Rezension
von Sabine Ibing
Kritik der Vögel
von Jürgen und Thomas Roth
Klare Urteile über Kleiber, Adler, Spatz und Specht
Illustriert mit Grafiken von F.W. Bernstein
Das Buch liegt schon länger auf dem Tisch, denn man kann solche Texte nicht am Stück lesen. Ich bin ein großer Fan von Jürgen Roth und hier hat er mit seinem Bruder ein Buch herausgebracht, dass ihre gemeinsame Liebe zum Federvieh wiedergibt. Sie sind feine Beobachter, haben aber nicht nur Federvieh im Visier, insbesondere die Vögel der menschlichen Spezies. Es gibt circa 11.000 Vogelarten, und einige haben die Brüder sich herausgepickt. Schimpfen eigentlich Vögel? Sind sie sozial integrierbar? Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Möwen sind Piraten und Kannibalen und Pinguine sexualisierte Perverslinge. Wieso ist eigentlich der Specht nicht Schutzpatron der Handwerker? Sperber und Habichte sind hinterfotzige Mordgesellen und der Bussard ist »faul wie Sau«, erfahre ich.
Meisen sind nicht ganz dicht, logisch. Kriminell sind sie noch dazu, die Meisen.»Die Kommunikation, die sie untereinander ›pflegen‹, ist fast ausschließlich beleidigenden Charakters, denGroßteil ihrer perfiden Bemerkungen adressieren sie an den Menschen … Die Zankereien, die sie vom Zaun brechen, beschäftigen ununterbrochen unsere überlasteten Gerichte …« (Thema Meisen)
Es ist ein kluges Buch von kurzen Texten, Gedanken, Information, Aphorismen, Philosophie – und natürlich voller Satire, Kritik am gesellschaftlichen System. Spaß ist immer dabei, so erfahren wir dass sich Papageien, bei Alkoholgenuss den Schnabel löst… Meisen, lernen wir, sind »nicht ganz dicht«, rücksichtslos, jähzornig, neidisch, hyperaktiv, schlafen kaum, sind fortpflanzungsfreudig. Sie sind Platzhirsche am Futterplatz, plündern in Gärten und haben kein Erbarmen mit Schwachen. Du hast eine Meise – nun weiß ich woher das Spruch abgeleitet ist. Ich könnte auch jemanden freundlich als Spatz beschimpfen – soweit der nicht weiß, was ich in diesem Buch gelernt habe: Der Spatz ist ein »aufgeplusterter, gedrungener, grobschlächtiger, gemeiner, roher Stenz.«
Die Krähe habe einen murmelgroßen Stein aufgelesen …weil ihr offenbar langweilig gewesen sei, gezielt auf den Münchner Passanten hinabgeworfen, und ihn am Kopf, der von keinem Hut bedeckt war, getroffen. Daraufhin habe der Mann die Fassung verloren und die Krähe, die auf der Dachrinne sitzenblieb und sich keiner Schuld bewusst war, als ›Schweinsdrecksack, verreckter!‹, als eine ›Scheißbürst’n‹, einen Oaschkrampler‹ … beschimpft. … Sachdienliche Hinweise nehmen Kiminaloberkommissar … entgegen.
Krähen sind nicht ungefährlich, Elstern sind diebisch. Vorsicht bei Beleidigungen! Illustriert ist das Buch mit Grafiken von F.W. Bernstein, im Stil der Neuen Frankfurter Schule. Was die beiden Rot-Brüder über Vögel an Informationen und Zeitungsartikeln zusammengesammelt haben, ist unglaublich. Witzig, satirisch und informativ. Ich glaube, ich hab jetzt nen Vogel.
Wir müssen uns den Specht als glücklichen Vogel vorstellen.
Man mag immer wieder hineinsehen, zitieren, etwas vorlesen. Wer auf tiefgründige Spottdrosseln
steht, der sollte sich dieses Buch anschaffen, welch Specht, der es geschenkt bekommt.
Jürgen Roth, lebt als Schriftsteller in Frankfurt am Main. Er schreibt für Zeitungen, Zeitschriften und den Rundfunk (FAZ, taz, Titanic u. a.). Von ihm sind zahlreiche Bücher und Hörbücher erschienen: »Stoibers Vermächtnis«, »Benehmt euch!«, »Die Reise durch Franken«, »Gebrauchsanweisung für die Formel 1«. Thomas Roth, lebt als Historiker im Rheinland.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen