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Richtig dicke Freunde von Heribert Schulmeyer und Rüdiger Bertram - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Richtig dicke Freunde 


von Heribert Schulmeyer und Rüdiger Bertram


Der klapperdünne Storch und das massige Nilpferd sind dicke Freunde. Doch wo bleibt nur das Nilpferd?, denkt der Storch. In seinen Gedanken malt er sich aus, was die beiden zusammen jetzt anstellen könnten.
Skateboard fahren, TV schauen, der Storch würde ein Baumhaus bauen, in der Badewanne sitzen, Drachen steigen lassen, aufs Meer gucken, der Storch liest dem Nilpferd etwas vor. Die Bilder suggerieren die Beschäftigung, doch die Texte blicken dahinter. Wir sausen mit dem Skateboard um die Welt – ich bin bei dir, wenn du dich bei einem Film gruselst – ich lese dir vor. Hinter der Aktivität steckt eine Emotion, ein füreinander da sein, zu wissen, wo die Schwächen des anderen liegen, diese auszugleichen.




Was kann man alles zusammen anstellen? Was kann man für den anderen tun? Was würde uns Spaß machen? Allein der Gedanke daran tut gut. Echte Freundschaft bleibt erhalten, auch über die Ferne hinweg. Um so größer ist die Freude dies Wiedersehens – denn dann reserviert man seine Zeit nur für den Freund. Die Aktion, die aus dem Bild entspringt, wird mit Emotion unterfüttert – das hat mit gut gefallen.




Die Aquarelle von Heribert Schulmeyer sind kräftig, in Naturtönen gehalten. Trotz der groben Struktur, die die Bilder wie Vorskizzen, Entwürfe, wirken lässt, sind sie einladend, haben in den Tonlagen eine beruhigende Wirkung. Das Cover zieht hinein, großflächig über die ganze Seite. Im Buch sind die Grafiken dann halbiert in der Größe, jeweils auf der rechten Seite platziert, wirken wie mit einem Passepartout umgeben. Die linke Seite ist weiß, auf der mittendrin ein halber Satz zu lesen ist. Hält man die linke Seite weg, wirkt die rechte mit dem kleinen Bild gut mit dem riesigen Rahmen - aber nicht bei jedem Bild für mich, weil das Weiß des Rahmens nicht immer kompatibel ist. Hält man beide Seiten geöffnet, wirken die Aquarelle für mich verloren. Das ist schade. Es gibt ein ähnliches Bilderbuch mit Zeichnungen von Heribert Schulmeyer: «Alwina und Nelli». Das wirkt auf mich völlig anders. Hier sind die Bilder auch «gerahmt», jedoch ist das Verhältnis Bild – Seite ist wesentlich größer und die Textmenge der linken Seite ebenso. Lege ich die Bücher nebeneinander, haben sie in der Komposition der Blattaufteilung eine divergente Wirkung auf mich. Ja, und leider ist das Titelbild für mich auch mit Abstand das schönste Aquarell im Buch, von der Ausstrahlung und der Zeichenqualität. Letztendlich ist das alles Geschmack. Rundum ist das Bilderbuch geglückt – eins über Freundschaft, über das Vermissen und das Wiedersehen. «Alwina und Nelli» ist für mich aber um Klassen besser gelungen. Der Altersempfehlung vom Anne Betz Verlag, ab 4 Jahren, schließe ich mich an.





Rüdiger Bertram, aus Ratingen schreibt seit über fünfzehn Jahren lustige und ernste Bücher für Kinder und Jugendliche. Er wohnt mit Frau, Tochter und einer Million Bücher in Köln.

Heribert Schulmeyer arbeitete nach einem Studium der freien Kunst und Grafik in Köln zehn Jahre in der Werbung, bevor er Geschichten und Figuren für die Sendung mit der Maus entwickelte. Bis heute hat er zahlreiche Bilderbücher illustriert und geschrieben. Mit Autor Rüdiger Bertram verbindet ihn eine langjährige Freundschaft, aus der bereits mehrere gemeinsame Buchprojekte hervorgegangen sind.


Heribert Schulmeyer und Rüdiger Bertram
Richtig dicke Freunde
Bilderbuch
Anne Betz Verlag, 2020
32 Seiten
Altersempfehlung: ab 4 Jahren

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