Direkt zum Hauptbereich

Kurz und Klein von Alastair Chisholm David Roberts - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Kurz und Klein 


von Alastair Chisholm David Roberts

Die Erfindung des Teilens


Kurz und Klein sind zwei Menschen aus der Steinzeit, die sich gerne gegenseitig übertrumpfen. Klein gibt vor Kurz an, seine Höhle sei größer. Am nächsten Tag brüstet sich Kurz, er habe Wasser in der Höhle – aber Klein hat nun Feuer. Der eine baut sich einen Stuhl statt dem Boden zu sitzen, da hat der andere schon ein gemütliches Bett. So schaukelt sich die Menschheitsgeschichte hoch, sie übertrumpfen sich gegenseitig: Haus, Burg, Schloss, Pferd, Kutsche, Lokomotive, Auto, Hochhaus, Düsenjet, Radio, Handy usw. Die Türme werden immer höher, der Turmbau zu Babel gerät ins Wanken, beide brechen zusammen.



Nun hat niemand mehr etwas. Mit Höhle war es schöner, meint Kurz. Klein hat immerhin noch einen Stein übrig – und den bietet er Kurz zum Teilen an. Der Untertitel für dieses Bilderbuch lautet: Die Erfindung des Teilens. Mich hat dieses Buch ein wenig ratlos zurückgelassen. Vermittelt dieses Buch die Wertschätzung zum Teilen? Hier stehen sich zwei männliche Wesen gegenüber und sie beginnen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, bis ihre Gebilde zusammenstürzen, sie unter ihrem Eigentum begraben werden, und sie merken, dass die ganze Angeberei sinnlos war. Ob das so bei Dreijährigen ankommt, bezweifele ich. Sprachlich halte ich es nicht für eine gute Idee, mit einer fragmentalen Sprache zu agieren, die grammatisch völlig unkorrekt ist, denn jede einzelne Seite enthält ein starkes Problem: «Das ungerecht!», «Ich sein der Beste.», «Ich haben Stuhl gemacht.» usw. Ich weiß nicht, was man sich dabei gedacht hat, aber Förderung der Sprachkompetenz ist das nicht. Die Vorstellung, Steinzeitmenschen haben primitiv gesprochen, passt dann ja auch nicht damit zusammen, das sie sogar Raketen bauen können. Vorn im Buch ist beim Impressum ein Hinweis: «Die Intension dahinter in diesem Buch fragmentierte Sprache … zu nutzen, liegt darin, das relativ komplexe Thema Gesellschaftskritik humorvoll für Kinder aufzubereiten.» Mir persönlich hätte ein grammatisch korrekter Satz besser gefallen – Humor kann ich darin nicht sehen.



Gemeinsam, statt allein und gegeneinander, so lautet die Message. «Ich glauben die Höhle war besser», sagt nach dem Einsturz Kurz. Dann streiten sie sich drum, wer schuld ist an der Misere, bis sie sich auf das Teilen einigen. Die Frage stellt sich, ob sie die Entwicklungsstufe völlig ohne Konkurrenz erreicht hätten, und ob die Höhle wirklich besser war. Eine philosophische Frage. Wo ist der Punkt, der den Menschen in der Entwicklung vorantreibt, wo ist grundsätzlich das Teilen sinnvoll und wie kann man sich gemeinsam entwickeln. Wo ist Ehrgeiz wichtig und wann übertreibt man mit Eifersucht? Braucht man das eigentlich alles, nur um anzugeben? Wie bekommt der Mensch seine Triebe in Griff? Es werden interessante Fragestellungen angesprochen, aber ist das angemessen, um mit Dreijährigen zu diskutieren? Das stelle ich mal in Frage. Denn für diese Altersgruppe hat der Zuckersüß Verlag das Bilderbuch ausgewiesen. David Roberts hat für die Illustrationen einen Hintergrund in Art von Packpapier ausgewählt. Im Vordergrund stehen die beiden Männer, einfach strukturiert, in Erdfarben. Ihre Errungenschaften sind in Pastelltönen großflächig gehalten, stehen ebenfalls im Mittelpunkt. Die großflächigen Illustrationen sind gut zu erfassen, passend zum angegebenen Alter. 



Alastair Chisholm ist ein britischer Kinderbuchautor und Puzzle-Erfinder aus Edinburgh. Alastair hat unter anderem die „Drachensturm“-Serie geschrieben.

David Roberts ist ein britischer Kinderbuchillustrator, der u.a. die „Ada Twist“-Serie von Andrea Beaty illustriert hat. Sein neuestes Bilderbuch heißt „Bathe the cat“ und ist 2021 erschienen.



Alastair Chisholm, David Roberts
Kurz und Klein
Die Erfindung des Teilens
Aus dem Englischen übersetzt von Pia Jüngert
Bilderbuch, Kinderbuch, Kinder- und Jugendliteratur
Hardcover, 48 Seiten, 23.5 x 28.3 cm
Zuckersüß Verlag, 2023
Altersempfehlung: ‎ ab 3 Jahren








Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger

  Als Drainting bezeichnet Felix Scheinberger die intuitive Kombination von Malen und Zeichnen. Damit hebt er die jahrhundertealte heute vollkommen unnötige Trennung zwischen Flächen malen und Linien zeichnen auf und verbindet das Beste aus beiden Welten. Früher machten wir einen Unterschied zwischen Zeichnen und Malen und damit fingen die Schwierigkeiten an. Wo es nämlich gar keine Umrisslinien gibt, gilt es, diese abstrakt zu (er)finden. Die intuitive Kombination aus Zeichnen (Drawing) und Malen (Painting) garantiert gute Ergebnisse und unendlichen Spaß! Eine gute Einführung erklärt das Knowhow und Grundsätzliches zum Malen und Zeichnen – gute Ideen, die man selbst umsetzen kann. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger 

Abbruch - Virtuoso von Jelena Moskovich

  Virtuoso  von Jelena Moskovich Jelena Moskovich hat einen schrägen Roman geschrieben, der mich immer wieder zum Abbruch bewegte, andererseits faszinierte, so dass ich weiterlas. Abwechselnd hin und hergerissen. Eine teils surreale Story, mit feinem lyrischen Stil. Ich habe nicht durchgehalten, in der Mitte dann doch abgebrochen. Eine tote Frau in einem Hotelzimmer, die Schauspielerin Céline. Die mit ihr verheiratete Arzthelferin Aimée kommt ins Zimmer, nähert sich dem leblosen Körper, versucht, Céline wiederzubeleben, betrachtet ihn von allen Seiten.  Paranoia war unsere Spezialität. Ich erinnere mich, wie mein Onkel kurz für diesem letzten Herbst 1989 zu meinem Vater sagte, er solle sich auf kein Klo setzen, ohne vorher in die Schüssel zu schauen. Es geht zurück zum Beginn der Beziehung der beiden Frauen, aber auch ins Prag von 1980, zu zwei Kindern, Jana und Zorka. Die Angst im kommunistischen Regime rückt in den Vordergrund und Kindesmissbrauch. Als das kommunistisch...

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

  Gesprochen von Hans Jürgen Stockerl Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 12 Std. und 7 Min. Wir schreiben das Jahr 1683. Der junge Engländer Obediah Chalon, Spekulant, Händler und Filou, hat sich in London gerade mit der Investition von Nelken verspekuliert und eine Menge Leute um ihr Geld gebracht, das mit gefälschten Wechseln. Conrad de Grebber, Direktoriumsmitglied der Vereinigten Ostindischen Compagnie bietet Obediah  die Möglichkeit, der Todesstrafe zu entgehen: Er wird auf eine geheime Reise geschickt, um etwas zu stehlen: Kaffeepflanzen. Spannender Abenteuerroman rund um den Kaffee. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

Rezension - Der Gott des Waldes von Liz Moore

Im August 1975 findet wie jedes Jahr ein Sommercamp in den Adirondack Mountains für Kinder und Jugendliche statt. Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje liegt, beginnt eine großangelegte Suche nach der 13-Jährigen. Barbara ist keine gewöhnliche Teilnehmerin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Viele Jahre zuvor verschwand hier der achtjährige Bear, ihr Bruder, der seit 14 Jahren vermisst wird. Hängen die Vermisstenfälle zusammen? Liz Moore zeigt mit ihrem literarischen Krimi ein Gesellschaftsbild, bei dem Frauen nichts zu sagen haben. Spannender Gesellschaftsroman, ein komplexer Kriminalroman. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Der Gott des Waldes von Liz Moore

Rezension - Die Bestimmung der Mondsteinkinder von Maike Harel

  Der kindliche König ist erwachsen geworden, das Land braucht ein neues Kind! Eine neue Prophezeiung ist gesprochen. Der 13-jährige Meelo, ein Perlentaucher, will es probieren – denn er hat Angst vor dem Wasser, eignet sich nicht für den vorgesehenen Beruf. Er schnappt sich den Mondstein der Perlentaucher, macht sich auf den Weg zur Königslese, um sich zu bewerben. Dort lernt er Ria vom Stamm der Flügelhüter kennen, die unbedingt Königin werden will, um die Pferde zu Beschützen – und sie weiht Meelo in ihr Geheimnis ein. Spannendes Fantasy-Abenteuer ab 10 Jahren. Weiter zur Rezension:    Die Bestimmung der Mondsteinkinder von Maike Harel 

Rezension - Killer Potential von Hannah Deitch

  Als Evie Gordon an einem Tag bei den Victors klingeln will, steht die Tür offen. Sie ruft, niemand antwortet. Dann findet sie Mr Victor tot im Pool schwimmend, Mrs Victor liegt mit zermatschtem Schädel tot im Wohnzimmer. Das alles muss gerade passiert sein, Evie hat Angst, will das Haus verlassen, als sie leise Hilferufe hört. In einer Kammer unter der Treppe findet sie eine gefesselte Frau. Sie befreit sie. In dem Moment kommt die Tochter nach Hause, schreit entsetzt der Szenerie, geht auf Evie los, die in ihrer Not dem Mädchen eine Lampe über den Kopf zieht. In Panik verschwindet Evie mit der Unbekannten – ein Roadmovie beginnt. Der Roman konnte mich leider nicht überzeugen. Weiter zur Rezension:   Killer Potential von Hannah Deitch

Rezension - Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt

Bendix, der Häuptling des Keltendorfs Taigh, ist außer sich: Jemand hat seinen Honigtopf gestohlen! Lindis, der Ziehsohn der Dorfdruidin Kundra und dessen Freunde Finn und Veda wollen der Sache auf den Grund gehen. War der Dieb hinter der wertvollen Amphore her oder hinter deren speziellem Inhalt? War es einer der fahrenden Händler? Und dann ist auch noch die kleine Tochter der Sklavin verschwunden! Unter dem Vorwand, fischen gehen zu wollen, machen sich die drei Jugendlichen heimlich auf die Suche nach den Händlern und kommen dabei einem Geheimnis auf die Spur … Weiter zur Rezension:    Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt 

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read