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Was sind Regiokrimis? von Gabriela Kasperski

© Gabriela Kasperski


Was sind Regiokrimis?


von Gabriela Kasperski



«Eifel Filz» hieß der erste Regiokrimi, den ich bewusst wahrnahm. Es muss irgendwann in den Neunzigern gewesen sein. Ich habe das Buch in einer Kiste entdeckt, als mein Mann und ich unsere gemeinsame Wohnung bezogen. Er stammt aus Aachen, ich aus Zürich. Bis dahin las ich nur auf Englisch und kannte entsprechend nur englische und amerikanische Krimis.

Reisen im Kopf

Über Krimis habe ich so manche Region der Welt kennengelernt. Ich reiste zu Kinsey Millhone nach Santa Teresa, mit Michael Ochajon durch Jerusalem, mit Sir Thomas Linley durch London. Ich war in Venedig, in Stockholm, in Wales, auf der Insel Skye, in Edinburgh, bei Oslo. Ich war überall. Kopfkino. Nur in Deutschland und der Schweiz war ich nicht, büchermäßig. Da habe ich gelebt und gearbeitet. Nie hätte ich einen Krimi gelesen, der da spielt. Bis ich  Gisbert Haefs entdeckte. Und merkte, dass es auch im deutschsprachigen Raum spannende Krimis gibt.

Was ist ein Regiokrimi?

Der deutschsprachige Regiokrimi begann mit den Nuller Jahren so richtig zu blühen. Mein Verlag, Emons, gab 1985 den ersten deutschen Regionalkrimi heraus und ist ein Wegbereiter für das Genre, respektive das Subgenre. Was ist denn das Wesen eines Regiokrimis, habe ich mich gefragt. Spielen nicht alle Krimis an irgendeinem Ort? Entwickelt sich eine Geschichte in Südschweden nicht anders als sie dies in Texas tun würde, ganz einfach, weil Menschen so sind wie sie sind, weil sie leben, wie sie leben und wo sie leben?

Das meint Wikipedia

Mir schien diese Genre-Einteilung immer etwas suspekt. Im englischen Sprachraum kommt sie übrigens kaum vor. Es gibt kein Regional Crime oder Local Crime, was soviel heißen würde, wie Regiokrimi. Bei Wikipedia heißt es:

Bezeichnend für einen Regionalkrimi ist ein mehr oder weniger mit seiner Heimat verbundener Ermittler.… Sie sprechen damit insbesondere Leser an, die sich nicht in erster Linie für die eigentliche Handlung des Krimis interessieren, sondern vor allem auch für ihre eigene Region bzw. ihre Stadt, in der sie die Romanhandlung wiederfinden wollen und den Handlungsort kennen. …das Spektrum reicht dabei von allgemein bekannten, professionellen Schriftstellern bis zu Personen, die das Schreiben eher als Freizeitbeschäftigung betreiben. (Quelle: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Regionalkrimi)

Bretagne

Gabrielas Definition

Uhoh. Das tut weh. Leser (wo sind die Leserinnen?), die sich nicht für die Handlung interessieren, sondern vor allem für die Region? Und dazu Freizeit-Schriftsteller? Vielleicht müsste man den Artikel wieder mal updaten. Meine Definition sieht so aus: Wie für jeden anderen Krimi braucht es für einen Regiokrimi vielschichtige Figuren, einen Plot mit überraschenden Wendungen und eine Auflösung, die alles nochmal in Frage stellt. Es braucht eine passende Atmosphäre und ein überzeugendes Setting. Jeder Ort hat seine Schönheit, seine Originalität und seine Einzigartigkeit. Man muss nur hinschauen. Und genau das tun Autorinnen und Autoren. Sie schauen genau hin, voller Neugier und Lust und nehmen die Impulse aus der Natur, der Stadt, aus dem Umfeld auf, um sie mit der Geschichte zu verweben.


Bretagne

Eine Landschaft, die das Herz berührt

Meine Geschichten sind regional. Ob in Zürich, am Greifensee, in London oder in der Bretagne. Mein neuster Krimi heißt «Bretonisch mit Meerblick« (frisch erschienen Ende Mai). Er spielt auf der Presqu’île de Crozon. Im Finistère, am «Bout du Monde», dem «Ende der Welt». Dort fahre ich seit zehn Jahren jeden Sommer hin. Eine Art Wahlheimat. Mir gefällt die Natur, ich liebe die Menschen, ich mag Galettes und Crêpes. Und vor allem liebe ich das Meer. Den Ozean. Eine Stunde am Strand, im Wind, Salz auf den Lippen – und ich fühle mich wie neu geboren. Eine Geschichte zu entwerfen, die da spielt, war mir eine Ehre und eine Freude. Mit den Augen einer Fremden, denn die bleibe ich natürlich, auf diesen Ort zu schauen und mir auszudenken, was für eine Geschichte genau hier spielen könnte. So habe ich Tereza Berger entwickelt, eine Schweizerin, die auf Crozon ein Haus und eine deutsche Buchhandlung erbt. Und die sich verliebt. In eine Landschaft, die ihr Herz berührt.


Zürich

Global regional

Meine Geschichten sind regional und global. Ich behaupte, eine Lesende in Tokio versteht Terezas Emotionen genauso wie eine in Luzern oder in Hamburg.
Meine Krimireihe um Schnyder&Meier ist multiperspektivisch erzählt und anspruchsvoll zu lesen. Sie spielt mehrheitlich in Zürich. Der nächste Band erscheint im November und heißt «Zürcher Filz». Global regional.


© Gabriela Kasperski
Gabriela Kasperski war als Moderatorin im Radio- und TV-Bereich und als Theaterschauspielerin tätig. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie in Zürich und ist Regisseurin und Dozentin für Synchronisation und Figurenentwicklung. Mit der Geschichtenbäckerei betreibt sie ein Atelier zum kreativen Schreiben. Ihren Sommer verbringt sie jeweils in der Bretagne.

Website: Gabriela Kasperski







Dieser Artikel läuft unter der Rubrik: Krimi und Thriller, eigentlich ein kunterbuntes Genre
Weitere Artikel von anderen Autoren sind hier zu finden: Krimi und Thriller - ein kunterbuntes Genre



«Bretonisch mit Meerblick«  erschien im Mai 2020.
Trailer zum Krimi
zur Rezension:   Bretonisch mit Meerblick von Gabriela Kasperski



«Zürcher Filz» wird im November 2020 zu haben sein.


  





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