Direkt zum Hauptbereich

Alles Geld der Welt von Vitali Konstantinov - Rezension

Rezension 

von Sabine Ibing



Alles Geld der Welt 


von Vitali Konstantinov 

Vom Muschelgeld zur Kryptowährung


Euro, Dollar, Yen, Franken, Schilling, Pound - in aller Welt gibt es Geld. Doch was ist «Geld» eigentlich? Münzen, Scheine, Guthaben auf der Bank? Kreditkarten und Kryptowährung? Eine kurze Einführung zum Thema als Mind-Map gestaltet, zum Tauschen von Waren, ein Blick in die Tierwelt, zur Gegenseitigkeit und dann geht es zum Primärgeld der Urvölker, wie Muschelschalen, Schneckengehäuse, Vogelfeder- und Stein-Geld. Der Weg zum Geld begann mit der Sesshaftigkeit der Menschen, dem Handel und dem Staatswesen, der Bestimmung von Wert der Güter – die sich noch im Tausch von Waren zeigten. 




Wer hats erfunden? Die Wikinger – kleine abgewogene Metallstücke. Aber die ersten «Geldstücke» waren nicht unbedingt Münzen. Die ersten Geldmünzen sind aus China und Indien bekannt, aber auch andere Kulturen handelten damit. Im Mittelalter spielte das Geld in unseren Breiten noch keine große Rolle, erst Karl der Große erschuf ein Währungssystem. Die kommerzielle Revolution durch die Kaufleute wird erklärt: der Welthandel. Interessant ist das Kapitel «Böses Geld, schlechtes Geld», es erläutert Kapriolen, die trickreich das Geld vermehren wollten, aber eine Bauchlandung erlitten. Silber oder Kupfer?, das ist die Frage. Aber der Schuldschein ist nicht die Erfindung des Papiergelds, bereits wesentlich früher hatten andere Kulturen das sogenannte «fliegende Geld» erfunden. 



Das Kapitel «Raub, Betrug und Fälschung»  – klar, worum es geht – aber wer kannte die Geschichte um Napoleons krumme Geschäfte, oder die «Operation Bernhard» aus dem 2. Weltkrieg, die schon ein wenig bekannter ist. Regiert Geld wirklich die Welt, wie das Sprichwort sagt? Und wer bestimmt dafür die Regeln? Warum ist Geld eigentlich so ungerecht verteilt? Und wäre eine Welt ohne Geld möglich? Denn ab der Mitte beschäftigt das Buch sich mit dem Bankensystem: Schulden, Zinsen, Banken, Geldschöpfung, Aktiengesellschaften, Märkte und Börsen. Analysen, Krisen und Blasen werden erklärt, die Weltwährungen, die Währungsunionen. Und was ist mit Verlaub Ersatzgeld oder Freigeld? Das ist dann auch der Übergang zur Kryptowährung. Funktioniert eine Welt ohne Geld oder ist das nur ein Traum? Am Ende gibt es noch einen witzigen Ausflug in die Galaxis. Wie stellen sich Schriftsteller das Geld der Zukunft vor? 



Ein Kindersachbuch, das auch garantiert Erwachsene interessiert, ein Einblick über die Geschichte des Geldes; nicht alles hier beschriebene hätten wir gewusst! In Comicpanels sind passend zu den Informationen einzelne Situationen gezeichnet. Menschen handeln, kämpfen, führen Kriege, entdecken Kontinente; Herrscher, Gangster, ausgefuchst Händler, hämische Gesichter, Betrüger – die Macht des Geldes, Gier und Verbrechen gehören zur Geschichte dazu, wie neue Ideen und Vereinfachung des Handels. Und genau das hält Vitali Konstantinov sehr fein in seinen Zeichnungen fest. Es sind Einzelszenen, die aber gerade deshalb tief hineingehen in die Charaktere der handelnden Personen – das alles mit sehr viel Humor. Mimik, Gestik, Körperhaltung, all das beherrscht Vitali Konstantinov perfekt mit der Feder umzusetzen. Grafisch dargestellte Landkarten, Handelswege, verschiedene Münzen und natürlich eine Menge Information durch Infovignetten, Pfeile, Doodles, machen das Buch zum Lesespaß. Vom Gesetzbuch der Manus in Indien, über Qin Shi Huang Die, dem ersten Kaiser von China, Karthago, die Römer, dem Drachme der Griechen, das Buchgeld der Bank of England, der Deutschen Hanse und dem Kux (Vorläufer der Aktien) bis hin zu Satoshi Nakamoto, dem Erfinder der Kryptowährung ist alles dabei. 




Trotz seiner Alltäglichkeit ist das Thema Geld sehr kompliziert und meistens toternst. Geld bestimmt nicht nur Wohlstand und Fortschritt. Ungleichheit, Armut, Krisen und Kriege bilden die Kehrseite. Millionen Menschen hungern oder können sich keine medizinische Behandlung leisten – und das nicht, weil es keine Essen oder keine Medikamente gäbe. Sie haben bloß kein Geld dafür.


Noch eine kleine Anmerkung – gleich am Anfang erfahren wir, für wen dieses Buch geschrieben ist: Für 99 %. Etwa einem Prozent der Weltbevölkerung gehört die Hälfte des weltweiten Vermögens, «die 26 reichsten Menschen der Welt besitzen so viel Vermögen wie die Hälfte der Weltbevölkerung.». Und 99 % besitzt kein oder wenig Vermögen. Was alles Geld – Zahlungsmittel – sein kann und welchen Einfluss es hat, hängt vom jeweiligen sozialen System ab. Der Comic macht sicher auch Erwachsenen Spaß, man lernt einiges dazu. Der Gerstenberg Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 10 Jahren. Ich erhöhe auf ab 12 Jahren. Klar, man liest das Buch nicht in einem Rutsch, schon gar nicht als Kind. Kompakt mit sehr viel Information, bzw. historischen Zusammenhängen ist dieser Comic für meine Begriffe eher etwas für den Intellekt der weiterführenden Schule – übrigens auch gut als Unterrichtsmaterial zu nutzen. Klare Empfehlung für diese Graphic Novel!



Vitali Konstantinov, geb. 1963 bei Odessa in der UdSSR (Ukraine), studierte Architektur, Grafik, Malerei und Byzantinische Kunstgeschichte in Russland und Deutschland, wo er heute als freier Künstler, Illustrator, Comiczeichner und Autor lebt. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Mehr unter www.vitali-konstantinov.de



Vitali Konstantinov
Alles Geld der Welt
Vom Muschelgeld zur Kryptowährung
Kindersachbuch, Comic, Graphic Novel, Wirtschaft, Ökonomie, Geld, Vermögen, Kinder- und Jugendliteratur
Gebunden, ‎ 80 Seiten, 24.4 x 33.2 cm
Gerstenberg Verlag, 2022
Altersempfehlung: ‎10 Jahre und älter; von mir eher ab 12 Jahren; Allage


Es steht geschrieben von Vitali Konstantinov


Ein Buch, dass man nicht an einem Tag lesen sollte, es genau Seite für Seite erkunden, ganz langsam. Kommunikation per Zeichen. Was ist eigentlich Schrift? Ein intensives Kindersachbuch, dass sich mit der menschlichen Verständigung befasst, mit malen, Zeichenschriften, alphabetischen Schriftzeichen, unserer Schriftsprache. Ein sehr komplexes Buch, aufgemacht als Comic und absolut empfehlenswert.



Kinder- und Jugendbücherbücher - Demokratie erklärt

Demokratie, wie funktioniert sie – was ist das? Wer wird gewählt, Wie wird gewählt? Politische Bildung für Kinder und Jugendliche – Wissen einfach erklärt. Ob nun ein Bilderbuch oder ein Sachbuch. Vom Angela Merkel über Ruth Bader Ginsburg bis hin zu Fake-News. Auch etwas zum Thema Demokratieversagen, wie zum Beispiel das Einsperren von Kidern in Guantanamo. 

Weiter zur Seite:  Kinder- und Jugendbücherbücher - Demokratie erklärt



Kinder- und Jugendbücher - 11 bis13 Jahre







Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

  Ein atmosphärisch dichter und spannender Schweden-Krimi von Hans Rosenfeldt, bekannter Krimiautor und Drehbuchautor (skandinavische TV-Serie «Die Brücke», britische Fernsehserie «Marcella» über Netflix) erwartet uns mit dem Auftakt einer neuen Serie. Die Erwartungen waren hoch. Rosenfeldt hat geliefert. Die Kleinstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze, wird zufällig zum Schauplatz eines Drogendeals. Wer hat die Drogen und das Geld, wer wird sie am Ende bekommen? Der einzige der durchblickt, ist der Leser – Dank Mehrperspektivität. Denn alle Protagonisten tappen im Dunkeln – wissen nichts voneinander. Ein komplexer und spannungsreicher Thriller! Weiter zur Rezension:    Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige . «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille , zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck  

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Aggie und der Geist von Matthew Forsythe

  Aggie freut sich darauf, endlich in ihr eigenes Haus einzuziehen – bis sie feststellt, dass dort bereits ein Geist wohnt. Das Zusammenleben läuft mehr schlecht als recht; nirgendwo hat sie ihre Ruhe. Also stellt Aggie Regeln auf. Doch der Geist hält sich leider nicht gerne an Regeln, bricht sie alle. Aggie fordert ihn völlig entnervt zu einem Wettkampf in Tic-Tac-Toe heraus – wer gewinnt, bekommt das Haus. Ein herrliches Bilderbuch an 4 Jahren, das mit viel Humor geschrieben ist und eine Menge Diskussionen zum Zusammenleben bietet. Weiter zur Rezension:    Aggie und der Geist von Matthew Forsythe