Rezension
von Sabine Ibing
Beste Freunde
von Sharon Bolton
Der Anfang:
Wenn sie an jenen Sommer dachten, dann erinnerten sie sich an den bitteren Geschmack des Flusswassers im Mund und an Bierschaumspritzer auf heißer Haut, an Tage, die nachmittags begannen und endeten, wenn der Himmel im Osten heller wurde.
Sechs Freunde, drei Mädchen und drei Jungen, haben in einer Eliteschule Englands ihre Abschlussklausuren geschrieben und warten auf die Zensuren. Sie sind die besten Schüler des Jahrgangs und warten auf die Zulassung der elitären Universitäten. Fünf Upperclass-Teenies und eine Stipendiatin, die zwar dazugehört – aber nie ganz richtig – lümmeln am Pool der einen Familie, hängen abends, wenn die Kneipen geschlossen haben, im Pavillon im Garten ab. In der Hitze des Sommers haben sie Langeweile. Gerade volljährig (bis auf einen), den Führerschein in der Hand, denken sie sich eine Mutprobe aus: Geisterfahrten nachts auf der Autobahn; die eine Ausfahrt hoch, auf der nächsten wieder hinunter. Fast alle sind gefahren, nur noch einer fehlt noch, das schwächste Glied in der Kette. Etwas läuft schief und sie alle könnten ihr Leben verpfuscht haben. Was tun? Ein Deal, der zumindest die Zukunft von fünf von ihnen rettet. Eine hält den Kopf hin und verlangt dafür etwas von den anderen, lässt sich schriftlich die Geständnisse geben. Was soll schon passieren? Übermüdet falsch aufgefahren – eine Verkehrsgefährdung.
20 Jahre Später
Er streckte ihr die Hand hin und betete innerlich, dass sie keine Umarmung erwarten würde. Sie schwankte ein wenig, als sie aufstand, als wollten ihrer Beine sie nicht so recht tragen, und als sie die Hand hob, um sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen, sah er eine hässliche Narbe an der rechte Schläfe.
Doch es kommt anders. Nach 20 Jahren darf die eine das Gefängnis wieder verlassen, eine Menge von Schikanen von außen wurden ihr gegen ihre Entlassung jahrelang in den Weg gelegt. Endlich ist sie frei. Entgegen ihren Versprechen, hatten die anderen sie nicht im Knast besucht, ihre Briefe nicht beantwortet. Nun zwingt sie die alten Freunde, sich mit ihr zu treffen. Sie behauptet, sie will wissen, ob sie das wirklich damals getan hat, ob sie gefahren sei? Sie behauptet, sie hätte durch einen Unfall im Knast einen Teil ihres Gedächtnisses verloren. Wahrheit oder Lüge? Wird sie nun einfordern, was ihr zusteht?
Gute Unterhaltung
Ein spannender Schmöker mit Wendungen; die Autorin schafft es, durchgehend die Spannung hochzuhalten. Die Perspektive nimmt jeweils die Sicht der fünf Personen ein, die nicht bestraft wurden. Obwohl – so ganz ist die Sache von damals an keinem von ihnen spurlos vorbeigegangen. Die Figuren sind ein wenig stereotyp: reich, schön und hochintelligent; hinterhältige, kaltherzige Anwälte sind am Werk. Das Ende ist etwas aus dem Ruder geraten – ein Pageturner – aber da fehlte etwas. Die Stränge sind nur lose verwoben, zu viel bleibt unbeantwortet. Die Geschichte an sich ist durchschaubar, ein Psychospiel, das zum Ende doch noch Überraschungen bringt. Es ist ein Pageturner – da erwartet man gute Unterhaltung, mehr nicht – kein großer Wurf, auch nicht sprachlich. Bitte nicht drüber nachdenken, ob die Story rundherum glaubwürdig ist. Ein Buch zum Entspannen – auf dieser Ebene ist es gut gemacht.
Sharon Bolton, geboren in Lancashire, wurde mit ihrem Debütroman «Todesopfer» zum Star unter den britischen Spannungsautor:innen. Seitdem wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Dagger in the Library für ihr Gesamtwerk.
Beste Freunde
Originaltitel: The Pact, 2020
Aus dem Englischen übersetzt von Marie-Luise Bezzenberger
Thriller, Kriminalliteratur, Englische Literatur
Taschenbuch, 480 Seiten
Goldmann Verlag, 2022
Zeitgenössische Romane
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
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