Rezension
von Sabine Ibing
Wie der Hase läuft
von Rebekka Salm
Amsterdam, 1943: Emma de Vries und ihr Mann, der singende Bäcker Cees, lieben sich sehr. Eines Tages fällt in der Bäckerei ein Schuss, hinter dem Tresen stirbt der Inhaber, der immer wieder Juden versteckte. Seine Witwe, gerade volljährig, wird von der Patentante im Baselland aufgenommen. 2022, die junge Teresa arbeitet in der Brockenstube und sie ist mit Mirco zusammen. Durch die Räumung von Emmas Wohnung gibt es Spuren: Teresas Großvater hat wahrscheinlich als blutjunger deutscher Soldat den Bäcker in Amsterdam erschossen, der erste Mann vonMircos Großmutter; und sie begibt sich auf Spurensuche. Erinnerungen zweier Familien, die sich nicht erinnern wollen.
Wie viel wahr steckt eigentlich in wahrscheinlich?
Emma heiratet in der Schweiz den Hufschmied Bruno Köhler, der früh verstirbt. Im Alter zieht sie zurück nach Amsterdam. Als die Großmutter von Teresas Mann verstirbt, Emma, findet Teresa Spuren zu ihrem ersten Mann, der von einem Soldaten erschossen wurde. Und obendrauf scheint Mircos Vater Teresas Mutter sturzbetrunken überfahren zu haben, und eine Fahrerflucht begonnen zu haben. Ein wenig viele Zufälle bei einem Paar, bei dem sich die Vorfahren über drei Länder verteilt, so oft schicksalhaft begegnen. Hier wird recherchiert, gemauert und es wird kombiniert, geraten – vieles bleibt im Dunkeln. Mirco will die Geschichten Geschichte sein lassen, die Vergangenheit soll ruhen. Teresa stochert weiter, stellt am Ende fest, dass eben nicht alles zu recherchieren ist. Ich habe mich durch den Roman hindurchgeschoben, manches quergelesen, mich konnte er nicht begeistern. Der Stoff klang gut, man hätte eine spannende Geschichte daraus machen können. Mir haben die Kapitel nicht gefallen, in denen die verstorbenen Protagonist:innen agierten – denn wenn sie mitspielen, wäre zumindest eine Aufklärung für den Lesenden drin gewesen; aber der bleibt am Ende genauso unaufgeklärt wie Teresa. Die Metaphern sind gewöhnungsbedürftig, für mich hatten sie keinen Charme, z.B.: der Bäckersfrau geht ihr Schmerz auf «wie ein Hefeteig» und sie sinniert, Gott habe dort, wo das Herz sitzen soll «einen harten Laib Brot in der Brust». Nein, mein Buch war es nicht.
Rebekka Salm, geboren 1979 in Liestal und wohnhaft in Olten, studierte Islamwissenschaften und Geschichte in Basel und Bern, arbeitet als Texterin, Moderatorin und Erwachsenenbildnerin. Mit ihrem bemerkenswerten Debütroman «Die Dinge beim Namen» (2022) schaffte sie es in die Bestsellerlisten und wurde bereits zu über hundert Lesungen eingeladen. Rebekka Salm wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet: Förderpreise der Kantone Solothurn und Basellandschaft, Dreitannen-Förderpreis der Hans und Beatrice Maurer-Billeter-Stiftung.
Wie der Hase läuft
Hardcover, 195 Seiten
Zeitgenössische Literatur, Schweizerische Literatur
Knapp Verlag, 2024
Zeitgenössische Literatur
Hier verbirgt sich manche Perle der Literatur. Ich lese auch mal einen Bestseller, natürlich, aber mein Blick ruht immer auf den kleinen Verlagen, auf den freien Verlagen. Sie trauen sich was - und diese Werke sind in der Regel besser als der Mainstream der meistgekauften Bücher …Zeitgenössische Romane
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