelia abgesehen…


Dürfen wir aus Gier andere Lebewesen verletzen? Dürfen wir den Schmerz und die Verzweiflung anderer Geschöpfe in Kauf nehmen, damit wir uns bereichern können oder ein bequemes Leben haben? Nein!



Die Geschichte ist multiperspektiv geschrieben, die Kinder sind dieses Mal eher Randfiguren, die Erwachsenen stehen im Mittelpunkt. Guinever und ihre Mutter besetzen mit Freunden die Unterwasserwelt, der Vater agiert mit Ben und seinen Drachenfreunden von Land aus. Die Perspektive wechselt bis hin zum Bösewicht, wir steigen auch in die Gedankenwelt der Charaktere eine. Ein spannendes Fantasyabenteuer, in der wir eine Menge an Fabelwesen kennenlernen. Als Hilfe dient am Ende ein Glossar, bei dem die Figuren erklärt werden. Fantasievoll zusammengestrickt, ist dies endlich mal wieder ein Highlight in der Fantasy-Kinder- und Jugendliteratur! Der Originaltitel « Friendship, Love and Truth» fasst zusammen, worum es hier geht. Wenn wir alle zusammenhalten, können wir es schaffen. Jedes Wesen hat seine Stärken; Muskeln und Größe sind nicht immer nützlich. Natürlich steckt nicht nur die Message «rettet die Fantasie» dahinter, sondern auch ein globales Problem, das uns alle angeht: Eine Menge Tier- und Pflanzenarten auf dieser Welt stehen vor dem Aussterben. Wir alle können etwas dagegen tun! Diesen 3. Teil kann man unabhängig von den Vorgängern lesen, da es sich um eine abgeschlossene Geschichte handelt. Gut ausgereifte Figuren, eine spannende Geschichte mit Tiefgang bis zur letzten Seite. Was will man mehr? Die Illustrationen stammen ebenso von Cornelia Funke. Der Dressler Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 10 Jahren. Passt – aber klar, die Eltern und Großeltern werden ebenfalls ihren Spaß haben!



Cornelia Funke ist die international erfolgreichste und bekannteste deutsche Kinderbuchautorin. Heute lebt sie in Volterra, Italien, doch ihre Karriere als Autorin und Illustratorin begann in Hamburg. Nach einer Ausbildung zur Diplom-Pädagogin und einem anschließenden Grafik-Studium arbeitete sie als freischaffende Kinderbuchillustratorin. Da ihr die Geschichten, die sie bebilderte, nicht immer gefielen, fing sie selbst an zu schreiben. Zu ihren großen Erfolgen zählen die «Drachenreiter»-Romane, die Reihe «Die Wilden Hühner» und «Herr der Diebe», mit dem sich Cornelia Funke auch international durchsetzte. Mit ihrer Tintenwelt-Trilogie und der aktuellen Spiegelwelt-Serie eroberte Cornelia Funke weltweit die Bestsellerlisten. Über 60 Bücher hat Cornelia Funke mittlerweile geschrieben, die in mehr als 50 Sprachen erschienen sind. Zahlreiche Titel wie z.B. «Hände weg von Mississippi», «Herr der Diebe», «Die Wilden Hühner» und «Tintenherz» wurden verfilmt. Aber auch in Preisen und zahlreichen Auszeichnungen spiegeln sich ihre Beliebtheit und ihr Einfluss wider.



Cornelia Funke 
Drachenreiter. Der Fluch der Aurelia 
Originaltitel: Friendship, Love and Truth, 2021
Übersetzung aus dem Englischen von Tobias Schnettler
Fantasy, Abenteuerroman, Kinderbuch, Kinder- und Jugendliteratur, Fabelwesen, Kinderroman
Gebunden, 432 Seiten
Dressler Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 10 Jahren


Die anderen Bände:

Drachenreiter (1)

Drachenreiter. Die Feder eines Greifs (2)






Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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Hier bin ich leider in letzter Zeit etwas ratlos. In dieser Rubrik wird wenig auftauchen. Leider habe ich das Gefühl, dass hier keine neuen Ideen kommen. Ich mag nicht immer wieder das gleiche Buch in Abwandlung lesen ... Aber auch hier lasse ich mich gern überraschen. Meist findet man unter den Dystopien doch mal was Neues.
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