Direkt zum Hauptbereich

Deadwater High – Den Tod im Team von Jessica Goodman - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Deadwater High – Den Tod im Team 


von Jessica Goodman


Damals wurden innerhalb eines einzigen Jahres drei junge weibliche Crosslauf-Talente als vermisst gemeldet und wenig später ermordet auf dem von Dornengestrüpp gesäumten Trail oben am Oak Tower aufgefunden.


Crosslaufen und ein Stipendium für eine UNI ergattern – mehr haben die Schwestern Stella und Ellie Steckler nicht gemeinsam. Sie sind die Besten im Team. Stella gilt als schwierig und aggressiv. Man hatte sie in den Ferien ins Bootcamp geschickt, ihre Aggressionen in Griff zu bekommen. Dabei war sie gar nicht schuld – egal, ihr glaubt sowieso niemand. Sie ist eine Außenseiterin, in sich gekehrt, sie mag keine Partys – nur beim Laufen ist sie glücklich, hier kann sie alles vergessen. Und sie wird sie alle schlagen! Auch Elly! Denn sie wird das Stipendium für die Georgetown University erhalten! 


Geht das Morden wieder los?


Dass Mom mal Alkoholikerin war und jetzt zwar trocken ist, uns aber jederzeit mit einem einzigen Schluck aus unserem mühsam gefundenen Gleichgewicht bringen könnte. Und dass Dad uns ständig ermahnt nur ja nichts zu tun, was sie vielleicht aus der Bahn wirft.


Stella, nur 14 Monate älter als ihre Schwester, steckt das Familiendrama von damals noch in den Knochen – Elly war zu klein, um sich daran erinnern zu können. Aber Stella weiß, wie fragil die Mutter ist, dass ihr Suchtproblem jederzeit zurückkehren könnte. Wegen dieser Sache im letzten Jahr hatte sie ihr Laufstipendium in Georgetown verloren, das sie sich dieses Mal wiederholen will. Ellie, die ein wenig aufgeschlossener ist, neben dem Laufen auch gern mit anderen zusammenhockt, hat ganz andere Probleme. Ihre beste Freundin ist verzogen und hat obendrein jegliche Kommunikation mit ihr gekappt. Ellie ist mit Noah zusammen, der offiziell mit Tamara liiert ist – denn er braucht Tamaras Vater, um an ein UNI-Stipendium heranzukommen. Danach ist Schluss mit ihr und der Heimlichkeit – ehrlich, so schwört Noah. Die Ferien sind zu Ende und das Training beginnt. Und da steht Mila auf dem Platz! Eine Topp-Crossläuferin – verdammt, denn auch sie will nach Georgetown. Edgewater, eine Vorstadt von New York – und eine Highschool, die sich aufs Crosslaufen spezialisiert hat – unterliegen einem Trauma: man nennt sie auch «Deadwater», da vor einigen Jahren Crossläuferinnen der Schule getötet wurden. Die Morde wurden nie aufgeklärt. Das Leben um die Crossläufer:innen geht nun wieder seine ruhigen Bahnen, der Coach drillt sein Team, um bei den Landesmeisterschaften zu punkten, denn nur die Besten erhalten die sportlichen Zuschüsse.


Wer bekommt das Stipendium?


Das Rennen geht über fünf Kilometer und die ersten paar Hundert Meter sind immer das pure Chaos. Wer nicht im Pulk untergehen, niedergetrampelt oder bei lebendigem Leib gefressen werden will, muss den anderen davonlaufen, und zwar richtig schnell. Erst dann geht es darum, das richtige Tempo zu finden und nach und nach die Mädchen hinter sich zu lassen, die sich zu früh verausgabt haben.


Mila hat eine Art, die man gern haben muss. Unaufdringlich, bescheiden und kameradschaftlich – und sie mag Ellie. So kommt es, dass die beiden sich anfreunden und Ellie ihr größtes Geheimnis verrät. Das erste Rennen wird von Mila gewonnen. Die anwesenden UNI-Coaches sind an ihr interessiert. Aber kurz darauf ist Mila verschwunden. Es gibt keinen Grund, warum sie abhauen sollte. Ist der Edgewater-Mörder zurückgekehrt?


Ein Thriller, dem der Thrill fehlt

Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Schwestern Stella und Ellie geschrieben. Und leider in absolut gleicher Tonalität. Obwohl es hier um zwei rivalisierende Schwestern geht, charakterlich unterschiedlich, schafft es die Autorin nicht, die Charaktere aufzublättern, sie bleiben blass, schablonenhaft, in der Sprache völlig gleich. Schade. Literarisch gesehen ist das Jugendbuch keine Glanznummer, flach, ohne schriftstellerisches Potential. Die Story plätschert dahin, nimmt erst im letzten Drittel Fahrt auf. Ein Jugendthriller? Na ja – dazu muss es erstmal einen Thrill geben ... Mila ist verschwunden. Alle machen weiter, die Steckelerschwestern geraten ein wenig in Verdacht, aber das war es dann auch. Es geht nur um die Schwestern. Mich hat das Training irritiert, tägliches Bahntraining, was beim Crosslauf nicht realistisch ist. Crossläufer trainieren im Feld, Bahntraining ist kontraproduktiv für die Muskulatur usw.. Einige andere Dinge waren ebenfalls merkwürdig.


Interessantes Thema - man hätte mehr daraus machen können

Interessant ist das Jugendbuch aber dennoch, weil es sich mit sportlichem Leistungsdruck auseinandersetzt. Konkurrenzdruck an einer amerikanischen Highschool, Konkurrenz unter den Schulen, Druck im Leistungssport. UNI-Coaches, die nach Leistungsträgern suchen und Stipendien vergeben. Amerikanische Unis sind sehr teuer. Die Eltern von Ellie, Stella, Noah usw. können sich die Studiengebühren nicht leisten – und wenn man studieren will, versucht man an ein Stipendium zu kommen – oder man muss einen dicken Kredit aufnehmen, sich jung verschulden. Sportstipendien sind daher heißgeliebt. Aber auch Schulen erhalten Zuschüsse für ihre Sportteams. The winner takes it all ... Ein hoher Leistungsdruck liegt von Anfang an auf den Teams – für jeden einzelnen von ihnen – Konkurrenz wird geschürt. Ein brutales System. Nebenbei werden Themen wie Sucht, Rasse, sexuelle Identität angesprochen. Das Ende fand ich schrecklich – ein Täter verrät sich banal, und völlig unrealistisch. Das war absolut billig. Das Thema hätte Potential gehabt, literarisch ist das Buch eher ein nasser Waschlappen. Kann man lesen, aber man verpasst nichts, wenn man es sein lässt. Der Magellan Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 14 Jahren, das passt.


Jessica Goodman ist Autorin und Journalistin und schrieb unter anderem für Entertainment Weekly sowie Hupost. Ihre ehemalige Kolumne bei Cosmopolitan wurde ausgezeichnet. «Deadwater High – Den Tod im Team» ist ihr zweiter Jugendthriller.



Jessica Goodman
Deadwater High – Den Tod im Team
Orignaltitel: They’ll Never Catch Us
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Jessika Komina, Sandra Knuffinke
Jugendbuch, Jugendthriller, Thriller, Crosslauf, Leistungssport, Amerikanische Literatur
Hardcover, 384 Seiten
Magellan Verlag, 2023
Altersempfehlung: ab 14 Jahren



Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor.

Rezension - Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

  Rezepte, die du lieben wirst Der Israeli Yotam Ottolenghi hat zusammen mit seinem dreiköpfigen Küchenteam das nächste Kochbuch entwickelt. Das Team widmet sich dem Comfort Food und liefert inspirierende Gerichte, die nach Zuhause und Geborgenheit schmecken. Aber auch nach Kindheitserinnerungen und Reiseeindrücken. Comfort Food bedeutet für jeden etwas anderes, auf jeden Fall etwas wie Geborgenheit und Wohlfühlgefühl: ein Gefühl von Nostalgie, aber auch Vertrautheit. So sind über 100 Rezepte entstanden, von der Bolognese (mit asiatischen Gewürzen) bis zu Eier-Gerichten, von der One-Pot-Pasta bis zum Apfelkuchen. Rezepte, die zugleich originell aber auch vertraut und bewährt sind. Und immer mit dem gewissen Ottolenghi-Twist. Weiter zur Rezension:    Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Die weiße Wölfin von Vanessa Walder und Simona M. Ceccarelli

  Das geheime Leben der Tiere (Wald, 1) Ein heftiger Sturm tost durch das Flusstal, als fünf Wolfswelpen geboren werden. Die Jüngste ist eine winzige Wölfin. Ausgerechnet sie hat enormen Mut und nimmt sich vor, die allergrößte Jägerin zu werden. Eine Leitwölfin obendrein! Sie erhält vom Rudel den Naman «Fünf». Ein Rabenschwarm begleitet stetig das Rudel, denn sie weisen den Weg zur Beute, eine Teamarbeit. Der Rabe Raak ist der beste Freund von Fünf. Eine spannende, realitätsbezogene Tiergeschichte zum Leben der Wölfe! Empfehlung für Leseanfänger ab 8 Jahren! Weiter zur Rezension:    Die weiße Wölfin von Vanessa Walder und Simona M. Ceccarelli

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Eisbären von Marie Luise Kaschnitz illustriert von Karen Minden

Marie Luise Kaschnitz war in meiner Jugendzeit meine Lieblingsautorin und so war für mich dies von Karen Minden illustriere Buch ein Genuss, Bleistiftzeichnungen, die sich wunderschön mit der Kurzgeschichte verbinden. »Eisbären«, die Novelle ist Kaschnitz-Fans geläufig: Eine Frau hatte schon geschlafen, wacht auf vom Geräusch des Türschlosses. Endlich kommt ihr Mann nach Hause. Doch er macht kein Licht. Ein Einbrecher? Seine Stimme bittet sie, das Licht nicht auszulassen. Sie soll die Wahrheit erzählen – damals im Zoo – auf wen habe sie gewartet? Weiter zur Rezension:    Eisbären – Novelle von Marie Luise Kaschnitz, illustriert von Karen Minden

Rezension - Simply Jamie von Jamie Oliver

  Jeden Tag was Gutes In fünf Kapiteln werden tägliche schnelle Gerichte, ebenso Wochenend-Wunder, bewährte Ofenrezepte bis hin zu leckeren Nachspeisen von Jamie Oliver vorgestellt. Simply Jamie ist dazu da, die Lust am Kochen zu wecken. Das Buch steckt voller köstlicher, unkomplizierter Ideen, die schnell angerichtet sind. Und der Clou: Es gibt Grundzutaten wie Soßen oder ein pochiertes Huhn usw., aus denen sich wiederum eine Menge verschiedene Varianten herstellen lassen. Weiter zur Rezension:     Simply Jamie von Jamie Oliver

Rezension - Caspar Plautz - Rezepte mit Kartoffeln von Kay Uwe Hoppe, Dominik Kli – und Theo Lindinger

  Der Marktstand Caspar Plautz auf dem Viktualienmarkt in München ist wegen seiner Kartoffelvielfalt beliebt. Dazu gehört ein kleiner, aber feiner Imbiss, der mittags im Mittelpunkt seiner Gerichte die Kartoffel würdigt. Die Kartoffel erobert im Caspar Plautz die Welt. Der Erdapfel ist wendig, anpassungsfähig, geschmacklich variabel. Das ist ein wirklich exzellentes Kochbuch, das zeigt, wie die moderne Küche sich Ideen aus aller Herren Länder greift, sie neu kombiniert – wunderbar harmoniert. Von traditionell zu Weltküche – vegetarisch zu Fisch und Fleisch – hier findet jeder seine Lieblingskartoffelgerichte. Weiter zur Rezension:    Caspar Plautz - Rezepte mit Kartoffeln von Kay Uwe Hoppe, Dominik Kli – und Theo Lindinger Theo Lindinger

Rezension - Indians! von Tibure Oger

  Der dunkle Schatten des weißen Mannes  1922, irgendwo in Amerika. White Wolf, ein ehemaliger Häuptling der Chippewa, sitzt als Zirkusattraktion vor Publikum und erzählt aus seinen Erinnerungen. Es sind Geschichten aus einem langen Leben, das bald sein Ende finden wird. Geschichten aus 400 Jahren Kolonialismus, von einseitigen Kriegen und zweischneidigen Verträgen, von Heldenmut und von Habgier. Geschichten vom wackeren Kampf der First Nations gegen den Mord an ihrem Volk und von ihrer scheinbar unausweichlichen Niederlage. Tiburce Oger hat für «Indians!» sechzehn herausragende Künstlerinnen und Künstler der Neunten Kunst versammelt, um eine Chronik der Eroberung des Westens zwischen 1540 und 1889 zu erschaffen: Die bittere Kehrseite des amerikanischen Traums, die Auslöschung von Kulturen der indigenen Völker. Sehr guter Comic, der in kleinen Graphic Novels aus der Sicht der Ureinwohner die Geschichte ins rechte Licht rückt. Weiter zur Rezension:    Indians! von Tibure Oger

Rezension - Feuerwanzen lügen nicht von Stefanie Höfler

  Mischa und Nits sind beste Freunde. Mischa liebt die Poems von Nits. Und der bewundert Mischa, weil er schlau ist und ein wandelndes Lexikon über Tiere zu sein scheint. Lügen geht gar nicht, so Nits Überzeugung. Darum fragt er sich, warum Mischa dem Lehrer weismachen will, er hätte eine Chlorallergie, als der Schwimmunterricht beginnt – Nits erzählt er, die Badehose sei von Mäusen angefressen worden. Überhaupt scheint Mischa in Schwierigkeiten zu stecken – doch wohl eher sein Vater ... Nits betritt in dieser Familie plötzlich eine völlig andere Welt – die der Armut. Aber das ist ein Unterthema – Mischas Vater ist untergetaucht; Mischa und Nits werden ihn nicht im Stich lassen – aber das könnte gefährlich werden ... Spannung, Humor und ein wenig Tragik machen das Buch zu einem Leseerlebnis. Meine Empfehlung ab 11 Jahren für diesen exzellenten Kinderroman.  Weiter zur Rezension:    Feuerwanzen lügen nicht von Stefanie Höfler