Direkt zum Hauptbereich

Herzschlag des Bösen von Matthias Soeder - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Herzschlag des Bösen 


von Matthias Soeder 


Der Anfang: 

Wie immer kurz vor dem Finale war Igor Poljakow berauscht von diesem archaischen Trieb des Tötens. Seine Hände zitterten vor Erregung, als er die App auf dem Smartphone öffnete. Der rot blinkende Punkt des GPS-Trackers bewegte sich zügig auf ihn zu, sie mussten jeden Augenblick auftauchen.


Was wollte der Autor mir mit diesem Buch sagen? Einfach mal irgendeinen Thriller schreiben? Dies ist das schlechteste Buch aus dem Crimebereich, das ich seit langem gelesen habe. Handlung, Charaktere, Stil – nichts, das man herausheben könnte. Ziemlich viele Personen und Handlungsstränge bringen keine gradlinige Story zusammen, Spannung kommt nicht auf und und das Ende ist obendrein schlicht langweilig. Igor Poljakow ist ein Auftragskiller und einer von der Sorte, denen der Job Spaß macht, insbesondere, wenn man dabei Frauen langsam quälen kann. Er hat einen zweiten Strang: Der Mann hat schon einmal gelebt, vor 400 Jahren, zur Zeit der Hexenverfolgung. Eine Nebenstory, die hier so gar nicht hineinpassen will. Nun bekommt er den Auftrag, eine Journalistin zu töten, hanna – und genau die hat er als die böse Nonne identifiziert, die ihn vor 400 Jahren gequält hat. Welch ein Zufall. Nebenbeibemerkt, die Dame lebt ein Dreivierteljahr später immer noch und der Auftrag ist dem Autor entfallen, wird nie wieder erwähnt. Sehr aufwendig installiert er bei Hanna Überwachungselektronik und beobachtet sie. 


Extrem schwache Dialoge

Igor reist mit wechselndem Namen durch die Welt und mordet an diversen Orten und überall ermittelt die Polizei. Sehr merkwürdig, wie diese Tatortpolizisten agieren. Dieser Mörder, der absolut sauber arbeitet, hinterlässt dann doch in LA einen halben Fingerabdruck und DNA im Abfluss der Dusche, Zufall. Und zufällig hatte die Tote einer Freundin erzählt, bei einem Videochat hätte sie eine Jacke im Hintergrund gesehen ... Und zufällig ahnt man nun, welchen Beruf der Mann hat. Damit ist der Täter schnell eingekreist; man stellt mal schnell unkompliziert eine Amtshilfeanfrage nach Deutschland und Schwupps hat man den Täter erwischt und verhaftet. Die Geliebte ist entsetzt. Die Dialoge in diesem Buch sind insgesamt extrem schwach – aber die Polizeiverhöre toppen alles. Dagegen sind die der «Rosenheimcops» fast Reality. 


Leblose Figuren

Hanna Engel ist die besagte Zielperson, die zu töten ist. Ihre Geschichte beginnt in Nigeria, wo sie über Frauen im Rebellengebiet berichten will. Das wird anerzählt – Ende. Was dort genau gelaufen ist, werden wir nicht erfahren – sie ist eben gescheitert, hat schlechte Erinnerungen. Ihr Lebenspartner, Vincenzo, ist der Chef des Medienunternehmens, in dem sie arbeitet (schicker Anzug, teure Schuhe und Goldkettchen) – er macht ihr vor versammelter Belegschaft auf der Bühne einen Heiratsantrag. Und sie weist ihn ab, weil sie ihn sowieso verlassen will und kündigen. Auch hier erfahren wir nichts weiter über die Beziehung und die Gründe, weshalb Hanna sie beenden will. Der Mann ist Sizilianer – und was machen Sizilianer, wenn ihnen die Frau wegläuft? Vendetta! Den Auftrag zum Abmurksen erteilen. Und vorher natürlich als mächtiger Mann dafür sorgen, dass kein großer Medienkonzern die so fähige Journalistin einstellt! Hanna verliebt sich nun in einen Piloten. Und überall auf der Welt, wo Jens landet, passieren schreckliche Frauenmorde ... das ist sehr durchsichtig.


Ein schwacher Thriller


Seit vielen Jahren führte er dieses elektronische Tagebuch. Jeden Mord, jede Folter, egal ob Auftrag oder Privatvergnügen, trug er detailliert ein. Das Tagebuch war seine Bibel.


Der Killer hatte eine schlechte Kindheit und eine ganz schlimme vor 400 Jahren. Jesses! Klischees, Klischees, Klischees ... Marius, stellvertretender Leiter der Mordkommission K11 benötigt natürlich auch eine Nebenstory – er arbeitet nur Teilzeit, in der anderen Hälfte begattet er reiche Frauen, um teure Geschenke zu erhalten, z.B. einen Porsche. Welchen Sinn hatte dieser Strang? Flache, leblose Figuren. Nebenfiguren, von denen man sich fragt, warum sie überhaupt mitspielen. Viele angefangene Stränge, die im Sande verlaufen. Figuren in Masse, über die man nichts erfährt. Hier wird viel gestrahlt, gegrinst und gelacht: «Er strahlte sie wieder an.» Frauen ergötzen sich an dem muskulösen Körper des hinreißenden Killers – da macht es nichts, dass er ein wenig klein geraten ist. Der Autor ist Pilot. Wenn er über das Fliegen schreibt, dann wird er glaubhaft und kompetent, die Passagen sind allerdings kurz. Und es gibt dann immer wieder Sätze, die einem vom Stuhl reißen: «Dicke Backen und der Ansatz eines Doppelkinns ließen einen Schweinefleischfresser vermuten.» Ein Versuch von Hardboiled-Literatur – aber das funktioniert nicht wirklich. Sprachlich einfach gestrickt mit einigen Ausdrucksfehlern, stilistisch nicht rein, es kommt keine Atmosphäre auf in den vielen kleinen Baustellen. Es wird erklärt, wo es nicht nötig ist, man kommt den Protagonisten nicht nahe und bekommt kein Gefühl für die Örtlichkeiten, holzschnittartig, alles ohne Leben. Drum habe ich viel quergelesen. Einige aufgenommene Maschen in der Geschichte werden fallengelassen, reißen Löcher hinein. Selbst der Spannungsbogen ist merkwürdig, denn der flacht nach hinten total ab. Ruckzuck findet die Polizei Spuren, Kommissar Zufall ist behilflich und man zählt eins und eins zusammen; kauzige Verhöre finden statt und eine abstruse Polizeiarbeit. Hopps, fertig, Ende. 


Matthias Soeder, geboren 1962 in Schweinfurt, war Verkehrspilot und steuerte Flugzeuge bei East West Airlines und bei Lufthansa Cityline. In seinen letzten 19 Berufsjahren flog er als Kapitän bei der Frachtairline ‚Cargolux‘ mit dem Jumbo kreuz und quer durch die Welt. Den Job als Pilot hat er vor Kurzem an den Nagel gehängt, um sich voll und ganz seiner Leidenschaft, dem Schreiben von Thrillern, zu widmen. 



Matthias Soeder
Herzschlag der Gewalt 
Thriller, Kriminalliteratur
Taschenbuch, 270 Seiten
MainBook Verlag, 2021






Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Das Totenschiff von B. Traven

  Gesprochen von: Nicolas Batthyany Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 10 Std. und 57 Min. Der amerikanische Seemann Gales verpasst in den Kneipen Antwerpens nach einer Liebesnacht sein Schiff, auf dem sich sein einziges Identitätsdokument, seine Seemannskarte, befindet – und er ist pleite; seine Heuer befindet sich an Bord. Die niederländische Polizei greift ihn auf und müsste ihn eigentlich für Jahre einsperren. Doch sie schieben ihn über die Grenze zu den Belgiern ab. Eine Abschiebe-Odyssee beginnt. Ohne Seemannskarte darf ihn kein Schiff anheuern. Doch es gibt Skipper von Schmugglerschiffen, denen ist das egal, weil sie dringend Personal suchen. Man nennt sie Totenschiffe … Ein spannender Abenteuerroman mit Gesellschaftskritik – ein Klassiker, den es sich lohnt zu lesen. Weiter zur Rezension:    Das Totenschiff von B. Traven 

Rezension - Vielleicht von Kobi Yamada und Gabriella Barouch

Die Welt steht derzeit ein wenig still. Zeit zum Reden mit der ganzen Familie. Zunächst wundert man sich, ein Bilderbuch für Kinder von 4 - 8 Jahren, sehr textreduziert. Aber es ist kein Buch zum Vorlesen, sondern eins zum miteinander reden, eins, über sich selbst nachzudenken. Wer bin ich und was kann ich, was sind meine Stärken, was werde ich später einmal machen? Jeder Mensch ist einzigartig und jeder Mensch besitzt besondere Fähigkeiten. Um selbst reflektieren zu können, braucht es eine gewisse Reife. «Vielleicht werde ich einmal etwas erfinden!» Was könnte man erfinden? «Vielleicht werde ich einmal Leute begeistern!» Der Fantasie ist freien Lauf gesetzt. Ausprobieren, scheitern lernen, weitermachen. Ein feines Buch zur Stärkung von Selbstbewusstsein. Weiter zur Rezension:    Vielleicht von Kobi Yamada und Gabriella Barouch

Rezension - Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

  Eine fantasievolle poetische Gutenachtgeschichte, eine Bilderbuch-Reise über das, was in der Nacht geschieht. Eine Tochter fragt den Papa: «Was ich dich schon immer mal fragen wollte ..... Was passiert eigentlich, wenn ich schlafe?» Und der Papa beginnt zu erzählen. Es beginnt um neun Uhr. Stunde um Stunde verändert sich die Nacht und zeigt uns ihr wahres, ihr traumgleiches Antlitz: Statuen spielen verstecken, Telefone rufen sich gegenseitig an, der Wal im Schwimmbad traut sich an die Wasseroberfläche, die Laternen trinken aus Pfützen… Ist das möglich, was Papa erzählt? Oder will er uns einen Bären aufbinden? Eine wunderschöne Gutenachtgeschichte ab 4 Jahren, die zu herrlichen Träumen einlädt. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Was macht die Nacht? von Dirk Gieselmann und Stella Dreis

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Das geheime Leben der Bäume von Peter Wohlleben, Benjamin Flao, Fred Bernard

  Der Weltbesteller, der den Blick auf die Bäume verändert hat, gibt es jetzt als Graphic Novel. Peter Wohlleben hat sich lange und intensiv mit Bäumen beschäftigt, sie erforscht. Und sein wundervolles erzählendes Sachbuch über Bäume wurde zum Bestseller. Der Förster hat sie beobachtet und analysiert, sich alles Wissen über Bäume angeeignet – uns Lesern sein Wissen in empathischer Weise weitergegeben. Neue Perspektiven und Hintergründe haben uns den Baum nähergebracht. In diesem Comic gibt es eine andere Perspektive – die Gezeichnete. Inhaltlich ist alles das enthalten, was das erzählende Sachbuch ausmacht. Hervorragend! Weiter zur Rezension:    Das geheime Leben der Bäume von Peter Wohlleben, Benjamin Flao, Fred Bernard

Rezension - Das Lexikon der erstaunlisten Fakten von Jacqueline McCann, Camilla de la Bédoyère, Andrea Mills, Liz Adcock, Tony Fleetwood

  Thematisch geordnetes, witzig illustriertes Lexikon, das die Themen Tiere, Dinosaurier, Fahrzeuge, Ozeane, Vögel, Krabbeltiere, Wälder, Körper, Roboter und Weltall abdeckt – so der Verlag. Ein Lexikon ist das Bilderbuch für mich nicht. Denn das würde beinhalten, ich könnte hier zum Thema von A-Z etwas nachschlagen. Fangen wir mit der Thematik an: Erstes Kapitel, Tiere (hier kommen auch Vögel vor). In späteren Verlauf haben wir Dinosaurier, die ja Tiere sind, Ozeane (hier gibt es einiges über Tiere), Vögel, Krabbeltiere, Wälder und Körper, auch in diesen Kapiteln kommen Tiere vor. Wo ist hier die Systematik? Auch die Illustration konnte mich nicht überzeugen. Bilderbuch ab 5 Jahren. Weiter zur Rezension:    Das Lexikon der erstaunlisten Fakten von Jacqueline McCann, Camilla de la Bédoyère, Andrea Mills, Liz Adcock, Tony Fleetwood

Rezension - Konratt - Held der Unterwelt - Eine gefährliche Nacht von Sibylle Rieckhoff, Elli Bruder

  Ratte Konratt hat Hunger. So treibt es ihn aus der Unterwelt der Kanäle nach oben. An dieser Stelle ist die Unterwelt passé. Eine Enttäuschung für mich, denn der Titel versprach etwas vom «Held der Unterwelt», die in diesem Kinderbuch gar nicht vorkommt. Gleich findet er einen Wurstzipfel und rettet Katze Fee vor einem Hund. Sie sind nun auf dem Weg zum Hafen, um ein Fischfilet zu finden, und immer mehr Tiere schließen sich an. Eine nette Kettengeschichte zum Vorlesen, für Erstleser zum Selbstlesen. An dieser Stelle hört für mich die Bewertung fast schon auf. Ab 5 / 6 Jahren Weiter zur Rezension:   Rezension - Konratt - Held der Unterwelt - Eine gefährliche Nacht von Sibylle Rieckhoff, Elli Bruder

Rezension - Sommer auf der Fahrradinsel von Ariane Pinel

  In den Sommerferien fährt Zoé zu ihrer Cousine Louise. Louise lebt auf einer Insel, auf der Autos nicht erlaubt sind. Hier fahren alle mit dem Fahrrad. Die beiden Mädchen erleben einen wundervollen gemeinsamen Sommer und Zoé genießt die autofreie Zeit. Zurück in der Stadt darf sie wegen der vielen Autos nicht mehr mit dem Rad fahren – zu gefährlich, sagen ihre Eltern. Doch Zoé findet: Alle sollten nur noch mit dem Fahrrad fahren. Eine Bloggerin wird auf das Mädchen aufmerksam … Leider konnte mich diese Geschichte nicht mitnehmen, da sie völlig einseitig aggressiv gegen das Auto gestaltet ist. Doch allein nur das Fahrrad kann nicht die Lösung sein. Weiter zur Rezension:    Sommer auf der Fahrradinsel von Ariane Pinel 

Rezension - WAS IST WAS Dinosaurier und andere Urzeittiere von Dr. Manfred Baur

  Dieses Sachkinderbuch mit großen Illustrationen liefert alle wichtigen und spannenden Fakten rund um Dinosaurier und andere Urzeittiere. Wie konnten die Dinosaurier, Meeressaurier und Flugsaurier zu so vielfältigen Tiergruppen werden und das Erdmittelalter beherrschen? Das Buch beschäftigt sich mit den Anfängen der Dinosaurier und legt den Schwerpunkt auf das Mesozoikum, also die Zeitspanne von Trias bis Kreide. Ein feines, umfangreiches Kinderbuch ab 8 Jahren für Dinofans. Weiter zur Rezension:    WAS IST WAS Dinosaurier und andere Urzeittiere von Dr. Manfred Baur 

Die wichtigsten Kinder- und Jugendpreise in 2023

Die wichtigsten Kinder- und Jugendpreise in 2023   Fast komplett! Die meisten Preise für dieses Jahr sind vergeben. Jedes Jahr erscheinen ca. 8.000 Titel auf dem deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchmarkt. Wir würden gern alle Bücher lesen ... In den Massen geht manches Juwel unter, leider.  Die Jugendbuchpreise helfen uns, die Perlen herauszufischen. Es gibt eine  Menge Auszeichnungen, auch Monatspreise, zu viel, um alles aufzuzählen. Für mich sind dies die wichtigsten Preise und damit Jahresgewinner!  Deutscher Jugendliteraturpreis, IBBY Honour List, Hans-Christian-Andersen-Preis, Josef Guggenmos-Preis, James Krüss Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur, Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher, Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis, Kinder- und Jugendbuchpreis Österreich, Serafina-Preis, Deutscher Kinderbuchpreis usw. Weiter zu den Preisen:  Die wichtigsten Kinder- und Jugendpreise in 2023