Rezension
von Sabine Ibing
Irgendwo im Schnee
von Linde Faas
Bald ist Weihnachten. Überall in der Stadt herrscht festliche Stimmung, und aus jedem Fenster strömen Licht und Wärme. Nur nicht bei der kleinen Sofie, die von Kerzen, Sternen, von Musik und Geschenken träumt. Ihr Vater ist leider viel zu beschäftigt, um das Haus zu schmücken und einen Weihnachtsbaum aufzustellen. Also schnappt sich Sofie Mantel und Fäustlinge und tritt hinaus in den kalten Wintermorgen. Es zieht ein Schneesturm auf, und mitten in dieser weißen Welt taucht plötzlich ein Elch auf, der Sofie mit «freundlichen Augen» anblickt. Auf der Suche nach Weihnachten folgt Sofie dem Elch, setzt sich auf seinen warmen, weichen Rücken, und sie dringen in den tief verschneiten Winterwald ein, der voller zauberhafter Weihnachtswunder steckt.
Seite für Seite spürt man in diesem Bilderbuch atmosphärisch die winterliche Stimmung des verschneiten Waldes, vernimmt die gedämpfte Stille, hört den Schnee unter den Füßen des Mädchens knirschen, unter den Hufen des Elchs, spürt die dichten Schneeflocken auf der Nase schmelzen. Das Kinderbuch bezaubert in winterlichem Flair, denn es ist textreduziert gestaltet. Am Rand des knackenden Sees treffen Elch und Mädchen auf einen kleinen Tannenbaum, etwas krumm geraten ist, so ganz alleine steht. Sofie möchte dem Baum ein Geschenk machen und ruft die Tiere herbei, Dinge im Wald zu sammeln, um den einsamen Baum zu schmücken. «Verdienen nicht alle, die allein sind, etwas Schönes?», fragt sie. Und dann entfacht ein Licht, ein winterlicher Weihnachtszauber …
Im Schneegestöber der Winterlandschaft dominieren eindeutig Blau, Weiß und Grau, als Farbfleck das kleine Mädchen mit leuchtend blauem Mantel, roter Strumpfhose und rosa Mütze. Am Wendepunkt, als das Mädchen beschließt, den einsamen Baum zu schmücken, ihm Beachtung zu geben, sich selbst aus ihrer Einsamkeit zu befreien, hat Linde Faas das Weitwinkelobjektiv in ihren Illustrationen eingesetzt: Wir verlassen den Wald, sehen über den See in die Berge, in ein rosafarbenes Firmament. Mit Farbe (Baumschmuck) steigt die Stimmung, die am Ende pastellfarbig explodiert. Triste Einsamkeit wahrgenommen in den Illustrationen, die farblich sich verändert durch Freundschaft und Hilfsbereitschaft, Wärme aufkommen lässt, bis zum inneren Glühen. Ein zartes, emotionales Weihnachts-Bilderbuch, das atmosphärisch aufzeigt, was Weihnachten bedeutet. «Verdienen nicht alle, die allein sind, etwas Schönes?» Der Von Hacht Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 4 Jahren. Geht für mich in Ordnung. Empfehlung!
Linde Faas hat auf der Art Academy of Breda in den Niederlanden ihr Studium mit Auszeichnung abgeschlossen. Sie arbeitet als Künstlerin, Animatorin für Animationsfilme und Illustratorin für Kinderbücher.
Irgendwo im Schnee
Originaltitel: Ergens in de sneeuw, 2022
Aus dem Niederländischen übersetzt von Kristina Kreuzer
Bilderbuch, Weihnachts-Bilderbuch, Weihnachten, Kinderbuch, Kinder- und Jugendliteratur
Hardcover, 32 Seiten, 25.3 x 33.3 cm
Von Hacht Verlag, 2023
Altersempfehlung: ab 4 Jahren
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