Direkt zum Hauptbereich

Grüne Tiger von Nik Aaron Willim und Asadullah Haqmal - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Grüne Tiger 


von Nik Aaron Willim und Asadullah Haqmal


Ein Jugendbuch voll Spannung, eine bewegende Story – wie guter Wille aus dem Ruder läuft. Ein Umweltthriller voller Fakten, die in den Handlungsstrang mühelos eingebettet werden. Stell dir vor, du findest Greta ziemlich cool. Aber es reicht dir eben nicht, mit dem Schildchen am Freitag auf den Niedergang unserer Erde aufmerksam zu machen. Die willst Aktionen, die schocken, damit die Menschen aufwachen und genau sehen, welcher Schaden die Welt nimmt – du willst sie an ihren Herzen packen! Genau davon handelt dieser Jugendroman.


Wenn wir uns wirklich für die Öko-Themen einsetzen möchten und weil Schilderhochhalten auf Dauer wirklich wenig bringt, dann brauchen wir etwas, wo alle hingucken.


Besonders viel Gedanken zur Erwärmung der Erde und zum Umweltschutz haben sich Leyla, Hektor, Piet und Ean bisher noch nicht gemacht. Als sie jedoch der jungen Aktivistin Maisy Young (sie verkörpert Greta) bei einer Act-Now-Klimademonstration (bedeutend wie Fridays for Future und Black Lives Matter) zuhören, sind sie fasziniert und fangen an, sich zu informieren. Sie kommen nun auf die Idee, eine Aktion zu starten: Gegen das Töten von Tieren. Nachts schleichen sie zum Stadtbrunnen, kippen Kunstblut und einen Haufen Kuscheltierchen hinein. Die Aktion wird ein Erfolg. Neben diverser Presse rückt sogar ein Fernsehteam heran. 


Menschen sterben durch den steigenden Meeresspiegel und wir sind dafür verantwortlich. Die Zeit des Egoismus und der Gier ist vorbei.


Ean erzählt uns die Geschichte seiner Oberstufenclique. Er ist ein fleißiger Schüler und in seiner Freizeit trainiert er hart in seiner Judogruppe; das Ziel, an der Olympiade teilnehmen zu können ist realistisch. Jeder in dieser Gruppe hat einen anderen Charakter und in der Gesamtheit ergänzen sie sich. Die Jugendlichen haben Aufmerksamkeit erlangt und viele Menschen geben ihnen recht. Die Vier sind berauscht und planen eine neue Performance. Sie müsse sich einen Namen geben; und da sie vom Fasching noch Tigermasken im Schrank liegen haben, polieren sie diese ein wenig auf und nennen sich nun «Grüne Tiger». Jede ihrer spritzigen, kreativen Aktionen endet mit einer Videobotschaft – einem kurzen hochemotionalen Dokumentarfilm aus dem echten Leben. Ein Kind, das seine Heimat bei einer Überschwemmung verloren hat, erklärt der Welt, dass dies mit der Klimaerwärmung zusammenhängt. Eine Affenmutter, von Flammen im Regenwald umgeben, die versucht ihr Kind zu schützen – Abholzung für Sojaanbau. Die Gruppe wird berühmt, über die Grenzen hinaus. Die Grünen Tiger zeigen, worum es geht, wie die Politik versagt. Ihre Aktionen werden immer publikumswirksamer, immer radikaler und immer gefährlicher.


Bald werden wir ein großer Fisch sein›, sage Hektor mit grimmiger Miene.

Nicht irgendein großer Fisch›, sagte Ean. ‹Wir werden der beschissene Hai sein, der sie zerfleischt.


Nik Aaron Willim und Asadullah Haqmal treffen die Tonalität der Jugendlichen, ihre Kompromisslosigkeit, ihren Elan und setzen einen Gegenpol sprachlich, wie inhaltlich entgegen; träge, voll moralisch, juristischer Bedenken die Erwachsenen. Der Rausch des Erfolgs, des Aufbegehrens, lässt die Jugendlichen weitergehen, koste es, was es wolle. Und sie hören auf die falschen Menschen ... Ein Jugendroman, der ganz nebenbei über Umweltkatastrophen aufklärt und zeigt, wie schnell es geht, dass man in seinem gut gemeinten Aktionismus einen Schritt zu weit gehen kann. Und man darf nie vergessen, dass Haifische selbst auch gejagt werden. Und diese Perspektive ist immer wieder in kurzen Sequenzen eingebettet – so dass der Leser ordentlich trocken schlucken muss.


Wir dachten immer, dass der Mensch die Erde lieben würde, auf der er lebt, und dass er, wenn er bemerkt, dass er der Erde Schaden zufügt, sofort damit aufhören würde, weil man jemanden, den mal liebt, keinen Schaden zufügen will.


«Wir hatten Bock, ein Buch zu schreiben.» So die beiden Autoren aus der Generation Z. Nik Aaron Willim ist Profisportler und bereitet sich intensiv auf die Olympischen Segelregatten in Paris 2024 vor. In Schleswig aufgewachsen, lebt er im Olympiazentrum in Kiel-Schilksee oder im Trainingszentrum auf Lanzarote. Der Leistungssportler in ihm treibt ihn an, es geht ihm alles nicht schnell genug mit den Umweltmaßnahmen. Asadullah Haqmal stammt aus Khost in Afghanistan. Er ist Paschtune und das Jüngste von sechs Kindern. Mit sieben Jahren kam er nach Deutschland und studiert heute in Hamburg Wirtschaftsingenieurwesen. Sie haben sich im gemeinsamen Wohnort Schleswig kennengelernt. Wobei Asadullah sich erstmals beim Schreiben zu diesem Buch mit der Klimakrise auseinandersetzte. Und er ist noch skeptisch, ob die errechneten Ausmaße wirklich so schlimm sein werden. Und damit er recht behält, müssen wir alle ziemlich schnell dagegen tun! Für unsere Kinder und Enkel! Ein Buch, das emotional und drastisch Beispiele gibt, wie der Gier in der Welt sie zerstört. Spannend geschrieben, Empfehlung. Es ist ein Jugendbuch – Allage und ich konnte keine Altersempfehlung finden. Ein Umweltthriller ab 14 Jahren, so meine Empfehlung – aber nicht nur für Jugendliche.


Nik Aaron Willim, geboren 1996, studiert Internationales Management und ist einer der besten deutschen Segler. Die Olympiaausscheidung für Ohio hat er nur knapp nicht gewonnen. Danach nahm er sich Zeit zu schreiben. Die GRÜNEN TIGER sind ein Erstlingswerk. Das literarische Debüt ist für ihn ein ernsthaftes ALL IN für eine nachhaltigere Welt. Er lebt in Schilksee, wo er auch im Olympiazentrum trainiert.

Asadullah Haqmal, 1995 geboren, interessiert sich für das Schöne der Welt, aber auch für das Schlechte, beides nutzt er als Quelle für seine Kreativität. Er studiert Wirtschaftsingenieurwesen und lebt in Schleswig.


Verleihung zum "Demokratiepreis"




Nik Aaron Willim, Asadullah Haqmal 
Grüne Tiger
Jugendbuch, Umweltthriller, Jugendthriller, Fridays for Future, Black Lives Matter , Kinder- und Jugendbuch
Hardcover mit Leseband, Umschlag mit Spot- und Relieflack, 416 Seiten
KJM Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 14 Jahren, Young Adult, Allage





Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

  Ein atmosphärisch dichter und spannender Schweden-Krimi von Hans Rosenfeldt, bekannter Krimiautor und Drehbuchautor (skandinavische TV-Serie «Die Brücke», britische Fernsehserie «Marcella» über Netflix) erwartet uns mit dem Auftakt einer neuen Serie. Die Erwartungen waren hoch. Rosenfeldt hat geliefert. Die Kleinstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze, wird zufällig zum Schauplatz eines Drogendeals. Wer hat die Drogen und das Geld, wer wird sie am Ende bekommen? Der einzige der durchblickt, ist der Leser – Dank Mehrperspektivität. Denn alle Protagonisten tappen im Dunkeln – wissen nichts voneinander. Ein komplexer und spannungsreicher Thriller! Weiter zur Rezension:    Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige. «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille, zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann. Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo

  1983, der Polizist Noah Scott ist besessen davon, den Serienmörder Bible John zu erwischen. Er steht im Verdacht, Frauen, die aus Diskotheken verschwanden, nie wieder auftauchten, ermordet zu haben. Seit Jahren ist Noah an dem Fall dran, und er glaubt, den Täter identifiziert zu haben. Er folgt John Clyde und es gelingt ihm, auf seinem persönlichen Friedhof die Handschellen anzulegen – doch dann krampft sich etwas in seiner Brust zusammen und es wird schwarz vor seinen Augen … Ein spanischer literarischer Thriller vom Feinsten! Weiter zur Rezension:    Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck  

Rezension - Alt, fit, selbstbestimmt: Warum wir Alter ganz neu denken müssen von Lutz Karnauchow und Petra Thees

  Alter könnte so schön sein. Doch ältere Menschen werden in unserer Gesellschaft diskriminiert. Schlimmer noch, sie denken sich alt und grenzen sich selbst aus, sagen die Autor:innen. Das hat Folgen: Krankheit und Gebrechlichkeit im Alter gelten als normal. Altenpflege folgt daher dem Prinzip «satt, sauber, trocken». Und genau dieses Prinzip kritisieren Dr. Petra Thees und Lutz Karnauchow und gehen mit ihrem Ansatz neue Wege. Dieses Buch stellt einen neuen Blick auf das Alter vor - und ein radikal anderes Instrument in der Altenpflege. «Coaching statt Pflege» lautet die Formel für mehr Lebensglück im Alter. Ältere Menschen werden nicht nur versorgt, sondern systematisch gefördert. Das Ziel: ein selbstbestimmtes Leben. Bewegung, Physiotherapie und Sport statt herumsitzen! Ein interessantes Sachbuch, logisch in der Erklärung, ein mittlerweile erfolgreiches, erprobtes Konzept. Weiter zur Rezension:    Alt, fit, selbstbestimmt: Warum wir Alter ganz neu denken müssen von Lutz...