Direkt zum Hauptbereich

Homo Lupus von Thomas Kiehl - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Homo Lupus 


von Thomas Kiehl


Der Anfang: 

Abgesehen von der abwaschbaren Gummimatratze ist in der Zelle nichts, was man hätte zerstören können. Das Bett war gemauert wie der gesamte restliche Raum weiß gekachelt.


Die Biologin Lena Bondroit erforscht das Verhalten von freilebenden Wölfen. Sie war schon einmal dem Verfassungsschutz in einem Fall behilflich und wird nun wieder kontaktiert, da ein paar Tage vor der Bundestagswahl ein Anschlag von rechten Gruppen befürchtet wird. Der arabische Aziz-Clan steht in Verdacht, damit beauftragt zu sein. Doch wie kann man in kurzer Zeit einen verdeckten Ermittler in den Clan infiltrieren? Kann das Wissen der Verhaltensforscherin über die Rudel-Organisation von Wölfen dabei helfen, das Familiensystem von Clans zu verstehen? Lena Bondroit ist der Meinung, dass dies in der kurzen Zeit nicht möglich sei. Ein fremdes Tier, würde niemals vom Rudel akzeptiert werden – außer, es gelangt über die Verbindung mit einem Weibchen Akzeptanz, allerdings sei auch hier die Zeit zu knapp. Ein Ermittler wird nun auf eine Frau aus dem Clan angesetzt, er flirtet mit ihr, und sie geht auf das vorgeschlagene Date ein. Kurze Zeit später wird der Mann vom Verfassungsschutz übelst zusammengeschlagen und landet auf der Intensivstation. Wird er überleben?


Was hat der Clan mit der rechten Partei zu tun?


Lena Bondroit ist neugierig, begibt sich in die Höhle des Löwen, einem Restaurant der Clans. Der Clanführer wird sofort auf sie aufmerksam, möchte sie gern kennlernen. Sie lässt sich darauf ein und ist fasziniert von der Ausstrahlung dieses Mannes. 


Der Wolf sah Jean einfach nur an. Kein Zähnefletschen, kein wildes Knurren oder Heulen. Wie man es aus Horrorfilmen kannte. Alles war gespenstisch ruhig.


Erzählt wird im Countdownformat, beginnend zwei Wochen vor der Wahl – wobei die Zeiten springen, sie gehen nicht chronologisch von Kapitel zu Kapitel. Geht es hier wirklich um einen Bombenanschlag oder Ähnliches? Oder steckt eine größere Sache dahinter? Die neue Partei «Die bürgerliche Mitte» um den Kanzlerkandidaten Jan Berger sucht nach Möglichkeiten, Stimmen zu fangen. Der Plot ist in die Zeit nach der Coronakrise gesetzt, die Partei hofft auf eine Stimmenmehrheit mit Kanzlerschaft, versucht alles Legale und Illegale, um an die Macht zu gelangen. 


Hier ist nicht alles logisch zusammengesetzt

Thomas Kiehl beschreibt in diesem Thriller ein beängstigendes, realitätsnahes Zukunftsszenario um einen inszenierten Börsencrash. Der Roman beginnt ziemlich spannend, lässt dann aber im Spannungsbogen nach, die Geschichte plätschert recht voraussehend dahin. Leider gibt es zum Ende keine großen Überraschungen und nur kleine Höhepunkte, die wieder schnell abflachen. Von der Logik her kann ich mir nicht vorstellen, dass der Verfassungsschutz die Vorstellung vertritt, jemanden innerhalb von fünf Tagen in einen Clan einschleusen zu können, um zu den Entscheidern bis zur Führungsetage vordringen zu können. Das schien mir ziemlich unlogisch. Die kleine Lovegeschichte im Schneesturm passte für mich auch nicht hinein, und die Tollpatschigkeit der Verfassungsschutzleute war absurd. Die Glaubwürdigkeit der Story lag bei mir eher auf der Nulllinie – bis auf die Börsencrash-Geschichte, die ich ziemlich gut fand. Hier hätte der Focus des Autors für mich liegen müssen und noch besser ausgearbeitet sein können. Da die Hauptprotagonistin aber eine Biologin ist, kreist natürlich hier der Großteil des Plots, der für mich in die Geschichte wie hineingezimmert wirkt, obwohl ich grundsätzlich die Forschungen zu den Wölfen wissenswert fand. Die Charaktere bleiben recht flach und ihr Handeln ist psychologisch nicht immer nachvollziehbar. Das liest sich alles gut, es wird nicht langweilig, aber ein Endspurt oder eine interessante Wendung hat mir gefehlt, von daher für mich zusammenfassend ein mittelmäßiger Thriller, dem es an Glaubwürdigkeit mangelt.


Thomas Kiehl ist Jurist und Berater – und bekennender Fan von biologischen Phänomenen. Seit seinem Studium fasziniert ihn außerdem die Frage, warum Menschen Staaten bilden und was das aus ihnen macht. Doch erst eine Ameisenarmee, die ihm auf einer Reise durch Asien das Mittagessen streitig machte, lieferte ihm den letzten Baustein zu seinem ersten Thriller «Die Ameisenfrau».



Thomas Kiehl 
Homo Lupus
Thriller, Wissenschaftsthriller
Taschenbuch, 398 Seiten
Benevento Verlag, 2021




Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor.

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Eisbären von Marie Luise Kaschnitz illustriert von Karen Minden

Marie Luise Kaschnitz war in meiner Jugendzeit meine Lieblingsautorin und so war für mich dies von Karen Minden illustriere Buch ein Genuss, Bleistiftzeichnungen, die sich wunderschön mit der Kurzgeschichte verbinden. »Eisbären«, die Novelle ist Kaschnitz-Fans geläufig: Eine Frau hatte schon geschlafen, wacht auf vom Geräusch des Türschlosses. Endlich kommt ihr Mann nach Hause. Doch er macht kein Licht. Ein Einbrecher? Seine Stimme bittet sie, das Licht nicht auszulassen. Sie soll die Wahrheit erzählen – damals im Zoo – auf wen habe sie gewartet? Weiter zur Rezension:    Eisbären – Novelle von Marie Luise Kaschnitz, illustriert von Karen Minden

Rezension - Scandor von Ursula Poznanski

  Die Lüge lässt deine schlimmsten Albträume wahr werden. Es ist eine Challenge der besonderen Art, auf die Philipp und Tessa sich einlassen: Hundert Menschen treten an, um einen einzigartigen, unfehlbaren Lügendetektor zu testen, der am Körper installiert wird: Scandor. Wer lügt, fliegt aus dem Rennen und muss sich seinen tiefsten Ängsten stellen. Die Person hingegen, die am Ende übrigbleibt, erhält ein Preisgeld von fünf Millionen Euro. Philipp und Tessa brauchen beide das Preisgeld – die anderen natürlich auch; und so fordern sich die Teilnehmer gegenseitig heraus. Doch irgendetwas stimmt hier nicht! Jugendroman ab 14 Jahren. Weiter zur Rezension:    Scandor von Ursula Poznanski 

Rezension - Das Buchmaultier von Córdoba von Wilfrid Lupano und Léonard Chemineau

  Das Kalifat von Córdoba im Jahre 976: Unter den Herrschern al-Rahman III. und seinem Sohn al-Hakam II. erblühte das Reich im Zeichen von Frieden, Kultur und Wissenschaft auf den Zenit. Die Hauptstadt Córdoba gilt als unangefochtene Perle des Okzidents, als al-Hakam II. jung verstirbt. Der Wesir Amir nutzt die Gunst der Stunde, um die Macht im Kalifat an sich zu reißen. Unterstützt wird er von religiösen Fundamentalisten. Der Preis für ihre Unterstützung ist hoch: Die 400.000 Bücher der Bibliothek von Córdoba sollen dafür auf dem Scheiterhaufen enden. Am Vorabend der größten Bücherverbrennung der Welt sind der Eunuch Tarid, der Bibliothekar, und seine Kopistin Lubna, panisch damit beschäftigt, so viele Bücher wie möglich einzusammeln und zu retten. Nur wie? Ein Comic, der berührt, klasse geschrieben und gezeichnet, mit historischem Hintergrund zur Buchverbrennung. Graphic Novel Allage ab 14 Jahren als Jugendbuch. Empfehlung Weiter zur Rezension:    Das Buchmaultier von Córdoba von Wil

Rezension - Sumpffieber von Vicente Blasco Ibáñez

  Schön, dass immer wieder alte Klassiker neu aufgelegt werden – denn diesen spanischen Roman sollte man kennenlernen. Wer das Gebiet um das valencianische Albufera kennt, ist gleich mittendrin in diesem Drama. Vicente Blasco Ibáñez beschreibt die Lagunenlandschaft Albufera, die heute ein Hauptanbaugebiet für Reis ist, sehr atmosphärisch. Allerdings befinden wir uns im späten 19. Jahrhundert. Im Mittelpunkt von steht die Familie Paloma, die in El Palmar lebt; Hauptfiguren sind der Spross Tonet und sein Großvater Paloma. Ein spannender, spanischer Bildungsroman, ein Drama. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Sumpffieber von Vicente Blasco Ibáñez

Rezension - Gras unter meinen Füßen von Kimberly Brubaker Bradley

  Das Jahr, als ich leben lernte  Die neunjährige Ada hat die Wohnung noch nie verlassen, denn ihre Mutter hat sie weggesperrt und behauptet, Ada sei zurückgeblieben. Dabei hat sie lediglich einen Klumpfuß. Ada darf nicht in die Schule gehen. Als ihr Bruder Jamie mit anderen Kindern 1939 während des Zweiten Weltkriegs aus London aufs Land evakuiert werden soll, um der Bombardierung zu entgehen, entscheidet Ada, dass sie gemeinsam gehen werden. Zusammen schleichen sie sich aus dem Haus zur Sammelstelle; der Weg ist eine Tortour für Ada. So beginnt ein großes Abenteuer für die Kinder wie auch für Susan Smith, die Frau, die gezwungen ist, die beiden bei sich aufzunehmen. Empfehlung für das hervorragende Jugendbuch ab 11 Jahren! Weiter zur Rezension:    Gras unter meinen Füßen von Kimberly Brubaker Bradley

Rezension - Deutschland im Zeichen des Hakenkreuzes von Manuel Chaves Nogales

  Manuel Chaves, stellvertretender Direktor und Chefredakteur der Zeitung AHORA, reiste im Frühjahr 1934 als Sonderkorrespondent ins nationalsozialistische Deutschland - ein verblüffender Bericht über die ersten Konzentrationslager. Als journalistisches Bravourstück gilt sein Interview mit Propagandaminister Goebbels (das ihn jedoch auf die Todeslisten der Nationalsozialisten brachte). Für mich ist Chaves einer der besten Journalisten, die die Welt hatte und einer der besten Schriftsteller Spaniens. Seine Art zu kombinieren, seine Weitsicht und seine sarkastische, freche Art zu schreiben, erhellt das ernsteste Thema. Einige seiner Artikelserien wurden als Bücher zusammengefasst, wie auch dieses hier. Die Artikel sind authentische Momentaufnahmen dieser Zeit und mit seinen Analysen lag er völlig richtig. Ein sehr gutes Zeitdokument, das gerade heute wieder wichtig ist! Empfehlung! Weiter zur Rezension:     Deutschland im Zeichen des Hakenkreuzes von Manuel Chaves Nogales

Rezension - Von Frauen und Salz von Gabriela Garcia

  Kurzgeschichten um fünf Frauen in verschiedenen Generationen, die miteinander verwandt oder auf andere Weise verbunden sind. Miami, Camagüey, Havanna und Zentralmexiko; Flüchtlinge und Migration spielen eine Rolle – legal oder illegal, Frauen in ihren Stärken und Schwächen. Der Roman beginnt in Miami, 2018: Carmen, eine kubanische Migrantin, ist verzweifelt, weil ihre Tochter drogenabhängig ist und sie sich selbst die Schuld gibt. Es geht zurück bis in eine kubanische Tabakfabrik, Kuba, Camagüey, 1866, María Isabel arbeitet als einzige Frau in der Herstellung von Zigarren. Auch wenn am Ende alles zusammenhängt, es sind zwölf vielschichtige Kurzgeschichten mit eigener Tonalität, fünf starke Lebensläufe, die von kolonialistischer und kapitalistischer Ausbeutung zeugen und getragen sind von Traumata durch patriarchale Gewalt. Ein feministischer Generationenroman, der beeindruckend verdichtend und gut beobachtet und 150 Jahre zusammenfasst. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Von Frauen

Rezension - Die Toten von Thunder Bay von Douglas Skelton

  Für diesen Krimi, der als erster Teil einer Serie geplant ist, entwirft Douglas Skelton die fiktive schottische Insel Stoirm, einen Ort mit turbulentem Wetter und dunklen Geheimnissen, und stellt die junge Journalistin Rebecca Connolly in den Mittelpunkt des Romans. Sie bekommt den Tipp, dass ein gewisser Roddie Drummond zur Beerdigung seiner Mutter auf die Insel zurückkehren wird. Er wurde vor 15 Jahren angeklagt, seine Freundin Mhairi Sinclair bestialisch ermordet zu haben. Doch mangels Beweisen wurde er freigesprochen. Es könnte auf der Insel ein wenig rundgehen ... Ein wildes Schottland mit zerklüfteten Felsen in der Brandung, Naturspektakel, bewohnt von einer eigenwilligen Sorte Mensch auf den Inseln, authentisch transportiert mit einer glaubhaften Geschichte, die all das zusammenbringt. Empfehlung! Weiter zur Rezension:  Die Toten von Thunder Bay von Douglas Skelton