Rezension
von Sabine Ibing
Gommer Winter
von Kaspar Wolfensberger
Der Anfang: Von seinem Schneespaziergang zurück, saß Kauz in der Schlafkammer im Oberbau seines kleinen Speichers und schaute zum Fenster hinaus. Die dunkeln Wolken im Westen türmten sich höher, das Weisshorn war jetzt gar nicht mehr zu sehen. Nah und fern gingen die Lichter an. Die Wetter-App auf seinem Smartphone kündigte für die Nacht weiteren Schneefall an.
Das Goms erstreckt sich von Gletsch am Rhonegletscher bis zur Talstufe von Grengiols unweit von Brig im Wallis. Es ist bekannt für seine ausläufigen Langlauf-Loipen und Schneeschuhwanderungen. Und genau darum geht es in diesem Krimi. D.Alois Walpen, genannt Kauz, ist Rentner, 67 Jahre alt, aber er hat zwei Angebote, zur Kriminalpolizei zurückzukehren. Erst einmal will er seinen Urlaub genießen. Er hatte von seinem verstorbenen Freund einen alten Speicher geerbt, der zu einer einfachen Unterkunft umgebaut ist. Um wieder ins Langlauffahren hineinzukommen, hatte Kauz Kurse gebucht. Es ist kein Schnee in Sicht, Kunstloipen wurden angelegt. Plötzlich Frau wird vermisst, Kauz entdeckt sie, ermordet, mit einem angeschnitzten Ast aufgespießt. Bald darauf findet sich eine weitere gepfählte Frauenleiche. Ist hier ein bestialischer Frauenmörder unterwegs? Oder versucht jemand Umweltschützer aus dem Weg zu räumen? Kauz interessiert sich am Rande dafür, er ist ja schließlich Polizist. Er nimmt den Auftrag von Zwillingen an, die eine Unternehmensgruppe leiten. Irgendjemand scheint etwas gegen sie zu haben, denn immer wieder gibt kleine Anschläge auf Teile des Unternehmens, die kostenträchtig sind. Zuletzt wurden hochwertige Bilder, Originale, in den Hotelfluren zerkratzt. Stecken Ökoterroristen dahinter?
Wenig Spannng
Es beginnt zu schneien, und als es mit dem Schneefall kein Ende nimmt, herrscht höchste Lawinenwarnstufe, das ganze Goms ist eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten, nicht mal die Polizei kommt durch. Am Anfang hatte ich Probleme, mich auf die Sprache einzustellen, die recht statisch klingt, in kurzen Sätzen, dabei auch ein wenig holzig im Ausdruck. Der Leser begleitet Kauz auf seinen weiten Touren durch die Loipen, atmosphärisch wird der Gommer Winter beschrieben. Der Krimi bleibt im Hintergrund, ebenso sein Auftrag, für den Kauz sich nicht mit Elan in die Seile wirft. Die Geschichte plätschert dahin, ganz ohne Spannungsbogen – leider bis zum bitteren Ende. Dem Leser ist ab der Mitte klar, wer hinter den Morden steckt. Leider wird mit der Einführung dieser Figur immer wieder deutlich mit dem Daumen draufgedrückt: Achtung, mit dieser Figur stimmt etwas nicht. Warum Kauz das nicht bemerkt, ist für mich unglaubwürdig, der hätte mit seiner Erfahrung eine derart psychisch instabile Person ins Visier nehmen müssen. Und die Motive der Figur waren für mich psychologisch sehr aufgesetzt, in der Art und Weise der Ausführung der Attacken (es bleibt nicht bei den zwei Morden) nicht ernsthaft nachzuvollziehen. Es werden in dem Roman Umweltaspekte angesprochen, aber mehr auch nicht. Genau das hätte mich als Krimileser wirklich interessiert. Wie vertragen sich Natur und Tourismus – fördert der Tourismus die Lawinengefahr? Hier ist für mich etwas vergeben worden. Die Figuren gehen trotz aller Differenzen nett miteinander um, geruhsam rutscht man von Loipe zu Loipe. Natürlich befragt Kauz hier und da die Leute, versucht, Puzzlestücke zusammenzusetzen, doch besonders interessiert und hartnäckig ist er nie.
Gommer Lokalkolorit
Wer den ruhigen Krimi mag, bei dem es um Land und Leute geht, der sich nicht tief mit sozialen Strukturen befasst, den erwartet ein schöner Winterkrimi. Gommer Lokalkolorit, dialektale Sätze von Einheimischen mischen sich unter. Das ein oder andere muss nicht übersetzt werden, manche Sätze sind übersetzt im Nachsatz, an anderen Stellen gibt der Leser auf. Mir war die Geschichte letztendlich zu ruhig und zu durchsichtig, aber Geschmack ist ja bekanntlich verschieden.
Gommer Winter
Der zweite Fall für Kauz
Kriminalroman, Regiokrimi
Klappenbroschur, 496 Seiten
Kampa Verlag 2020
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
Kommentare
Kommentar veröffentlichen