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Das Buch des Meeres von Huw Lewis-Jones - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Das Buch des Meeres 


von Huw Lewis-Jones

Tage- und Skizzenbücher großer Seefahrer


Ich habe festgestellt, dass jede Erfahrung eine Art Entdeckung ist. (Ansel Adams, 1984)




Ein Maritime-Klassiker, zusammengestellt vom Londoner Historiker und Kurator Huw Lewis-Jones, denn hier hat er reproduzierte Blätter aus Tage- und Skizzenbüchern der letzten 700 Jahre von Seefahrern gesammelt, illustriert diversen maritimen Künstlern und Karten. Eine absolute Augenweide, mehr als 70 Texte, einige auch von Frauen, u.a. einer von Jeanne Baret, die 1766 bis 1775 als Mann verkleidet an der Bougainvilles Südsee-Expedition teilnahm. Seebären, Entdecker, Globetrotter, Seesüchtige – Tagebücher, Logbücher, Briefe, Berichte – Südsee, Polarkreis, Inseln, Sturm glatte See, verschiedene Kulturen, alles unterfüttert von interessanten Dokumenten, Illustrationen. Für Meeresfreunde ein Muss! 


Während seine Karriere erlebte Fanshawe viele fundamentale Veränderungen in der Marinetechnologie mit: den Übergang vom Segeln mit Windkraft zu Dampfantrieb und schließlich der Beginn der U-Boot-Kriegsführung.



Logbücher sind letztendlich nichts anderes als Tagebücher. Wo navigatorische Aufzeichnung, wie ist das Wetter, welche relevanten Ereignisse gibt es von Bord zu berichten, Schäden, Krankheiten, Auseinandersetzungen? Das persönliche Tagebuch entspricht nicht diesem Sachcharakter, es beschreibt die Emotion eines einzelnen Menschen. Trägt man beides zusammen und die Zeichnungen, die an Bord entstanden sind, dann setzt sich in etwa zusammen, was wir in diesem Buch vorfinden. Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen. Pilgerfahrt, Sklavenhandel, Schmuggel, Eisbrecher, Eisbären, von Aden bis Zhen Gong, interessante Persönlichkeiten, es gibt viel zu entdecken. 



Künstlerisch eine Augenweide. In den 1930er-Jahren durfte Else Bostelmann bei einer Expedition mit einer Taucherglocke auf dem Kopf unter Wasser gehen. Sie stieg an einer Metallleiter vom Boot ins Meer, hielt sich dabei an einer Eisenkette fest. Mit der Taucherglocke auf dem Kopf musste sie vorsichtig sein, um die Sauerstoffzufuhr nicht zu unterbrechen. Sie zeichnete die Tierwelt der Bermudas mit einer Stahlnadel auf einer Zinkgravurplatte. Später benutzte sie Leinwand, die um eine Stahlplatte gezogen war und malte mit Ölfarbe unter Wasser. Recht witzig dagegen kommen die Zeichnungen von Jonny Brochmann daher, 1901 in Oslo geboren: Matrosen, Schiffe, Cartoons. Louis Choris, 1795 geboren, verdanken wir ausgezeichnete Zeichnungen von Tieren und Menschen, die er auf Expeditionen zeichnete: Hawaii, San Francisco, Philippinen, Guam, Arktis, Südafrika usw. Karten von Francis Drake, Zeichnungen von Erik Hesselberg, farbenfrohe Zeichnungen aus Thor Heyerdahls Tagebuch, das er nach seiner Hochzeit geführt hat; er lebte ein Jahr lang mit seiner tahitianischen Frau ein Jahr im Einklang mit der Natur (siehe nächstes Foto). 


Als geheilt entlassen, Limettensaft weiter bis zum Ende des Monats genommen. (Henry Mahon, 1809-1878)



Das Skizzenbuch von Jan Brandes, 1877, ist sehr interessant: Schiffsszenen. Weniger appetitlich die Skizzen von Henry Mahon, ein irischer Arzt, der die Auswirkung von Skorbut zeichnete: steife Gelenke, Hautblutungen, Geschwüre usw. William Meyers, Georg Müller, Paul-Émile Pajot, George Tobin, Willam Turner, wundervolle Künstler sind hier eingearbeitet. Aufzeichnungen des chinesischen Generals Zhen He (1371–1435), der vom Hof-Eunuchen der Ming-Dynastie zum Helden der Seefahrt aufstieg, dirigierte riesige Dschunken, beladen mit Seide, Porzellan und Kunstartikeln zum Persischen Golf und Ostafrika, um sie gegen Elfenbein und Edelhölzer, Edelsteine, Perlen, Weihrauch und Arzneien zu tauschen. Zengh Hes Seekarten und Aufzeichnungen sind heute von großem historischen Wert. Adriaen Coenen, ein Fischhändler aus Scheveningen brachte 1577 sein «Visboek» (Fischbuch) von 800 Seiten auf den Markt, genaue Zeichnungen, Skuriles, aber auch einiges an Seemannsgarn. Sir Francis Drake, ein Freibeuter im inoffiziellen Auftrag der Krone, der spanische Schiffe plünderte, Königin Elisabeth I. die Kasse füllte – handschriftliche Aufzeichnungen finden wir in diesem Band. Oder Francis Beaufort (1774–1857), der die noch heute gültigen Windstärkenskala einführte; William Bligh (1754–1817), Kapitän der «Bounty»; oder Aufzeichnungen von Admiral Nelson (1758–1805), ein Buch reich an maritimen Wissen und Flair. Persönliche Essays, Sachtexte – bekannte Persönlichkeiten, einfache Matrosen, Entdecker und Freibeuter, Wissenschaftler, Künstler, ein bunter Mix. Dies Buch ist ein Muss für meeresaffinen Zeitgenossen und sicher eine interessante Geschenkidee.


Huw Lewis-Jones wurde 1980 geboren. Er ist Historiker mit Schwerpunkt Entdeckungsgeschichte. Huw Lewis-Jones war Kurator am Scott Polar Research Institute in Cambridge und am National Maritime Museum in London. Als erfahrener Polarreisender war er sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis unterwegs, vom Rossmeer und dem Südpolarmeer bis nach Sibirien, Grönland und dem Nordpol.


Huw Lewis-Jones 
DAS BUCH DES MEERES
Tage- und Skizzenbücher großer Seefahrer
Originaltitel: The Sea Journal. Seafarers’ Sketchbooks
Aus dem Englischen übersetzt von: Nina Goldt, Annika Klapper 
Kunstband, Erzählungen, Seegeschichte, Maritimes, Sketchbook
304 Seiten, 450 farbige Abbildungen, Querformat 19,5 x 27,5 cm, in Halbleinen gebunden
DUMONT Verlag 2020


mare Kulturkalender 2022 von Nikolaus Gelpke

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