Rezension
von Sabine Ibing
Der Schwur
von Sunil Mann
Marisa Greco, ehemalige Flugbegleiterin und Bashir Berisha, Türsteher und Privatdetektiv, gründen in Zürich eine Agentur: Aufträge erledigen, die Menschen ungern abwickeln, wie mit der Freundin Schluss machen, eine betagte Dame im Heim zu besuchen, ihr vorzumachen, man sei die Enkelin. Kaum gestartet, sollen sie für die Nigerianerin Joy einen Koffer aus einer Wohnung holen, in dem sich ihr Pass befindet, den ihre Zuhälterin einkassiert hatten. Joys vierzehnjährige Schwester Faith ist an die gleichen Menschenhändler geraten wie sie damals, und sie muss Faith abfangen, bevor sie in Zürich weggesperrt wird. Zuhälter abgelenkt – Bashir öffnet den Schrank, doch dort befinden sich viele Koffer, zwei rosa Koffer. Er greift sich beide und damit nimmt der Ärger seinen Lauf. Hochspannung, komplexe Story durch Mehrperspektivität – die Thematik ist sauber recherchiert, gnadenlos auf den Punkt gebracht! Klasse.
Das Böse an dieser Story ist Realitätsnähe
Es ist ein hochkomplexer Krimi, bei dem es um Prostitution, Menschenhandel, Drogenhandel, Organhandel, Aberglauben und Schweizer Politik geht – denn das alles hat mit Flüchtlingen zu tun. Ein Krimi, der unter die Haut geht, besonders in einem Erzählstrang. Man liest atemlos durch die Seiten, fragt sich anfangs, was die eine oder andere Perspektive mit der Geschichte zu tun hat. Doch langsam wächst alles organisch zusammen. Die verschiedenen Perspektiven enden mit Cliffhangern, fast drehbuchartig, was die Spannung enorm erhöht. Das Böse an dieser Story ist Realitätsnähe, moderne Sklavenhaltung, die sehr fein recherchiert ist. Die Sprache ist prägnant, hier ist kein Wort überflüssig. Marisa Greco und Bashir Berisha stehen nicht im Mittelpunkt der Geschichte, trotzdem ist dies ein sympathisches Pärchen mit viel Potential zu weiteren kuriosen Fällen. Viel mehr möchte ich gar nicht verraten, jedes Wort zu weiteren handelnden Personen sich ausweiten würde und verraten will ich hier nichts mehr! Einfach lesen! Warnung! Dieser Krimi birgt Suchtgefahr!
Sunil Mann wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren und gilt als einer der renommiertesten und vielfältigsten Autoren der Schweiz. Zwanzig Jahre lang hat er als Flugbegleiter gearbeitet, seit drei Jahren ist er freischaffender Autor. Bislang sind von ihm acht Kriminalromane, drei Kinderbücher und ein Jugendroman erschienen, sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er für »Der Schwur« den mit 10.000 Schweizer Franken dotierten Literaturpreis des Kantons Bern.
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
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