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Die Gesetzlose von Anna North - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Die Gesetzlose 


von Anna North

Gesprochen von: Giuliana Jakobeit
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 8 Std. und 47 Min.


Der Anfang: 

Im Jahr des Herrn 1894 wurde ich zur Gesetzlosen. Wie so vieles im Leben geschah auch das nicht von heute auf morgen.

Zunächst einmal musste ich heiraten. Am Tag meiner Hochzeit fühlte ich mich wie ein Glückskind. Ich war siebzehn und nicht die erste Braut in meiner Schulklasse, aber immerhin war ich eine Braut, und mein Ehemann ein hübscher Junge aus gutem Hause.


1894, im Wilden Westen: Nach einer Grippewelle herrscht Unfruchtbarkeit – die Zusammenhänge sind den Menschen aber nicht klar – doch klar ist: die Frauen sind schuld und die Hexen. Frauen hatten die Pflicht, zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen. Als die siebzehnjährige Ada nach der Hochzeit nicht schwanger wird, versucht sie es mit einem Trick, zu den ihr die Mutter geraten hat: Sie trifft sich heimlich mit einem anderen Mann, rein zur Begattung. Die Mutter ist Hebamme, hat ihr alles beigebracht, was man über Geburten wissen muss und dazu andere medizinische Fertigkeiten. Als herauskommt, was Ada treibt, wird verdächtigt, mit einem Fluch belegt zu sein. Und als es im Ort auch noch zu Fehlgeburten und tot geborenen Kindern kommt, die man ihr wahrscheinlich in die Schuhe schieben wird, schickt die Mutter sie fort. Sie kommt in ein Kloster, wo sie in Sicherheit ist, und sie möchte herausfinden, warum manche Frauen unfruchtbar sind, liest viele Bücher zum Thema. Sie wird nun per Steckbrief gesucht, angeklagt wegen Hexerei.


›Jetzt gibt es nur noch eine Lösung›, sagte meine Mutter. ‹Du musst mit einem anderen schlafen.›

In der Hälfte der Fälle, erklärte sie, liege das Problem beim Mann.

Ich war schockiert. Mrs Spencer hatte uns immer erzählt, die meisten Paare bekämen deswegen kein Kind, weil die Frau ihrem Ehemann nicht oft genug beiwohnte, oder weil sie zu beten vergaß. Eine Frau, die ihre Pflichten gegenüber dem Ehemann und dem Jesuskind vernachlässigte, sei höchstwahrscheinlich von einer Hexe verflucht worden – für gewöhnlich von einer Frau, die selbst unfruchtbar war und andere mit ihrem Leid anstecken wollte.

 

Auf dem Weg zur Geächteten 

Ada muss sich entschließen, Nonne zu werden – doch so ganz passt das nicht zu ihrer Persönlichkeit. Die Oberin hat Verständnis, gibt ihr eine Adresse, an die sie sich wenden soll. So gelangt sie zur «Hole in the Wall-Gang». Die Gesetzlosen sind zunächst skeptisch, aber Adas medizinische Kenntnisse können sie gebrauchen. Der berüchtigte Kid führt die Geächteten an – doch zum Erstaunen von Ada handelt es sich bei der Bande um Frauen, die sich als Männer verkleiden: Frauen, die keine Kinder bekommen können und Lesben.


Western aus der Perspektive von Frauen

Spannung und gute Unterhaltung! Interessant, was Ada in den Büchern findet, angefangen von Mönchen über Frauenärzte usw. – was diese Herren über den weiblichen Körper wissen und annehmen, was sie raten ... es ist starker Tobak. Und ich denke, dass die Autorin aus Büchern zitiert, die man zu dieser Zeit heranzog. Nur ein Buch ist für Ada überzeugend – das einer Hebamme. Und die will Ada unbedingt aufsuchen. Frauen, die nicht funktionieren, werden ausgestoßen von der Gesellschaft – nie wird gefragt, ob der Mann an der Unfruchtbarkeit schuld sein kann. Die Frau wird reduziert, klassifiziert, hat nichts zu melden. Herrlich beschrieben sind die damaligen medizinischen Einsichten, die Quacksalberei und Rassismus und Rassenvorurteile dargestellt. Wenn eine Bergziege und eine Flachlandziege gekreuzt behinderte Kinder bekommen – dann können doch schwarze und weiße Menschen nicht ... Die Figuren sind authentisch, zumindest ist die Hauptprotagonistin gut ausgearbeitet. Etwas hat mich verwirrt, Ada war sehr fixiert, herauszubekommen, warum manche Menschen unfruchtbar sind. Und plötzlich hat sie dieses Ziel aufgegeben? Die Autorin kratzt die Kurve ganz am Ende. 


Nette Unterhaltung, eine Abenteuergeschichte im Hollywood-Westernsound 

Ein wenig Zeitgeschichte – allerdings ging mir das mit der Anklage wegen Hexerei zu weit. 1692 wurde die letzte Hexe in den USA in Salem angeklagt – hier bewegen wir uns im Bereich der Fantasy. Ein Westernroman aus weiblicher Perspektive, der die Misogynie der Zeit offenlegt, das ist gut gelungen. Ja, und das «Hole-in-the-wall» existiert in den Big Horn Mountains im Norden vom Wyoming, ebenso diese Gang dort oben, zu denen Butch Cassidy, Black Jack Ketchum, Black Jack und Sundance Kid gehörten. Ebenso eine Frau: Laura Bullion. So richtig viel realen Westernsound hat dieser Roman nicht. Nette Unterhaltung, eine Abenteuergeschichte im Hollywood-Westernsound mit ein wenig Fantasy.


Anna North hat den Iowa’s Writers› Workshop absolviert, ist Journalistin und Autorin dreier Romane, von denen THE LIFE AND DEATH OF SOPHIE STARK mit dem Lambda Literary Award ausgezeichnet wurde. Ihr neuer Roman DIE GESETZLOSE wurde weltweit in zahlreiche Länder verkauft. Ihre journalistischen Arbeiten sind u.a. in The Atlantic und der New York Times erschienen. Sie lebt in Brooklyn.



Anna North
Die Gesetzlose
Originaltitel: Outlawed
Gesprochen von: Giuliana Jakobeit
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 8 Std. und 47 Min.
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sonia Bonné
Western, Amerikanische Literatur
Lübbe Audio, Audible, 2022
Eichborn-Verlag, 332 Seiten, 2022



Weitere Western:

In der Ferne von Hernan Diaz 

Anfang der 1850er Jahre, Håkan Söderström lebt zu einer Zeit in Schweden, in der die Menschen täglich ums Überleben kämpfen. Auszuwandern ins gelobte Land Amerika scheint eine Chance. So schickt der Vater die ältesten Jungen los. Zusammen mit seinem großen Bruder Linus steigt Håkan auf das Schiff nach England. Von dort soll es nach Nujårk, New York, weitergehen, doch im Hafen von Portsmouth verlieren sich die Brüder. Håkan fragt sich durch: Amerika! Doch der Bruder erscheint nicht auf dem Schiff – denn Håkan sitzt auf dem nach Buenos Aires. Das kapiert er zu spät, steigt in San Francisco aus. New York ist sein Ziel. Fest entschlossen, den Bruder zu finden, macht er sich zu Fuß auf den Weg, entgegen dem Strom der Glückssucher und Banditen, die nach Westen drängen. Sprachlich ausgefeilt, eine spannender, berührender Anti-Western, ein Drama mit einem feinen Ende. Die Epoche der Besiedlung Amerikas, Kaliforniens, wird hautnah eingefangen. Empfehlung!

Weiter zur Rezension:  In der Ferne von Hernan Diaz 


Tausend Monde von Sebastian Barry 

Vor zwei Jahren erschien der in deutsche Sprache übersetzte Roman «Tage ohne Ende», der sich mit dem Sezessionskrieg beschäftigt, und ich war ich begeistert. Dieses Buch schließt an diesen Roman an. Dies ist die Geschichte der indigenen Winona, die in Tennessee, USA, nahe der Kleinstadt Paris lebt, die Nachwehen des Bürgerkriegs beuteln das Land. Sie ist um die siebzehn Jahre alt, sie ist intelligent, kann lesen und schreiben, besonders gut rechnen und sie beherrscht die Buchhaltung, die sie in der Stadt für einen Anwalt erledigt. Ein polnischer Einwanderer, Jas Jonski, ist in sie verliebt, will sie sogar heiraten. Kann man ihm trauen? Doch dann passiert ein schreckliches Ereignis ... 

Weiter zur Rezension:   Tausend Monde von Sebastian Barry 


Tage ohne Ende von Sebastian Barry

Ein wundervoller Roman, brutal-romantisch, Wild West. Zwei Jugendliche, Freunde für Leben, eine Liebe fürs Leben, sie tanzen und schießen, um zu überleben. Goldgräber, Bisonjagd, Soldatenleben im Kampf gegen Indianer, später im Sezessionskrieg gegen die Südstaatler, Farmersleben ... eine Sprache in Bildern auf der einen Seite – beinhart auf der anderen.

Weiter:   Tage ohne Ende von Sebastian Barry



Die Besiedlung der Weißen von Texas (Indianerkriege) - ein texanischen Clan, die McCulloughs, die während der letzten 150 Jahre um Land, Öl und Macht kämpfen - drei Generationen, drei Motivationen, bis in die 1960-er

Um 1870 finanziert Will Andrews, der Harward-Student aus Boston, Miller den Deal seines Lebens, eine Jagd auf die kostbaren Felle der Büffel in einem unbekannten Tal in den Rocky Mountains. 



Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller

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