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Fisch in Seenot von Manfred Kriener und Stefan Linzmaier - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Fisch in Seenot 


von Manfred Kriener und Stefan Linzmaier

Über den sorgsamen Umgang mit einer gefährdeten Ressource


Schon 1885 galt der Schellfisch in Teilen der Nordsee als überfischt. 80 Jahre später kollidierte die Fischereimassiv mit der Endlichkeit der Resourcen. Als in den 1960er Jahren die Schiffe größer und die Netze monströser und die Ortungsmethoden immer präziser wurden, hatten die Fische keine Chance mehr.


Das All ist besser erforscht, als die Ozeane unseres Planeten. Aber klar ist leider, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um die faszinierende Welt unter Wasser zu retten. Die Verschmutzung der Meere und die kontinuierliche Überfischung haben diesem Ökosystem stark zugesetzt. Und Aquakultur ist auch nicht immer die Alternative. Darf man also überhaupt noch Fisch kaufen, fragt sich mancher Verbraucher, wenn einem Umweltschutz und Nachhaltigkeit am Herzen liegen? Bestseller-Autor Manfred Kriener und der Gewässerökologe Stefan Linzmaier haben sich dieser Frage angenommen.


Ausgestorbene Speisefische


… die Berufsfischer in deutschen Seen und Flüssen … nur noch magere 2300 Tonnen entnehmen, sind es bei den Anglern etwa 15.000 Tonnen. Die Zahlen sind umstritten.


Der Mensch und das Meer: Denn wer hat es versaut? Der Mensch. Neben einer katastrophalen Fischereipolitik kommen noch viel andere Faktoren dazu. Hering und Kabeljau sind verschwunden, die einst wichtigsten Fische für die Menschen in der Nordhalbkugel, wichtig für die Ernährung, einträgliches Einkommen für die Fischer. Denn genug kann nie genug sein. Immer mehr, immer mehr aus dem Meer. 1967 wurden 3,4 Millionen Tonnen Hering aus Nordatlantik und Nordsee gefischt – zwei Jahre später die Katastrophe, kein Hering in Sicht: Eine Fangquote wurde eingeführt. Doch die konnte den Hering nicht retten. Es folgten die peruanischen Sardellen durch Überfischung im Golf von Thailand und in den 80-ern der Kabeljau. Wie sieht es mit Fischen aus Aquakultur aus? Können wir damit unsere Ozeane retten? Nicht alles ist schlecht mit der Fischzucht, manches sogar hervorragend. Das Problemtierchen ist mit Abstand ein Raubfisch, der der sich viel bewegen muss, damit er gesund bleibt: der Lachs. Die Zucht bringt Probleme mit Parasiten, Läusen und vielem mehr. Der Zuchtlachs ist wesentlich schwächer als der wilde Lachs. Doch Jahr für Jahr büchsen Zuchtlachse aus, paaren sich mit den freien Beständen und gefährden sie so. 


Am Ende werden eine einzelne Speisefische vorgestellt


Die beim Manganknollen-Abbau verursachten Schäden wären Schäden für die Ewigkeit. In 4000 m Tiefe geht das Leben im Zeitlupentempo voran, alles ist extrem verlangsamt. ‹Störungen, die wir jetzt setzen, werden wir auch nach Jahrhunderten und Jahrtausenden noch sehen.› sagt der Kieler Ozeanforscher.


Leider sind oft andere Interessen als die des Artenschutzes die treibenden Kräfte der Fischereipolitik. Wo verboten wird, wird illegal gefischt, lukrativ für das organisierte Verbrechen. Die Autoren zeigen auf, was Verbraucher:innen beim Einkauf an der Fischtheke selbst tun können, um dem Meeresschutz Rechnung zu tragen. Neu für mich war, dass der Bodensee ein Problematisch ist. Völlig überfischt hat er zudem diverse Probleme. Die berühmten Bodensee-Felchen auf dem Tisch der Touristen kommen meist aus anderen Ländern. Ein Sachbuch über die Bedeutung des Ökosystems Meer, das Zusammenhänge erklärt und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Ernährung weckt! Denn die Meerestiere sind durch viele Einflüsse gefährdet. Verschmutzte Gewässer, das Entnehmen von Bodenschätzen auf dem Meeresboden, die Lautstärke, die motorenbetriebene Schiffe hinterlassen, Plastikmüll und Netze, die Erwärmung der Meere und vieles mehr. Ganz am Ende werden eine Menge Speisefische vorgestellt, von Aal bis Zander, mit Wissen um den Fisch bis hin zur Kaufempfehlung oder auch nicht und Tipps zur Zubereitung. Wer kennt Quappe und Tilapia? Ein klasse Sachbuch, das sich einem wichtigen Thema annimmt. 


Manfred Kriener ist ein deutscher Journalist und Autor, der zur Gründergeneration der Tageszeitung taz gehört, wo er 11 Jahre lang als Ökologieredakteur tätig war. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt und Umweltpolitik, Ernährungsthemen und ist auch Weinjournalist. Bei Hirzel erschien 2020 sein SPIEGEL Bestseller »Leckerland ist abgebrannt. Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur«.

Von klein auf fühlte sich Stefan Linzmaier zum Fisch hingezogen. Angefangen hat dies mit dem ersten Aquarium und dem der Angelfischerei. Später folgten ein Studium der Biologie in München sowie der Aquakultur und Fischereiwissenschaften in Berlin. Anschließend promovierte er an der Freien Universität Berlin im Bereich der Gewässerökologie und Invasionsbiologie. Nebenbei engagiert sich der Freizeitkoch auch bei Slow Food e. V. zum Thema Fisch.



Manfred Kriener und Stefan Linzmaier 
Fisch in Seenot
Über den sorgsamen Umgang mit einer gefährdeten Ressource
Sachbuch, Fische, Fischfang, Ozeane, Meere, Gewässerökologie, Ernährung, Nachhaltigkeit, Quappe, Tilapia 
Taschenbuch, ‎234 Seiten
S. Hirzel Verlag GmbH, 2024




Lecker-Land ist abgebrannt von Manfred Kriener


Mit den ersten Seiten dieses Sachbuchs hatte ich arge Probleme. Doch später wird es wirklich gut! Es geht um unser Essverhalten, Superfood (wie Quinoa, Gojibeeren, Gerstengraspulver, Chiasamen), Zucker, Massentierhaltung, Biofleisch, In-vitro-Fleisch, Insektenprodukte der Mann liebt Fleisch), um die Überfischung, Zuchtfisch, um Anbaumethoden, Wasserverbrauch, Ökobilanzen, um Marketingkampagnen der großen Lebensmittelkonzerne – rundum um alles, was wir in uns hineinstopfen. Der Journalist hat hier kompakt alle Fakten und Studien zusammengetragen.



Sachbücher

Hier stelle ich Sachbücher vor, die im Prinzip nichts mit Fachliteratur zu tun haben. Eben Sachbücher jeder Art, die ein breites Publikum interessieren könnte.
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