Direkt zum Hauptbereich

Na und, sprach der weiße Schimpanse von Thomas Brezina - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing





Na und, sprach der weiße Schimpanse 


von Thomas Brezina 

Eine Geschichte über das Vergeben


Die Schimpansen auf Gut Aiderbichl haben als ehemalige Labor-Affen allen Grund, wütend auf die Menschen zu sein, zu resignieren oder depressiv zu werden. Doch jede Nacht taucht in ihrem Gehege der weise, geheimnisvolle weiße Schimpanse auf. Die Schimpansen erzählen ihm von ihrer Wut, ihrer Frustration und ihrer Traurigkeit, aber auch von ihrem neuen Alltag in einem privaten Zoo. Vor allem wünschen sie sich Rache an ihren Übeltätern. Oder wenigstens Vergessen. Doch der weiße Schimpanse zeigt ihnen einen besseren Weg: Vergeben ist eine wahre Erlösung und das wahre Glück.




Die Affen, die von Tierschützern aus einer Versuchsstation gerettet und auf Gut Aiderbichl untergebracht wurden, sinnen auf Rache, erwarten Vergeltung – und in ihrer giftigen Wut ziehen sie sich immer mehr in sich zurück. Eines nachts erscheint der weiße Schimpanse, er stellt ihnen die Aufgabe, einen gemeinsamen Wunsch zu finden. Ist das möglich?, fragen sich Mortiz, Pünktchen, Gogo, Helena und Hadrian. Die Schimpansen erzählen von ihrem Leid, von ihrer Wut, ihren Wünschen. Doch mit ihrem Hass schaden sie sich selbst, vergiften ihre Seele. Loslassen und vergeben – ein langer Weg, dies zu verstehen. 




Ein Buch, das auf der einen Seite aufmerksam macht, was mit Labortieren gemacht wird, klar zu machen, dass diese Tiere leiden. Andererseits gibt diese Fabel einen Weg, mit seinem Leid umzugehen. Beeindruckend sind die Illustrationen. Die Affen sind fast fotografisch in Großformat dargestellt, emotional, so dass der Betrachter sofort in Bann gezogen wird. Manche der Bilder sind fast mystisch, geben dem weißen Schimpansen den Anstrich eines Geisterwesens. In Kombination Wort und Bild hat mir das Kinderbuch gut gefallen. Es gehört Charakter dazu, zu verzeihen. Erinnern wir uns an einige berühmte Juden, die den Holocaust überlebten oder die Witwe von Aldo Moro, die ins Gefängnis ging, den Terroristen vergab, die ihren Mann ermordeten. Ein Kinderbuch, das beinhart das Laborgeschehen darstellt; voll Empathie die Affen und ihr Leiden zeigt. Ein Bilderbuch zum Reden. Von mir eine Altersempfehlung ab 6 Jahren. Empfehlung.




Thomas Brezina fing mit acht Jahren zu schreiben an und veröffentlichte bisher über 580 Bücher, die sich mehr als 40 Millionen Mal verkauften und in 35 Sprachen erschienen.




Thomas Brezina 
Na und, sprach der weiße Schimpanse 
Eine Geschichte über das Vergeben
Bilderbuch, Kinderbuch, Fabel, Labortiere, Versuchstiere, Vergeben, Philosophie
Hardcover, 144 Seiten, 18.4 x 18.6 
edition a, 2024
Ohne Altersangabe vom Verlag. Von mir ab 6 Jahren






Bilderbücher, Kinderbücher Vor- und Grundschule 5 - 10 Jahre






Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - 12 Stockwerke von Arndís Thórarinsdóttir und Hulda Sigrún Bjarnadóttir

  Mein unglaubliches Zuhause am Ende der Welt Eigentlich hatte sich Dagny auf den Ferienausflug mit ihrer Familie gefreut. Vor allem darauf, endlich ihre Oma kennenzulernen, die auf einer kleinen, wetterumtosten Insel wohnt. Doch sie dort ankommen, fühlt sich das an wie eine Reise ans Ende der Welt! Sämtliche 197 Einwohner leben zusammen in einem einzigen Hochhaus mit zwölf Stockwerken. Von wegen Strandleben, Eisdiele, Geschäfte …  Obendrein ist Oma, die Hausmeisterin und Chefin, ziemlich giftig und ein Eisbrocken. Kaum angekommen gibt es Befehle, was man alles nicht machen darf, und Dagnys Hund ist völlig unerwünscht – ein unnützes Ding, sagt Oma. Und hier soll man nun bis zum Frühling bleiben? Gelungen ist, darüber nachzudenken, ob wir nicht mit weniger auskommen können, und anstatt Energie zu verschwenden, ob die angeblich wichtigen Dinge, so wichtig sind. Aber letztendlich konnte mich der Kinderroman ab 10 Jahren als Gesamtpaket nicht überzeugen, da die Geschichte für mich in sich

Rezension - Spanischer Totentanz von Catalina Ferrera

Der erste Barcelona-Krimi, »Spanische Delikatessen«, von Calina Ferrera hatte mir als Hörbuch gefallen: leichte Story mit Lokalkolorit, feiner Humor, spannende Geschichte. Leider konnte mich der zweite Band nicht überzeugen. Weder Spannung noch ein Gefühl für die Stadt kam auf. Touristische Beschreibungen und Restaurantbesuche lähmen eine durchschaubare Kriminalgeschichte, die die Mossos d’Esquadra auf den Cementiri de Montjuïc und die Zona Alta führt. Weiter zur Rezension:    Spanischer Totentanz von Calina Ferrera

Rezension - A wie Antarktis von David Böhm

Ansichten vom anderen Ende der Welt Dieses Sachbuch für Kinder ist mit Recht zum Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Sachbuch nominiert worden. Antarktis, der Südpol, der südlichste Punkt unserer Erde – Wer weiß darüber genau Bescheid? Gibt es dort Pinguine oder Eisbären? Wie kalt ist es dort eigentlich? Das Land der Rekorde: Der Kontinent hält den Kälte-, den Trocken-, den Höhen- und den Windrekord. Wer kann bei minus 89 ° Celsius überleben? Der Autor David Böhm hat mit seinen Söhnen den Kontinent Antarktika besucht und hat sein Wissen für Kinder in dieses sehr gelungene Buch verpackt, Entdecker, Karten, Chroniken, Tiere, Meeresströmungen, Umwelt. Ein aufwendig gestaltetes Kindersachbuch, vielfältig in Illustration und Inhalt, aufklappbare Seiten – meine Empfehlung für Kids von 6-12 Jahren! Weiter zur Rezension:   A wie Antarktis von David Böhm

Rezension - Young Agents: Operation «Boss» von Andreas Schlüter

Offiziell gibt es sie gar nicht. Jeder Insider würde ihre Existenz leugnen. Und doch leben sie unter uns: Die Young Agents, europäische, jugendliche Geheimagenten, ausgebildet an einer EU-Agentenschule, fast unsichtbar, denn wer achtet schon auf Kinder? Sie sind im Alter zwischen 11 und 14 Jahren, leben bei ihren Familien und gehen ganz normal zur Schule. Der zwölfjährige Billy, ein Agent aus Deutschland, ist der Icherzähler dieser Geschichte. Gleich am Anfang erklärt er, man soll sich das nicht so vorstellen wie bei 007, James Bond, denn wir befinden uns ja in der Realität. Aber genau das ist es letztendlich! Ein Plotaufbau nach James Bond, eine Heldenreise in drei Akten, beginnend mit einem nervenzerreißenden Intro, in dem der Agent hoher Gefahr ausgesetzt wird – sehr spannend geschrieben  – und mit Action pur geht es weiter, Seite für Seite. Ein Pagemaker zum Entspannen für Jugendliche ab 11 Jahren. Mir fehlte ein wenig Ruhe und Atmosphäre. Wer auf American-Hero-Storys steht, fü

Rezension - Zappenduster von Hubertus Becker

Wahres aus der Unterwelt Kurzgeschichten aus der Unterwelt: »Alle Autoren haben mehr als zehn Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbracht.« 13 Geschichten von 6 verschiedenen Autor*innen. Diverse Schreibstile, vermischte Themen, aber das Zentralthema ist Kriminalität. Knastgeschichten, Strafvollzug, die Erzählungen haben mir unterschiedlich gut gefallen – zwei davon haben mich beeindruckt, die von Sabine Theißen und Ingo Flam. Weiter zur Rezension:  Zappenduster von Hubertus Becker 

Rezension - Der Club Dumas von Arturo Pérez-Reverte

Ein Klassiker von 1995, ein bibliophiler Krimi, verfilmt als «Die neun Pforten» von Roman Polański, mit Johnny Depp in der Hauptrolle. Wer Bücher liebt, lebt gefährlich: Diese Erfahrung muss Lucas Corso machen, ein großer Dumas-Fan, der im Auftrag von Antiquaren, Buchhändlern und Sammlern nach prachtvollen Erstausgaben, Sonderauflagen und wertvollen Wiegendrucken sucht und als Gutachter antike Bücher und Drucke prüft. Sein neuster Auftrag, der ziemlich gut bezahlt wird, erscheint zunächst harmlos. Wie bei Dumas gibt es eine Menge von spannenden Intrigen und Verschwörungen mit einem überraschenden Abschluss, eine gute Portion schwarzen Humors inbegriffen. Ein literarisches Meisterwerk der Kriminalliteratur, mit herrlichen Dialogen, ein Klassiker, Detektivroman, Kriminalroman der spanischen Literatur, den es sich lohnt zu lesen oder zu hören. Weiter zur Rezension:    Der Club Dumas von Arturo Pérez-Reverte

Rezension - Blödes Bild von Johanna Thydell und Emma AdBåge

Ein wundervolles Bilderbuch, eine zauberhafte Geschwistergeschichte. Ideenfindung, Selbstzweifel, Geduld, Durchhaltevermögen, man hat es nicht leicht als kleiner Geschwisterteil. Manchmal nerven Geschwister – manchmal ist man von sich selbst genervt – manchmal findet man alles nur blöd, den ganzen Tag lang. Minze ist sauer! Alles gelingt ihrem Bruder besser. Er malt, lässt sie nicht einmal sehen was – und ihr eigenes Bild will ihr gar nicht gut gelingen. Weiter zur Rezension:    Blödes Bild von Johanna Thydell und Emma AdBåge

Rezension - Eisbären von Marie Luise Kaschnitz illustriert von Karen Minden

Marie Luise Kaschnitz war in meiner Jugendzeit meine Lieblingsautorin und so war für mich dies von Karen Minden illustriere Buch ein Genuss, Bleistiftzeichnungen, die sich wunderschön mit der Kurzgeschichte verbinden. »Eisbären«, die Novelle ist Kaschnitz-Fans geläufig: Eine Frau hatte schon geschlafen, wacht auf vom Geräusch des Türschlosses. Endlich kommt ihr Mann nach Hause. Doch er macht kein Licht. Ein Einbrecher? Seine Stimme bittet sie, das Licht nicht auszulassen. Sie soll die Wahrheit erzählen – damals im Zoo – auf wen habe sie gewartet? Weiter zur Rezension:    Eisbären – Novelle von Marie Luise Kaschnitz, illustriert von Karen Minden

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Das ferne Dorf meiner Kindheit von Yavuz Ekinci

  Ein großer Familienroman, der fast ein Jahrhundert umspannt, der die gewaltvolle Geschichte eines zerrissenen Landes widerspiegelt und von drei Völkern erzählt, zwei, die ihrer Herkunft, ihrer Sprache und all dessen beraubt werden, was einen Menschen ausmacht. Rüstem wächst in einem kleinen kurdischen Dorf in den Bergen auf. Seine Mutter ist bei seiner Geburt gestorben, er lebt mit seinem Vater und den älteren Geschwistern im Haus seiner Großeltern. Zwischen dem Vater und dem Großvater herrscht ständiger Streit, auch das Verhältnis zwischen den Großeltern ist angespannt. Stück für Stück wird die Familiengeschichte aufgerollt, die eine blutige Zeitgeschichte beinhaltet. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Das ferne Dorf meiner Kindheit von Yavuz Ekinci