Direkt zum Hauptbereich

Die Brücke von Carola Wegerle - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Die Brücke 


von Carola Wegerle

Wie funktioniert dein Gehirn?


Zwei Häuser, die durch eine Brücke miteinander verbunden sind, können nicht verschiedener sein: Im rechten Haus wohnte Sirrus Familie; hier herrscht ein buntes, lustiges Treiben, Chaos regiert den Alltag. Links wohnt Hannos Familie. Regeln strukturieren das Leben, Ordnung und Disziplin, keine Zeit zum Trödeln. Ein Blitzschlag zerstört die Brücke. Diese beiden Familien stellen die rechte und linke Gehirnhälfte dar. 


In farbigen Infoboxen werden Sachverhalte erklärt, wie das limbische System, die Corpus Callosum usw. Hier wird auch erklärt, dass in Stresssituationen der Bauch die Führung übernimmt – die Gehirnzellen im Bauch, die für Gefahr zuständig sind. Die Corpus Callosum verbindet beide Gehirnhälften wie eine Brücke, stimuliert sie zur Zusammenarbeit. Nachdem die Brücke zusammenbrach, wird es Hanno langweilig in seiner strukturierten Welt, die ganz ohne Farben und Musik ist. Sirrus hingegen sehnt sich nach ein wenig Ordnung im Chaos der Familie, die von einer Idee zur nächsten springt. Hier muss sich etwas ändern! Alle packen mit an, um eine neue Brücke zu bauen, um sich gegenseitig zu ergänzen.





Grundsätzlich finde ich die Idee gut, auch die Erklärungen sind kindgerecht. Aber etwas ganz wichtiges fehlte mir dabei – weshalb ich auch dieses Buch ein wenig zu abstrakt einschätze. Hier wird etwas erklärt, das nie auftaucht, nicht fassbar ist: Das Gehirn, der dazugehörige Kopf, der Mensch. Ich hätte mir gewünscht, dass es am Ende ein paar Grafiken gibt, die das Ganze anschaulich machen. Der Querschnitt eines Gehirns, die Draufsicht. Wo sitzt dieser Corpus Callosum, das limbische System usw.? Das kann man einfach darstellen. Das enterisches Nervensystem – das Denken mit dem Bauch – könnte man alles einfach zeichnerisch umsetzen. Hier wird etwas erklärt, zu dem es keinen visuellen Bezug zur Erzählung gibt. Solche naturwissenschaftlichen Zeichnungen müssen nicht die Geschichte zerstören, können am Ende erklärend angefügt sein. Lesen ist eins – visuell verstehen etwas anderes, insbesondere für Kinder. Abstrakt ist für mich die Geschichte ohne den Einbezug des Menschen, zum Gehirn. In dieser Story ist das Gehirn losgelöst und beide Seiten agieren lediglich untereinander. So ist es ja nicht. Auch das Gehirn ist auf die Mitwirkung anderer angewiesen, ist überallhin im Körper verknüpft. Zu wenig Schlaf ist verheerend, usw. Das alles wird ausgeblendet. Ich habe mich beim Lesen gefragt, wie würde ein Körper reagieren, wenn die Brücke zwischen den Gehirnhälften zerstört wäre? Gibt es so etwas? Übernimmt eine Seite und verkümmert die andere? Da war doch was ... Ich habe dann nachgelesen, aufgefrischt. Je mehr ich darüber nachdachte und las, um so mehr war ich mir sicher: Die Geschichte ist mir zu abstrakt, weil sie nicht fassbar ist ohne einen Menschen. Sachbücher brauchen bei mir logische Zusammenhänge, was für mich in der Abstraktion nicht gegeben ist. Die Idee ist gut, die Erklärungen zum Gehirn sind es auch. 



Am Ende gibt es kleine Übungen zur Förderung von Gedächtnis und Konzentration und zur Entspannung nach einem anstrengenden Schultag. Die wiederum finde ich klasse. Es hat sich für mich nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis gezeigt, wenn die Luft raus ist im Unterricht: Fenster auf, ein wenig tanzen, singen oder ein paar Übungen mit Armen und Beinen – und alle sind wieder hochkonzentriert. Kreative Köpfe arbeiten nach Bewegung immer wie geschmiert. Diese Übungen hier sind sehr hilfreich, verhelfen zu Konzentration, Ruhe, zum Einschlafen. Insgesamt finde das Buch nicht schlecht; andererseits ist es mir schlicht zu wenig Inhalt, um anschaulich die Funktion des Gehirns zu erklären. Denn hier erfahren wir lediglich etwas über die Zusammenarbeit von links und rechts, was natürlich ein wichtiges Thema ist. Der Mirabilis Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 6 Jahren, dem stimme ich grundsätzlich zu. Allerdings gerade für dieses Alter hätte ich mir mehr anschauliche Illustration gewünscht!


Carola Wegerle schreibt Romane, Drehbücher, Kindergeschichten und Sachbücher. Das Thema Gehirn hat sie schon immer fasziniert, daher befasste sie sich intensiv mit Neurologie. Sie schrieb bereits einen Ratgeber zum Thema Konzentration und konzipierte Ausbildungen zum Mentaltrainer. Besonders interessant ist für sie das Fachgebiet der Neurokinetik. Wie kann man durch körperliche Impulse das Gehirn zu Höchstleistungen anregen? Dieses Wissen wollte sie auch Kindern vermitteln, um ihnen das Lernen zu erleichtern. Carola Wegerle lebt in München.

Marion Weis studierte an der Deutschen Meisterschule für Mode in München Grafik und arbeitete in vielen Verlagen und Agenturen als Grafikerin und Illustratorin. Seit 2011 ist sie freie Illustratorin und Yogalehrerin. Sie lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf bei München, mag die Natur, gibt Kindermalkurse und unterrichtet Yoga.



Carola Wegerle/Marion Weis
Die Brücke
Wie funktioniert dein Gehirn?
Kinderbuch, Kindersachbuch, Sachbilderbuch, Körperwissen, Gehirn, Neurokinetik
Hardcover, Fadenheftung, 19,4 cm x 15,4 cm
Reihe: Schau hinter die Kulissen
Mirabilis Verlag, 2022
Altersempfehlung: ab 6 Jahren



Forscher und Weltentdecker in der Kinder- und Jugendliteratur

Kleine und große Forscher und Entdecker, das soll hier das Thema sein. Forscher, Erfinder, Entdecker - wer waren sie und was haben sie entdeckt - erfunden. Naturwissenschaft für Kinder. Entdecke selbst die Welt und wie sie funktioniert! Hier meine Empfehlungen für alle Altersgruppen in der Kinder- und Jugendbuch Abteilung: Forscher und Weltentdecker in der Kinder- und Jugendliteratur






Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor.

Rezension - Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

  Rezepte, die du lieben wirst Der Israeli Yotam Ottolenghi hat zusammen mit seinem dreiköpfigen Küchenteam das nächste Kochbuch entwickelt. Das Team widmet sich dem Comfort Food und liefert inspirierende Gerichte, die nach Zuhause und Geborgenheit schmecken. Aber auch nach Kindheitserinnerungen und Reiseeindrücken. Comfort Food bedeutet für jeden etwas anderes, auf jeden Fall etwas wie Geborgenheit und Wohlfühlgefühl: ein Gefühl von Nostalgie, aber auch Vertrautheit. So sind über 100 Rezepte entstanden, von der Bolognese (mit asiatischen Gewürzen) bis zu Eier-Gerichten, von der One-Pot-Pasta bis zum Apfelkuchen. Rezepte, die zugleich originell aber auch vertraut und bewährt sind. Und immer mit dem gewissen Ottolenghi-Twist. Weiter zur Rezension:    Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Die weiße Wölfin von Vanessa Walder und Simona M. Ceccarelli

  Das geheime Leben der Tiere (Wald, 1) Ein heftiger Sturm tost durch das Flusstal, als fünf Wolfswelpen geboren werden. Die Jüngste ist eine winzige Wölfin. Ausgerechnet sie hat enormen Mut und nimmt sich vor, die allergrößte Jägerin zu werden. Eine Leitwölfin obendrein! Sie erhält vom Rudel den Naman «Fünf». Ein Rabenschwarm begleitet stetig das Rudel, denn sie weisen den Weg zur Beute, eine Teamarbeit. Der Rabe Raak ist der beste Freund von Fünf. Eine spannende, realitätsbezogene Tiergeschichte zum Leben der Wölfe! Empfehlung für Leseanfänger ab 8 Jahren! Weiter zur Rezension:    Die weiße Wölfin von Vanessa Walder und Simona M. Ceccarelli

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Eisbären von Marie Luise Kaschnitz illustriert von Karen Minden

Marie Luise Kaschnitz war in meiner Jugendzeit meine Lieblingsautorin und so war für mich dies von Karen Minden illustriere Buch ein Genuss, Bleistiftzeichnungen, die sich wunderschön mit der Kurzgeschichte verbinden. »Eisbären«, die Novelle ist Kaschnitz-Fans geläufig: Eine Frau hatte schon geschlafen, wacht auf vom Geräusch des Türschlosses. Endlich kommt ihr Mann nach Hause. Doch er macht kein Licht. Ein Einbrecher? Seine Stimme bittet sie, das Licht nicht auszulassen. Sie soll die Wahrheit erzählen – damals im Zoo – auf wen habe sie gewartet? Weiter zur Rezension:    Eisbären – Novelle von Marie Luise Kaschnitz, illustriert von Karen Minden

Rezension - Simply Jamie von Jamie Oliver

  Jeden Tag was Gutes In fünf Kapiteln werden tägliche schnelle Gerichte, ebenso Wochenend-Wunder, bewährte Ofenrezepte bis hin zu leckeren Nachspeisen von Jamie Oliver vorgestellt. Simply Jamie ist dazu da, die Lust am Kochen zu wecken. Das Buch steckt voller köstlicher, unkomplizierter Ideen, die schnell angerichtet sind. Und der Clou: Es gibt Grundzutaten wie Soßen oder ein pochiertes Huhn usw., aus denen sich wiederum eine Menge verschiedene Varianten herstellen lassen. Weiter zur Rezension:     Simply Jamie von Jamie Oliver

Rezension - Caspar Plautz - Rezepte mit Kartoffeln von Kay Uwe Hoppe, Dominik Kli – und Theo Lindinger

  Der Marktstand Caspar Plautz auf dem Viktualienmarkt in München ist wegen seiner Kartoffelvielfalt beliebt. Dazu gehört ein kleiner, aber feiner Imbiss, der mittags im Mittelpunkt seiner Gerichte die Kartoffel würdigt. Die Kartoffel erobert im Caspar Plautz die Welt. Der Erdapfel ist wendig, anpassungsfähig, geschmacklich variabel. Das ist ein wirklich exzellentes Kochbuch, das zeigt, wie die moderne Küche sich Ideen aus aller Herren Länder greift, sie neu kombiniert – wunderbar harmoniert. Von traditionell zu Weltküche – vegetarisch zu Fisch und Fleisch – hier findet jeder seine Lieblingskartoffelgerichte. Weiter zur Rezension:    Caspar Plautz - Rezepte mit Kartoffeln von Kay Uwe Hoppe, Dominik Kli – und Theo Lindinger Theo Lindinger

Rezension - Indians! von Tibure Oger

  Der dunkle Schatten des weißen Mannes  1922, irgendwo in Amerika. White Wolf, ein ehemaliger Häuptling der Chippewa, sitzt als Zirkusattraktion vor Publikum und erzählt aus seinen Erinnerungen. Es sind Geschichten aus einem langen Leben, das bald sein Ende finden wird. Geschichten aus 400 Jahren Kolonialismus, von einseitigen Kriegen und zweischneidigen Verträgen, von Heldenmut und von Habgier. Geschichten vom wackeren Kampf der First Nations gegen den Mord an ihrem Volk und von ihrer scheinbar unausweichlichen Niederlage. Tiburce Oger hat für «Indians!» sechzehn herausragende Künstlerinnen und Künstler der Neunten Kunst versammelt, um eine Chronik der Eroberung des Westens zwischen 1540 und 1889 zu erschaffen: Die bittere Kehrseite des amerikanischen Traums, die Auslöschung von Kulturen der indigenen Völker. Sehr guter Comic, der in kleinen Graphic Novels aus der Sicht der Ureinwohner die Geschichte ins rechte Licht rückt. Weiter zur Rezension:    Indians! von Tibure Oger

Rezension - Feuerwanzen lügen nicht von Stefanie Höfler

  Mischa und Nits sind beste Freunde. Mischa liebt die Poems von Nits. Und der bewundert Mischa, weil er schlau ist und ein wandelndes Lexikon über Tiere zu sein scheint. Lügen geht gar nicht, so Nits Überzeugung. Darum fragt er sich, warum Mischa dem Lehrer weismachen will, er hätte eine Chlorallergie, als der Schwimmunterricht beginnt – Nits erzählt er, die Badehose sei von Mäusen angefressen worden. Überhaupt scheint Mischa in Schwierigkeiten zu stecken – doch wohl eher sein Vater ... Nits betritt in dieser Familie plötzlich eine völlig andere Welt – die der Armut. Aber das ist ein Unterthema – Mischas Vater ist untergetaucht; Mischa und Nits werden ihn nicht im Stich lassen – aber das könnte gefährlich werden ... Spannung, Humor und ein wenig Tragik machen das Buch zu einem Leseerlebnis. Meine Empfehlung ab 11 Jahren für diesen exzellenten Kinderroman.  Weiter zur Rezension:    Feuerwanzen lügen nicht von Stefanie Höfler