Abbruch
Shadow Land von Rainer Wekwerth
Worum es geht: 2169, USA: Nach mehreren Katastrophen ist die Zivilisation am Abgrund, ein neuartiges Virus verwandelt Menschen in tödliche Bestien. Nur ein Ort ist noch vor ihnen sicher. Eine freie Stadt in Kalifornien, um die eine meterhohe Mauer errichtet wurde. Der dystopische Fantasy-Roman ist ein in sich abgeschlossener Einzelband. Aber so weit bin ich mit dem Lesen gar nicht gekommen.
Der Anfang:
Kaia spürte die rissigen Holzdielen der Veranda durch ihre Shorts, aber sie rührte sich nicht. Starrte hinaus auf die Wellen, die sich an der Küste brachen. Blau. So blau. Mit weißen Schaumkronen. Gischt, die wie gierige Teufel auf dem Wasser tanzte. Irgendwo klagte eine hungrige Möwe. Der Wind zerzauste ihr Haar, während die Sonne heiß auf sie herabschien. Kaia roch das Wasser, das nach Tang schmeckte, ...
Weshalb ein «aber» im ersten Satz? Weiter: Sie riecht Wasser, wie kann sie es gleichzeitig schmecken, ohne damit in Berührung zu kommen? «Starrte hinaus (auf die Wellen) ... » lesen wir. Und drei Sätze weiter: «Aber all das nahm keinen Platz in ihrem Bewusstsein ein, denn sie starrte nachdenklich auf ein altes, längst verblichenes Foto.». Was denn nun – blickt aufs Meer oder versunken in ein Foto? Und immer starrt sie auf etwas ... Und weiter im Text zum Foto:
Ihr Vater stand darauf, stolz aufgerichtet. Ein breites Grinsen auf seinen Lippen, während die blasse Frau neben ihm still lächelte.
Es tut mir leid, solche Ausdrucksweise verursacht mir Zahnschmerzen. Mal ganz zu schweigen von dem kläglichen Sprachbild mit aufgeblasenen Adjektiven, würde ich gern erklärt bekommen, wie man auf einem Foto still lächeln kann. Überhaupt: kann jemand laut lächeln? Lachen aus Fotos Menschen laut heraus? Ein Grinsen auf den Lippen? Möglicherweise mit der Dystopie begründet, weil es das 2169 gibt? Apropos, 2169, trägt man da noch banale ausgedruckte Fotos mit sich herum?
Weil ich eine geduldige Leserin bin, gab ich dem ersten Kapitel eine Chance. Ich legte leider den Jugendroman nach zwei Seiten beiseite – ansonsten hätte ich den Zahnarzt aufsuchen müssen. Die Dialoge schüttelten mich und die Sprache ließ meine Zähne knirschen. Zum Inhalt zu diesem Jugendbuch kann ich leider nichts sagen – ich kam ja nicht weit. Nur so viel: Gerade Kinder- und Jugendbücher benötigen eine gute Sprache! Bücher sollen doch Vorbild sein, zumindest sprachlich! Ich lese seit meiner eigenen Jugend sehr viel – Kinder- und Jugendbücher – im Studium als «Pflicht», später aus Interesse. Eine leichte Sprache, bedeutet nicht gleich schlechte Ausdrucksweise. Lesekompetenz erwerben wir auch mit einfachen Texten. Manche Texte können zu komplex und zu lang sein für manche Kinder und Jugendliche, klar. Darum geht es nicht. Der Sprachrhythmus muss stimmen, die Ausdrucksweise, das Sprachbild und natürlich die Logik! Die meisten Kinder- und Jugendbücher sind in den Mitteln der Sprache gut bis hervorragend geschrieben – so soll es sein. Über Inhalte kann man streiten, dem einen gefällt dies, dem anderen das. Dieser Roman ist für mich sprachlich und logisch nicht akzeptabel, es schmerzt zu sehr, hier weiterzulesen. Und ich frage mich ernsthaft, ob das Lektorat das Buch während des Mittagsschlafs bearbeitet hat. Nennt mich zu pingelig – ich kann nicht anders.
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