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Die Mutter von Melba Escobar - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing






Die Mutter 


von Melba Escobar


Mama, ich werde gesucht. Mama, auf was habe ich mich da bloß eingelassen? In was wurde ich da reingezogen? Ich muss verschwinden. Jetzt sofort, ich habe keine Zeit. Sie werden mich so lange beschützen. Mach dir keine Sorgen. Du darfst nur nichts sagen.

Celia hört in den Nachrichten im Radio, dass in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá ein Sprengstoffanschlag auf ein Luxus-Kaufhaus verübt worden ist, und sie bekommt ein beklemmendes Gefühl. Ihr Sohn Pedro hatte ihr gesagt, dass er dorthin wolle. Cecilias Sohn, der Soziologie-Student Pedro, ist verschwunden. Ist er unter den Opfern oder hat er etwas mit dem Anschlag zu tun? Cecilia geht zurück in ihren Erinnerungen zu ihrer großen Liebe, ihrem Mann Rayo, zu seinem Tod, zu seiner Familie. Pedro hatte den Vater, den er nie kennenlernte, heroisiert als Klassenkämpfer, wie auch seinen Onkel, den er eigentlich kaum kannte: Sie kämpften für die gerechte Sache – so Pedro. Celia geht der quälenden Frage, ob es möglich ist, sich politisch herauszuhalten in dem von inneren Kämpfen zerrissenen Land. War Pedro an dem Anschlag beteiligt, Pedro, für den Cecilia sich immer nur ein Leben in Frieden und Freiheit gewünscht hat?


Zwiegespräch einer Mutter


Oder finden Sie es normal, dass es bei uns keine Gewerkschaften gibt? Dass die meisten Beschäftigten wie Vieh für einen miserablen Lohn schuften müssen? Und die Bauern machtlos den Bonzen ausgeliefert sind, die sie nach Lust und Laune ausbeuten?

Seit Ende der 1964 herrscht in Kolumbien Bürgerkrieg, bei dem viele Guerillagruppen und paramilitärische Banden um die Vormachtstellung kämpfen, wie die ELN-Guerilla, rechte Paramilitärs, Verbrechersyndikate, die mit mexikanischen Drogenkartellen verbunden sind, aber auch ehemalige FARC-Kämpfer (diese ehemals große Guerillagruppe hatte 2016 Frieden mit der Regierung geschlossen), die sich wieder be- oder nie entwaffnet haben. Die Armut ist groß und natürlich ist die Angst vor Gewalt allgegenwärtig. Celia berichtet in der Ich-Form, hält Zwiegespräch mit Rayo, Pedros Vater, der ein unbekümmerter Macho war, erzählt, was ihr durch den Kopf geht – getrieben von Angst. Hier finde ich den Originaltitel wesentlich besser: La mujer que hablaba sola – Die Mutter, die mit sich selbst sprach. Sie gesteht ihre Lebenslügen und falschen Entscheidungen. Was wäre gewesen, wenn sie Pedro die Wahrheit erzählt hätte? Und was ist mit Manuel, mit dem Celia seit einer Weile leiert ist? Ist er ein Spitzel? Zum Ende erfahren wir die wahren Gründe über den von Tod Reyo. Linke Guerillagruppen oder rechte Paramilitärs, Drogenkartelle, Bandenkriege, Gewalt steht auf der Tagesordnung, und die Armut ist für viele Menschen ein weiteres Dilemma. Dies ist die Geschichte einer mutigen Frau, die sich den Gespenstern der Vergangenheit und den Widrigkeiten des Schicksals entgegenstellt. Ein zeitgenössischer Roman, der sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Kolumbien spiegelt. Empfehlung!


Melba Escobar, geboren 1976 in Kolumbien, schreibt regelmäßig für die Zeitungen El País und El Espectador. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin hat sie bislang fünf Romane und zwei Sachbücher verfasst. »Die Kosmetikerin« wurde als bester Roman 2016 mit dem kolumbianischen Premio Nacional de Novela ausgezeichnet. Zudem arbeitet Melba Escobar an mehreren Literaturprojekten für Kinder mit. Sie lebt mit ihrer Familie in Bogotá.



Melba Escobar 
Die Mutter
Originaltitel: La mujer que hablaba sola
Aus dem kolumbianischen Spanisch übersetzt von Sybille Martin
Zeitgenössische Literatur, Kolumbien, Kolumbianische Literatur
Taschenbuch, 256 Seiten 
Heyne Verlag, 2023





Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
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