Direkt zum Hauptbereich

Mediterran von Ali Güngörmüs - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Mediterran 


von Ali Güngörmüs

100 kreative Rezepte rund ums Mittelmeer


Von Marokko über Spanien nach Frankreich, Italien, Griechenland bis in die Türkei – mit über 100 mediterranen Rezepten ist diese kulinarische Reise bestückt, teils in einer Kombination aus verschiedenen Länderküchen. Das Konzept, das dahintersteht, ist rasch erklärt: nämlich einfach, Zeit sparend, für jeden nachzukochen. Schnelle Gerichte, die keine lange Vorbereitung benötigen, keinen Aufwand an Zutaten benötigen. Schnelle Gerichte, die keine lange Vorbereitung benötigen, keinen Aufwand an Zutaten benötigen. Insofern sind es «bürgerliche» Rezepte, die keine riesigen Ahas entlocken, es gibt viel Bekanntes, aber auch neue Ideen, die sofort Anreiz bieten, sie auszuprobieren. Enthalten sind viele fleischlose Rezepte, es gibt einiges an Fisch und Meeresfrüchten, ein paar Fleischrezepte. 




Das Kochbuch ist aufgeteilt in die klassischen Kapitel: Vorspeisen, Salate und Suppen; Gemüse und Pasta; Fisch und Meeresfrüchte; Geflügel und Fleisch; Desserts; Grundrezepte. Auf der einen Seite das Foto,  auf der anderen eine kurze Erklärung zur Herkunft und zu den Komponenten, es folgt die Zutatenliste und die Zubereitungsanleitung – gut strukturiert. Der Umgang mit Gewürzen ist spartanisch, Ras-el-Hanout, Baharat, Curry oder Dukka sind die Exoten, wobei diese heute fast jeder Hobbykoch im Haus hat. Die restlichen Gewürze sollte man im Schrank haben. Ich weiß nicht genau, was Ali Güngörmüs unter einer Prise versteht – eine Mengenangabe, die häufig vorkommt. Eine Prise für ein ganzes Huhn! Spartanisch mit Gewürzen umgehen, bedeutet nicht, fürs Seniorenheim zu kochen. Hier fehlt bei den Mengenangaben eindeutig der Pfiff! Es gibt eine Menge toller Rezepte, eindeutig. Aber bei den Mengenangaben kam ich nicht aus dem Staunen heraus. Für die italienische Küche bleibe ich lieber beim Altbewährten, Rezepte die über Generationen funktionieren. Einen Nudelteig mit 20 Eigelb und Butter traue ich mich nicht auszuprobieren, will ich auch nicht versuchen, wenn 1-3 Eier reichen, Butter nicht nötig ist. Und ein Vitello tonnato mit Mayo aus dem Glas und Worcestersoße ließ mich erzittern – beides ist gar nicht nötig am tonnato. Und bei manchen Rezepten steht Tomatenfond (damit ist nicht der Klare gemeint, sondern die Klassische mit Zwiebel, Knoblauch, Öl) hinzufügen. Nur wieso ist auf dem Foto so rein gar nichts Rotes zu finden? So als wenn nach der Beigabe von Riesling und Noillly Prat zu den Fregola Sarda keine weitere flüssige Zutat mehr zugefügt wurde. Manches erschließt sich einfach nicht. Ich probiere mich dann lieber am Börek mit Spinat und Schafskäse, dazu Zitronenjoghurt oder Lammkoteletts mit Blumenkohl-Couscus und Granatapfelcreme, Lachs mit Kartoffel-Oliventaschen oder eine von den leckeren Süppchen. Das ein oder andere ist ausgefallen, wie gebackener Lachstatar mit roter Beete, die Taleggio-Gnocchi mit Spinatcreme oder der Pulpo auf einem Auberginenmus.



Bei den Desserts war ich recht enttäuscht. Bis auf ein Baklava und Crème brûlée habe ich nichts spezielles Mediterranes gefunden. Crêpes mit Walnuss-Nougat Eis, Mandelclafoutis mit Sorbet, Vanillemousse mit Himbeersorbet, Beeren mit Zitronenquark, das klingt eher ideenlos, die Schokoküchlein eher amerikanisch. Wer Großes erwartet, den muss ich enttäuschen. Allerdings gibt es hier eine Menge alltagstauglicher Rezepte, die Lust aufs Nachkochen wecken. Alltagstauglichkeit steht im Vordergrund. Und solche Rezepte brauchen wir auch! Das Buch ist ebenfalls dienlich für Anfänger. Nur da, wo eine Prise steht, würde ich überlegen, das ein oder andere Mal lieber ein bis zwei Teelöffel zu nehmen, damit man das Gewürz auch schmeckt. Wer ein Kochbuch für jeden Tag sucht, mit frischen, einfachen Rezepten, der liegt hier richtig. Hier setzt sich auch kein Koch als Person in Szene, was sehr wohltuend ist. Was zählt, sind die Rezepte, mit Zutaten die man überall bekommt, die für jeden ohne Mühe nachzumachen sind.



Wir haben eins der Rezepte gleich ausprobiert - obwohl, sehr mediterran ist es nicht. Rösti (Schweiz) mit Lachstatar (Skandinavien - aber seit der Erfindung des Kühlschranks hat es in touristischen Gebieten am Mittelmeer Einzug gefunden) und dazu einen Gurkensalat mit Creme Fresh und Dill angemacht (typisch deutsch). Egal, ist ein leckeres Menü. Im Rezept werden die rohen Kartoffelstreifen mit 2 Eigelb, Salz und Pfeffer angerührt. Eine besondere Variante. Ausprobiert. Der Geschmack des Eigelbs dominiert die Rösti, ohne schmeckt es uns besser. Durch das Eigelb wird der Rösti auch sehr dunkel, was uns beim heimischen Rezept, nur mit Salz und Pfeffer würzen, noch nie passiert ist. Da fällt dank der Stärke auch nichts auseinander. Wir haben beim Lachstatar weniger Olivenöl genommen und ein bisschen Sesamöl beigegeben, damit das Ganze Geschmack bekommt.




Ali Güngörmüs ist Spitzen- und TV-Koch mit eigenem Restaurant in München. Im Fernsehen hat er sich als cleverer und begeisterungsfähiger TV-Koch in Sendungen wie «Die Küchenschlacht», «Grill den Profi» und der NDR-Reihe «Tipps & Trends» einen Namen gemacht. Mit seinem 2005 eröffneten Lokal Le Canard Nouveau wurde er 2006 als erster türkischstämmiger Koch weltweit mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Mit dem Pageou in München besann er sich 2014 auf seine Wurzeln und widmet sich dort mediterran-orientalischen Genüssen.



Ali Güngörmüs 
Mediterran
100 kreative Rezepte rund ums Mittelmeer
Sachbuch, Kochbuch, mediterrane Küche
224 Seiten, 189 x 246 mm, fester Einband
Mit 100 farbigen Fotos
Dorling Kindersley Verlag, 2021


Sachbücher

Hier stelle ich Sachbücher vor, die im Prinzip nichts mit Fachliteratur zu tun haben. Eben Sachbücher jeder Art, die ein breites Publikum interessieren könnte.
Sachbücher


Kulinarische Bücher 

Kochbücher, Backbücher und alles rund um Lebensmittel findet sich kompakt auf dieser Seite. Auch Genussromane, soweit ich welche lese. Schleckermäulchen also hierher klicken:

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Zappenduster von Hubertus Becker

Wahres aus der Unterwelt Kurzgeschichten aus der Unterwelt: »Alle Autoren haben mehr als zehn Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbracht.« 13 Geschichten von 6 verschiedenen Autor*innen. Diverse Schreibstile, vermischte Themen, aber das Zentralthema ist Kriminalität. Knastgeschichten, Strafvollzug, die Erzählungen haben mir unterschiedlich gut gefallen – zwei davon haben mich beeindruckt, die von Sabine Theißen und Ingo Flam. Weiter zur Rezension:  Zappenduster von Hubertus Becker 

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Kein Bock mehr von Anna Lott und Andrea Ringli

  Eine witzige Geschichte über ein starkes Mädchen, das Verantwortung für ihre Umwelt übernimmt. Eines Tages kommt Juli aus dem Haus und der Baum ist weg. Wo mag er geblieben sein? Doch als Juli nach Hause kommt, liegt er in ihrem Bett: «Kein Bock mehr!» Den Baum hat es erwischt: Burnout. Kein Wunder, dass er so viel arbeiten muss, denn er ist der einzige Baum weit und breit. Aber wo soll die Amsel denn nun ihr Nest bauen? Und wo soll die Fledermaus schlafen? Kein Problem, meint Juli, der Baum brauchte sicher nur mal eine Pause. Und so lange kann sie ja für die Tiere da sein … Humorvolles Bilderbuch mit Tiefgang ab 3 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Kein Bock mehr von Anna Lott und Andrea Ringli 

Rezension - Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

  Aram Mattioli erzählt zum ersten Mal den langanhaltenden Widerstand der First Peoples in den USA - vom First Universal Races Congress (1911) über die Red Power-Ära und die Besetzung von Wounded Knee (1973) bis hin zu den Protesten gegen die Kolumbus-Feierlichkeiten (1992). Die American Indians waren dabei nie nur passive Opfer, sondern stellten sich dem übermächtigen Staat sowohl friedlich als auch militant entgegen.  Schwer verdaulich, wie die Native Americans noch im 20. Jahrhundert entrechtet und diskriminiert wurden. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Zeiten der Auflehnung von Aram Mattioli

Rezension - Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

  Eine fantasievolle poetische Gutenachtgeschichte, eine Bilderbuch-Reise über das, was in der Nacht geschieht. Eine Tochter fragt den Papa: «Was ich dich schon immer mal fragen wollte ..... Was passiert eigentlich, wenn ich schlafe?» Und der Papa beginnt zu erzählen. Es beginnt um neun Uhr. Stunde um Stunde verändert sich die Nacht und zeigt uns ihr wahres, ihr traumgleiches Antlitz: Statuen spielen verstecken, Telefone rufen sich gegenseitig an, der Wal im Schwimmbad traut sich an die Wasseroberfläche, die Laternen trinken aus Pfützen… Ist das möglich, was Papa erzählt? Oder will er uns einen Bären aufbinden? Eine wunderschöne Gutenachtgeschichte ab 4 Jahren, die zu herrlichen Träumen einlädt. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

Rezension - Das Wassergespenst von John Kentrick Banges und Barbara Yelin

Dieses witzig-gruslige Jugendbuch, bzw., schlicht Comic, nimmt eine über 100 Jahre alten Geschichte von John Kendrick Bangs auf. Die Comic-Zeichnerin Barbara Yelini interpretiert die Story neu mit wundervollen Wasserbildern. Ein wundervoller Comic für Jugendliche, die nicht sehr lesebegeistert sind. Zur Rezension:    Das Wassergespenst von John Kentrick Banges und Barbara Yelin

Rezension - In allen Spiegeln ist sie Schwarz von Lolá Ákínmádé Åkerström

  Kemi, Brittany-Rae und Muna: drei Frauen leben in Schweden – drei völlig unterschiedliche Lebenswelten; eins haben sie gemeinsam: Sie sind schwarz und nicht in Schweden geboren. Ihre Ausgangssituationen können kaum unterschiedlicher sein. Trotzdem beginnen sich ihre Leben auf unerwartete Weise zu überschneiden – in Stockholm, einer als liberal geltenden Stadt. «In allen Spiegeln ist sie Schwarz» erzählt die schwierigen Themen Migration, Rassismus, Sexismus und Identität mit Leichtigkeit; obwohl nichts komplexer ist als dieser Themenbereich. Spannender zeitgenössischer Roman. Empfehlung!  Weiter zur Rezension:   In allen Spiegeln ist sie Schwarz von Lolá Ákínmádé Åkerström

Rezension - In der Ferne von Hernan Diaz

  Anfang der 1850er Jahre, Håkan Söderström lebt zu einer Zeit in Schweden, in der die Menschen täglich ums Überleben kämpfen. Auszuwandern ins gelobte Land Amerika scheint eine Chance. So schickt der Vater die ältesten Jungen los. Zusammen mit seinem großen Bruder Linus steigt Håkan auf das Schiff nach England. Von dort soll es nach Nujårk, New York, weitergehen, doch im Hafen von Portsmouth verlieren sich die Brüder. Håkan fragt sich durch: Amerika! Doch der Bruder erscheint nicht auf dem Schiff – denn Håkan sitzt auf dem nach Buenos Aires. Das kapiert er zu spät, steigt in San Francisco aus. New York ist sein Ziel. Fest entschlossen, den Bruder zu finden, macht er sich zu Fuß auf den Weg, entgegen dem Strom der Glückssucher und Banditen, die nach Westen drängen. Sprachlich ausgefeilt, eine spannender, berührender Anti-Western, ein Drama mit einem feinen Ende. Die Epoche der Besiedlung Amerikas, Kaliforniens, wird hautnah eingefangen. Empfehlung! Weiter zur Rezension:  In der Ferne v

Rezension - Ist Oma noch zu retten? von Marie Hüttner

  Ein herrlich spaßiger, spannender Kinderkrimi! Mit Papa und seiner neuen Flamme in die Berge zum Wandern oder zu Oma Lore. Keine Frage! Bei der fetzigen Lore ist es immer lustig. Jetzt sitzt Pia aber seit über einer Stunde auf dem Bahnhof, ohne dass Oma sie abgeholt hat. Sehr seltsam. Omas Haus ist nicht weit entfernt; und so macht sich Pia mit ihrem Rollkoffer auf den Weg. Niemand öffnet die Tür! Durch ein offenes Fenster gelangt sie hinein. Doch Oma bleibt verschwunden. Die Detektivarbeit beginnt … Ein Pageturner, ein Kinderroman, eine waschechte Heldenreise, ein rasanter Abenteuerroman und nervenkitzelnder Kinderkrimi ab 8-10 Jahren. Unbedingt lesen!  Weiter zur Rezension:   Ist Oma noch zu retten? von Marie Hüttner

Die wichtigen deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchpreise 2021

  Deutscher Jugendbuchpreis 2021, Kinderbuchpreis 2021, Serafina (Illustration), Schweizer Jugendbuchpreis, Österreichischer Kinder- und Jugendbuchpreis Wie heißt es so schön: Es ist geschafft! Natürlich gibt es eine Menge kleiner Preise für Kinder- und Jugendliteratur. Ich habe mir die wichtigsten deutschsprachigen herausgenommen: Drei nationale Preise, Deutschland, Österreich, Schweiz und den Preis für Illustration im Bilderbuch. Ich habe auch den neuen Kinderbuchpreis (eine Privatinitiative) mit hineingenommen, da er beachtenswert für Autoren und Verlage ist - und weil er in der Jury Kinder mit einbezieht. Deutscher Jugendliteraturpreis 2021 - Gewinner und Nominierte Die Preise der Kritiker- und Jugendjury sind mit je 10.000 Euro dotiert Sparte Bilderbuch  Gewinner: Sydney Smith  Unsichtbar in der großen Stadt Aus dem Englischen von Bernadette Ott Aladin Verlag Ab 4 Jahren Allein in der großen Stadt zu sein, ist manchmal unheimlich. Besonders, wenn man klein ist und alles um einen h