Rezension
von Sabine Ibing
In einem fernen Land
von Michael Engler und Matthias Derenbach
Eine Geschichte über den Mut und die Kraft, die in uns stecken
Ein warmer Windstoß fuhr durch die Buche und raschelte sanft in den Blättern weit über Animah.
Damals, als ihre Familien aus dem gefährlichen Novemberland weggegangen waren – weit weg, war das Novemberland gefährlich. Aber das ist lange her. Seine Aufstiege sind riskant, seine Berghänge eisig und seine Täler finster, sagen die Alten, die es von den Alten haben. Aber dahinter könnte vielleicht ein schönes Land liegen. Denn hier in ihrem Land gibt es nur vertrocknete Erde. So fassen die Kinder einen Entschluss: Sie wollen ein besseres Land suchen, eins in dem es sich zu leben lohnt. Die Alten sagen, sie wären längst gegangen, wenn es das gäbe – zum Suchen fehlt es ihnen an Mut. Die Kinder machen sich auf den Weg. Ein sehr atmosphärisches Bilderbuch ab 4 Jahren, in Bild und Ton vereint zu einem Gesamtpaket, das die Emotion anspricht, Spannung in die Geschichte bringt.
Der Weg gestaltet sich für die Kinder nicht einfach, dichter Nebel bringt sie vom Weg ab. Schwarze Schatten, die sich später als Äste entpuppen, machen ihnen Angst. Im Novemberland angekommen wird nun ganz ungemütlich, peitschender Regen und Wind, Eis und Schnee, sie sind fast mit den Kräften am Ende, als sie ein Licht entdecken. Man friert förmlich mit den Kindern, von Seite zu Seite wird das Wetter prekärer. Es gibt aber immer einen Hoffnungsschimmer am Horizont, leuchtende Schmetterlinge, Schneehasen – nicht aufgeben, das Ziel rückt näher. Und dann steigen sie vom Gipfel herab: Saftige Wiesen, Sonnenschein und am Ende wartet noch eine Überraschung.
Eine Geschichte die zeigt, dass man Mut haben muss, um seine Träume zu erfüllen, mutig sein muss, um etwas zu verändern. Eine gute Botschaft, die vielseitig anzuwenden ist. Allerdings fällt die Veränderung einem nicht vor die Füße, es ist ein steiniger Weg. Man muss kämpfen und manche eisige Situation mit Gegenwind überstehen, bis man am Ziel seiner Träume angekommen ist. Eine unterschwellige Botschaft zielt auf die Dürre ab. Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie zu trocken ist. Auf diesem Boden wächst nichts mehr, der Brunnen ist leer – die Heimat verlassen, weil die Lebensgrundlage Wasser fehlt. Matthias Derenbach hat grafisch die Geschichte aufs Papier gebracht, mit einer Mischung aus Aquarell und Zeichnung. Er arbeitet mit abgedämpften Naturfarben, spielt mit Licht und Schatten, mit diffusem Licht, das Hintergründe auflöst, hat einigen Grafiken so einen Weichzeichnereffekt verpasst. Das ist atmosphärisch, hat Sehnsuchtscharakter: Wenn du etwas verändern willst, dann pack es an! Aber auch sprachlich hat das Buch viel Atmosphäre, Bild und Ton vereinen sich zu einem Gesamtpaket, das die Emotion anspricht, Spannung in die Geschichte bringt. Mir hat das Buch sehr gefallen. Der Coppenrath Verlag gibt eine Altersempfehlung von ab 4 Jahren. Dem schließe ich mich an.
Michael Engler studierte Visuelle Kommunikation. Er hat Comics geschrieben und gezeichnet und war als Art Director in Werbeagenturen tätig. Heute lebt er als freiberuflicher Autor in Düsseldorf, schreibt mit Vorliebe Bilderbücher, aber auch Kinder- und Jugendbücher, Hörspiele und Theaterstücke.
Matthias Derenbach ist Zeichner aus Leidenschaft. Sein Studium als Kommunikationsdesigner und Illustrator beendete er 2007 mit Auszeichnung. Seit 2008 arbeitet er als freischaffender Illustrator in Köln. Neben Auftragsarbeiten z. B. für Industriekunden, entwickelt er Logo-Designs und illustriert Bilderbücher für verschiedene Verlage.
Bilderbuch, Kinderbuch
Gebunden, 32 Seiten, Maße: 22,4 x 30,4 cm
Coppenrath Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 4 Jahre
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