Abenteuer einer Studenten-Crew auf Weltreise
Der erste Absatz: Wer bin ich? Im Halbdunkel besah ich meine Schemen im Hotelspiegel. Von draußen strömten die Geräusche und Lichter Athens durch die weit offenen Fenster. Auf meiner Haut ein Schweißfilm. Ich fletschte die Zähne. Sie leuchteten im Spiegel. Vor lauter Schatten konnte ich kaum meine Augen ausmachen. Ich fuhr mir mit den Fingern über die Konturen meines schmalen Gesichts. Eine widerspenstige Strähne hing mir in die Stirn. Ich strich sie zurück. Wer bin ich? Ich achtete auf das Surren des Deckenventilators. Er tat vergeblich seinen Dienst gegen die stehende Sommernachtsluft. Das Leinenlaken lag zusammengeknüllt auf dem Bett. Es musste mindestens zwei Uhr früh sein. In ein paar Stunden würde ich meine Sachen zurück in den Koffer packen und aufbrechen.
Wann breche ich nach ein paar Seiten ein Buch ab? Das hat immer handwerkliche Gründe. Immer dann, wenn es mir widerstrebt, dem Schreibstil des Autors zu folgen. Hier bin ich am Rhythmus der Sprache gescheitert. Sprache ist wie Musik, laute und leise Töne wechseln sich ab, ruhige, schnelle, dramatische Phasen schlagen um, oder ein Paukenschlag beendet eine Szene. Jeder Text hat einen Klang, eine Melodie, einen Rhythmus. Unmelodische Texte rufen eine Dissonanz hervor. Ein gleichbleibender Takt ermüdet. Ein kurzes Trommelsolo gefällt, niemand erträgt über Stunden ein Stakkatogetrommel.
Aber der erste Absatz ließ mich auch aus anderen Gründen den Kopf schütteln: Sich selbst gegenüber im Spiel die Zähne fletschen? Mir selbst gegenüber aggressiv auftreten? Im Halbdunkel sieht der Protagonist nur Schemen. Vor lauter Schatten kann der Protagonist seine Augen kaum ausmachen. Aber die Zähne leuchten im Spiegel?
Ein außergewöhnliches Coming-of-Age-Reiseabenteuer, inspiriert von wahren Begebenheiten. – Als ihm sein Leben an Land zu turbulent wird, begibt sich Mark Herfurt auf hohe See. Ein Stipendium ermöglicht ihm, die »schwimmende Universität« zu besuchen – mit 200 Studenten aus 40 Ländern an Bord eines betagten Ozeanliners. Der unscheinbare Durchlavierer Mark sieht die Chance auf eine elitäre Ausbildung gekommen. Doch stattdessen fährt er hinaus ins Abenteuer seines Lebens. (Der CONBOOK Verlag)
Und so ging es mir mit diesem Roman. Ich dachte, das hört sich gut an, Uni auf hoher See, Athen, Lissabon, Panama City, Guayaquil, Papeete, Auckland, Sydney, Shanghai, Hongkong als Anlaufhäfen … Doch leider bin ich nie ausgelaufen. Nach der ersten Seite verspürte ich Lust, das Buch zuzuklappen. Stakkatosätze – einer wie der andere: Bam, Bam, Bam. Ich kaute mich stöhnend durch bis Seite 10, hoffte auf Besserung. Weit gefehlt. Auch beim Durchblättern und Anlesen von Kapiteln weiter hinten im Roman sah ich für mich keine Chance, mich mit diesem Text anzufreunden. Ich habe nachgesehen: Das Buch hat fast nur gute Bewertungen – und zum Inhalt kann nichts sagen. Es ist eine reine handwerkliche Kritik meinerseits. Dass hier ein Anfängerfehler vorliegt, glaube ich nicht. Die Reiseberichte von Christopher David erschienen u. a. in der Financial Times und auf bekannten Reiseblogs – entsprechend ist er ein versierter Schreiber. Ein Stil, der mir persönlich nicht gefällt – aber mein Geschmack ist nicht das Maß aller Dinge.

Die Wellenbrecher
Abenteuer einer Studenten-Crew auf Weltreise
Verlag: CONBOOK, 2019, Broschiert: 288 Seiten
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