Direkt zum Hauptbereich

Schlafen wie die Rüben von Finn-Ole Heinrich, Dita Zipfel und Tine Schulz - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Schlafen wie die Rüben 

von Finn-Ole Heinrich, Dita Zipfel und Tine Schulz


Bei uns zu Hause gibts ein knallefestes Ritual.

Jeden Abend, immer gleich:

Das große Zubettgehen der kleinen Leute

nennen meine Eltern das.


Zuerst Hüpferei, dann Esel Olga schütteln, aus dem See trinken und in die Becker grölen, den Himmel striegeln, die Betten verdauen und den Morgen ölen ... Wilde Geschichten aus der kunterbunten Familie Rübe werden hier präsentiert, herrlich lustig, Seite um Seite. Aber, da kann doch irgendetwas nicht stimmen, machen die solche Dinge vor dem Einschlafen? Und richtig, die Erzählerin hatte einige Sachen durcheinandergebracht. 




Honig auf die Kissen schmieren,

der Nachtsichtbrille Witze schnitzen

hundert Liter Teechen grölen,

Schluck um Schluck die Sonne trinken,

bis die Geister nicht mehr schlüpfen.


Drum geht es nochmal von vorn los, nun in der richtigen Reihenfolge:



Im Garten striegeln wir den See,

dann steht der Esel tief im Tee,

guckt mit gut geölten Augen durch die Sonnenbrille

und wir löffeln schön Gegröle in die Stille,

warten, wie die Dunkelheit den Zweck vertreibt

und der Mond im Becher bleibt.


Die Gute-Nacht-Geschichte von Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel beschäftigt sich mit Einschlafritualen, das auf ziemlich witzige Art und Weise, kreativ und atemlos. Und dann schlägt es um. Unruhe ordnen, inhaltlich, sprachlich – Ordnung verschafft Entspannung. Die Vorbereitung auf den Schlaf. Genauso ist dieses Buch aufgebaut. Chaotische, wirbelnde Turbulenzen werden in Reihe gesetzt, in Reime, Erholung kehrt in den Text ein, gleitet hinein zum Schlaf. Die Grafiken sind fetzig und bunt, aber nicht knallig, da es sich um abgetönte Farben handelt: Rot/Lachs/Weinrot, Marineblau in Abstufung, Weiß, Schwarz/Grautöne. In witziger computeranimierter Grafik fängt Tine Schulz den erzählten Nonsens auf und stellt ihn zur Untermalung zum Text bildlich dar. Die Text-Bild-Kombination ist herrlich! Natürlich soll man das ganze Ritual auch nachspielen! Kann man danach schlafen, nach Gegacker, Grölen und Gehüpfe? Kann man. Vor Erschöpfung. Ein herrliches Kinderbuch, sprachlich kreativ und witzig, mit einem wundervollen Rhythmus in der Geschichte, unterstreichende Grafik. Meine Empfehlung! Der Mairisch Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 4 Jahren. Da gehe ich mit.


Licht aus, Tür zu, Stille.

Jetzt bräuchte man ne Nachtsichtbrille.


Finn-Ole Heinrich, Jahrgang 1982, ist vielfach ausgezeichneter Autor von Erzählbänden, Romanen (Räuberhände), und Kinderbüchern (Maulina Schmitt / Frerk, du Zwerg). Für seine Kinderbücher erhielt er u.a. den Deutsch-Französischer Jugendliteraturpreis 2014, den LUCHS 2015, das Hamburger Tüddelband 2014, und den Deutschen Jugendliteraturpreis 2012. Deutsch-Französischer Jugendliteraturpreis 2014, den Deutscher Jugendliteraturpreis 2020, den Korbinian - Paul Maar-Prei

Dita Zipfel, Jahrgang 1981 schreibt Bilderbücher, Theaterstücke, Drehbücher und Romane. Zuletzt erhielt sie den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020 sowie den Korbinian – Paul Maar-Preis 2020. Finn und Dita leben zusammen in Berlin und Südfrankreich.

Tine Schulz, Jahrgang 1981, Illustratorin und Zeichnerin für Verlage, Magazine und Organisationen - am liebsten für Kinder und alles, was fair, sozial, nachhaltig ist und die Welt ein wenig besser macht. Nach einer Ausbildung zur Mediengestalterin, einigen Jahren als Grafikerin und einem Kommunikationsdesignstudium arbeitet sie jetzt als freiberufliche Illustratorin in Rostock und auf Rügen.

 

Trailer: https://vimeo.com/535835021


Finn-Ole Heinrich, Dita Zipfel, Tine Schulz 
Schlafen wie die Rüben
Kinderbuch, Bilderbuch, Gutenachtgeschichten
Hardcover, 3 Sonderfarben, 32 Seiten, 19,6 x 26 cm
Mairisch Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 4 Jahren




Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

  Ein atmosphärisch dichter und spannender Schweden-Krimi von Hans Rosenfeldt, bekannter Krimiautor und Drehbuchautor (skandinavische TV-Serie «Die Brücke», britische Fernsehserie «Marcella» über Netflix) erwartet uns mit dem Auftakt einer neuen Serie. Die Erwartungen waren hoch. Rosenfeldt hat geliefert. Die Kleinstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze, wird zufällig zum Schauplatz eines Drogendeals. Wer hat die Drogen und das Geld, wer wird sie am Ende bekommen? Der einzige der durchblickt, ist der Leser – Dank Mehrperspektivität. Denn alle Protagonisten tappen im Dunkeln – wissen nichts voneinander. Ein komplexer und spannungsreicher Thriller! Weiter zur Rezension:    Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige . «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille , zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck  

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo

  1983 , der Polizist Noah Scott ist besessen davon, den Serienmörder Bible John zu erwischen. Er steht im Verdacht, Frauen, die aus Diskotheken verschwanden, nie wieder auftauchten, ermordet zu haben. Seit Jahren ist Noah an dem Fall dran, und er glaubt, den Täter identifiziert zu haben. Er folgt John Clyde und es gelingt ihm, auf seinem persönlichen Friedhof die Handschellen anzulegen – doch dann krampft sich etwas in seiner Brust zusammen und es wird schwarz vor seinen Augen … Ein spanischer literarischer Thriller vom Feinsten! Weiter zur Rezension:    Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo