Direkt zum Hauptbereich

Das Buch vom Dreck von Piotr Socha und Monika Utnik-Strugala - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Das Buch vom Dreck 


von Piotr Socha und Monika Utnik-Strugala

Eine nicht ganz so feine Geschichte von Schmutz, Krankheit und Hygiene 


Dieses Buch führt uns durch die jahrtausendealte Geschichte von Schmutz, Krankheit und Hygiene von den alten Ägyptern beginnend bis in unsere Zeit. Das Kinderbuch startet mit den Aussagen einiger wichtiger Vorfahren – ziemlich amüsant in Szene gesetzt. Im Kapitel «dreckige Sprache» beschäftigen sich die Autoren mit «schmutzigen Wörtern» und Begriffen, wie zum Beispiel Geld waschen, Seifenoper, die Hände in Unschuld waschen, schmutzige Wäsche waschen. Woher kommen diese Bezeichnungen, welche Bedeutung haben sie?




Wieso duschen und baden wir eigentlich? Wie waschen sich Astronauten im Weltall? Wann wurden Toiletten erfunden und das Dixi-Klo? Und wann die Berliner Kanalisation? Wer hat entdeckt, wie es zu Epidemien wie Pest oder Cholera kommt? Und wer, was man dagegen tun kann? Fragen, die in diesem Kindersachbuch beantwortet werden.



Bereits die alten Ägypter wuschen sich mehrmals am Tag, putzten die Zähne, die Frauen benutzten so etwas wie Tampons. Sauberkeit, Parfüms und Kosmetik waren ihnen wichtig. Die Römer betrachteten das Baden sogar als Zeitvertreib – die Aquädukte, die Wasserleitungen, bezeichnet man heute als ein Wunder der Technik. In der arabischen Welt achtete man ebenfalls sehr auf Reinlichkeit, man ging ins Hamam, um sich zu säubern. Das Christentum eroberte die Welt und nun wurde es dreckig. Denn ein Bad und Nacktheit verstießen gegen die Religion. Waschen war verboten. Je frommer, um so dreckiger ... Die Kreuzritter brachten später die Bäder zurück, denn sie waren von den türkischen Bädern in Konstantinopel begeistert. Die öffentlichen Bäder wurden von der Bevölkerung gern besucht, man scherte sich nicht drum, was der Pfarrer sagte. Doch damit war es zu Pestzeiten Schluss. Religiöses und Kulturelles wird hier einfach erklärt mit ungemein witzigen, ansprechenden Grafiken, die einem karikaturistischen Stil entsprechen. Herrlich beschrieben wird das verkackte Versailles. Und wo wir schon mal in der Perückenzeit sind: In denen lebten Flöhe, Läuse und sogar Mäuse! Ins Gesicht schmierte man sich giftiges Bleiweiß, Wangen und Lippen rot mit Zinnober – also Quecksilber. Fatal, was man damals für die Schönheit auf sich nahm. Sauber wurde man damit nicht, drum übertünchte man den Körpergeruch, indem man sich literweise mit Parfüm überschüttete.



Das Kapitel «Der große Gestank» beschreibt den Zustand der damaligen Städte, die bekanntlich noch keine Kanalisation hatten – die Kunst der Römer diesbezüglich war ja verlorengegangen. Den Inhalt des Nachttöpfchens schüttete man auf die Gasse. Und erst die ganzen Pferdeäpfel und Köttel von anderem Vieh, das durch die Straßen getrieben wurde! Die Obrigkeit musste den Kot in Griff bringen. Ein weiteres Problem gab es mit den Bestattungen ... Aber lest das alles selbst! Toiletten an sich gibt es schon lange, sehr kurioses Zeug. Und Toilettenpapier ist ja eine moderne Erfindung. Wie putzten sich die Menschen eigentlich vorher den Hintern ab? 



Warum putzen wir unsere Zähne? Sauberkeit ist eins. Aber es gibt auch sogenannte «Putzteufel und Saubermänner». Napoleon war einer von ihnen. Sie werden hier mit ihren Eigenarten vorgestellt. Nun gibt es einiges über Krankenhaushygiene zu lesen. Am Ende ein paar weitere wichtige Infos. Piotr Socha ist ein genialer Zeichner, der das Ganze herrlich lustig verpackt, von kleinen Grafiken über eine bis zur Doppelseite. Und wenn ich euch immer noch nicht neugierig auf dieses wundervolle Kindersachbuch gemacht habe, dann kann ich euch auch nicht helfen. Die Geschichte der Hygiene, ein Buch über Schmutz mit einer Menge Infos. Am Ende wird klar: Nicht die anderen Völker waren die Barbaren – sondern unsere Vorfahren sind die übelstinkenden Schmutzfinken ohne Hygiene-Kultur. Der Gerstenberg Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 10 Jahren. Ich denke, ab 8 Jahren erfasst man die Texte bereits. Ein Buch, das die ganze Familie begeistern wird!



Piotr Socha studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Warschau. Seither arbeitet der Illustrator, der zu den beliebtesten Cartoonisten Polens gehört, für diverse bekannte Zeitungen und Zeitschriften und illustrierte zahlreiche Bücher. Für sein Sachbilderbuch Bienen erhielt er 2017 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Er lebt in Warschau und ist er einer der beliebtesten Cartoonisten Polens.

Monika Utnik-Strugala, geb. 1981, die Co-Autorin des Buches, hat an der Universität Warschau Polnisch und Italienisch studiert. Sie arbeitet als Journalistin, Redakteurin und Autorin für verschiedene Magazine und Verlage. 


Piotr Socha, Monika Utnik-Strugala
Das Buch vom Dreck
Eine nicht ganz so feine Geschichte von Schmutz, Krankheit und Hygiene 
Aus dem Polnischen übersetzt von Dorothea Traupe
Kinderbuch, Hygiene, Waschen, Seuchen, Epidemien, Krankheit, Kindersachbuch, Sachbilderbuch
Gebunden, 216 Seiten, 325,0 mm x 240,0 mm
Gerstenberg Verlag, 2022
Altersempfehlung: ab 10 Jahren (Verlag), von mir ab 8 Jahren



Bienen von Piotr Socha

Dieses Bilderbuch ist der Hammer! Die Enzyklopädie der Bienen, so könnte man es beschreiben: Ob nun inhaltlich oder künstlerisch, hier bleiben keine Fragen offen! Willkommen im Reich der Bienen! Wir können die fleißigen Insekten aus der Nähe betrachten, in einen Bienenstock schauen und alles über das Imkern erfahren. Aber nicht nur das. Das Sachbilderbuch beginnt großflächig mit dem Bienenkörper, geht weiter zu den Aufgaben der einzelnen Bienen, Brutpflege, erklärt den Bienentanz. Bestäubung durch Insekten und die Bedeutung der Bienen für den Menschen, von der Antike über Napoleon, Geschichten, Anekdoten, Umwelt … Allage – Bienenliebhaber werden das Buch lieben, schon allein wegen der humoristischen Grafiken.


Weiter zur Rezension:   Bienen von Piotr Socha




Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Das Nest von Sophie Morton-Thomas

  Ein Küstenort in Großbritannien, wo das Marschland auf den Ozean trifft, wo Vögel die bessere Gesellschaft sind, lebt Fran eine ereignislose Routine. Sich um den Campingplatz kümmern, der mit Mobilheimen ausgestattet ist, ihren Sohn von der Schule abholen, Abendessen kochen. Mit Dom, ihrem Mann, läuft es nicht mehr so, ihre Schwester lebt mit ihrer Familie in einem Wagen, zahlt keine Miete, dem Schwager hatte sie den Entzug finanziert und jetzt trinkt er wieder, hat keine Arbeit. Freude findet Fran nur an den verschiedenen Vogelarten, die sie am Strand beobachten kann; sie hat auch ein Häuschen zur Beobachtung finanziert. Und nun entdeckt sie ein Nest mit einer seltenen Vogelart, hofft, dass die Jungen ausschlüpfen werden. Und verschwindet die Lehrerin … Ein leiser Thriller. Weiter zur Rezension:    Das Nest von Sophie Morton-Thomashttps

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Interview mit Christina Clemm von Sabine Ibing

  © Sibylle Baier, Antje Kunstmann Verlag Christina Clemm arbeitet als Strafverteidigerin und als Nebenklagevertreterin von Opfern sexualisierter und rassistisch motivierter Gewalt. Deutschlands bekannteste Fachanwältin für Straf- und Familienrecht in Berlin und war Mitglied der Expertenkommission zur Reform des Sexualstrafrechts des BMJV, Aktivistin und politisch aktiv für Geflüchtete und von Gewalt Betroffene. Nach den neuesten Zahlen des BKA ist jede dritte Frau in Deutschland von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. In ihrem Buch «AktenEinsicht – Geschichten von Frauen und Gewalt» nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Gerichtssäle der Republik, an die Tatorte, in die Tatgeschehen. Mit  «Gegen Frauenhass» zeigt sie die Mechanismen patriarchaler Gewalt und fordert, dass sich endlich etwas ändert. Hier mein Interview mit Christina Clemm. Weiter:   Interview mit Christina Clemm von Sabine Ibing

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Yrsa von Alexandra Bröhm

  Journey of Fate (Yrsa. Eine Wikingerin 1)  Yrsa ist eine junge Wikingerin , die sich nach dem Tod der alleinerziehenden Mutter seit vier Jahren allein um ihrem Bruder Sjalfi kümmert. Als sie eines Tages von der Jagd nach Hause kommt, ist Sjalfi verschwunden. Verzweifelt macht sie sich auf die Suche und den gefährlichen Weg nach Haithabu . Denn es heißt, es würden Kinder entführt und versklavt. Unterwegs lernt sie Krieger kennen. Ihr Traum war immer schon, eine Kämpferin zu werden. Der Krieger Avidh hat es ihr besonders angetan. Ich würde den Roman ins Genre Young Adult einordnen. Wer softe Literatur, einen Liebesroman zur Entspannung mag, liegt hier richtig.  Weiter zur Rezension:    Yrsa von Alexandra Bröhm

Rezension - Hase Hollywood und das Geheimnis des Drachenlandes von Stefan Rasch, Simon Rasch und Anja Abicht

  Ein mächtiges Kinderbuch! Schwer an Gewicht, eine lange witzige, fantasievolle Geschichte. Der Hase Hollywood und seine Freunde betreiben ein Gasthaus in einer einsamen Bucht am Ende der Welt. Eines Tages taucht ein gefürchteter Piratenkapitän bei ihnen auf und vergisst doch glatt seinen Seesack unter dem Tisch. Darin befindet sich alte Schatzkarte und ein geheimnisvoller rosa Glitzerball. Der Ball entpuppt sich als Ei, aus dem ein kleiner Drachen schlüpft. Und damit beginnt eine abenteuerliche Reise zur Schatzinsel, denn auf der Karte sind auch die Drachen verzeichnet, den das Hasen-Team zu seinen Eltern bringen möchte. Sehr feine Illustrationen, grundsätzlich eine gute Geschichte, aber grobe handwerkliche Fehler für den Kinderroman. Weiter zur Rezension:     Hase Hollywood und das Geheimnis des Drachenlandes von Stefan Rasch, Simon Rasch und Anja Abicht 

Rezension - Der Freund von Tiffany Tavernier

  Mit dem Haus im Grünen hat sich Thierry einen Traum erfüllt. Zusammen mit Élisabeth genießt er die Ruhe und Abgeschiedenheit des Wohnens nahe einem Wald. Die einzigen Nachbarn weit und breit, gleich nebenan, Guy und Chantal. Eins Tages im Morgengrauen stürmt die Polizei das Gelände. Die Nachbarn und gute Freunde, werden in Handschellen abgeführt. Was haben sie getan? Journalisten belagern das Gelände. Ein psychologischer Kriminalroman , der sich mit den Folgen der «Opfer» befasst, denn letztendlich sind die schockierten Freunde auch Opfer des Massenmörders. Weiter zur Rezension:    Der Freund von Tiffany Tavernier

Rezension - Rath von Volker Kutscher

  Gelesen von David Nathan Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 21 Std. und 49 Min. Gereon und Charlotte Rath warten im Herbst 1938 nur noch auf den richtigen Moment, Deutschland zu verlassen, um nach Amerika zu gehen. Sie treffen sich heimlich in Hannover , denn Charly lebt immer noch in Berlin und Gereon, der als verstorben gilt, wohnt inkognito in Rhöndorf am Rhein , weil er seinen im Sterben liegenden Vater nicht im Stich lassen will. Charly sucht ihren ehemaligen Pflegesohn Fritze, der ausgerissen ist und unter Mordverdacht steht. Als sich die Lage zuspitzt, muss Gereon sein Versteck verlassen und Charly zu Hilfe kommen, nach Berlin reisen. Der 10. und letzte Band der Gereon Rath-Reihe - wie immer hochspannend, historisch gut recherchiert. Noirliteratur , ein feiner literarischer Krimi ! Empfehlung!  Weiter zur Rezension:    Rath von Volker Kutscher