Direkt zum Hauptbereich

Spanischer Totentanz von Catalina Ferrera - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Spanischer Totentanz

von Catalina Ferrera


Der erste Satz: Dunkelheit lag über dem Cementiri de Montjuïc, als er endlich zurückkam.

Der erste Spanien-Krimi, »Spanische Delikatessen«, von Catalina Ferrera hatte mir als Hörbuch gefallen: leichte Story mit Lokalkolorit, feiner Humor, spannende Geschichte. Darum freute ich mich auf einen weiteren Barcelona-Krimi. Leider wurde ich vom Nachfolger enttäuscht. Spannung kam wenig auf.

Barcelonaflair

Karl Lindberg ist nun offiziell bei den Mossos d’Esquadra als Comisario eingestellt und arbeitet im Team seines Schwagers Alex. Während der Aufnahmefeier mit den Kollegen in einem Restaurant werden Karl und Alex zu einem aufgefundenen Toten beordert: auf den Friedhof. Na, wo sollen sonst die Toten liegen? Zwei Touristen haben in einer Gruft auf dem Cementiri de Montjuïc einen leblosen Körper gefunden – eben nicht in einem Sarg. Schnell ist der Mann identifiziert, es handelt sich um einen stadtbekannten Politiker, bzw. Immobilienhai. Sehr schön beschreibt die Autorin den Friedhof, der Cementiri de Montjuïc ist nämlich eine Sehenswürdigkeit, ein Park, der einiges an Kunstgeschichte und Geschichte zu bieten hat, auf dem prachtvolle Mausoleen und kunstvoll gestalteten Heiligenfiguren in Familiengruften oder in Grabnischen zu finden sind. Der Friedhof ist so gewaltig groß, dass er mit Autos befahrbar ist, Touristenbusse fahren hindurch. Die Familie muss nun von den Comesarios unterrichtet werden. Und ab geht es in die Zona Alta, die sich im Laufe der Zeit zu einem äußerst exklusiven Stadtteil gewandelt hat. Bis hierher klang es spannend. Abends wird Karl überrascht: es gibt eine weitere Feier mit den Kollegen auf seiner Dachterrasse.

Restaurantbesuche statt Polizeiarbeit

Bis zur Mitte des Krimis haben Karl und Alex die drei Familienmitglieder des Toten und einen Politiker befragt, der Leser hat eine Menge Restaurants und Bars in Barcelona kennengelernt, typische Landesspeisen. Man frühstückt draußen, ist hier und da, Karl hat immer Hunger, trinkt dort einen Kaffee, trifft sich mit Kollegen in Bars. Irgendwie hat der Leser das Gefühl, hier wird herumgereist und gegessen, aber nicht ermittelt. Da der erste Krimi nicht schlecht war, also las ich weiter, sonst hätte ich sicherlich an dieser Stelle zugeklappt.

Der Sohn des ermordeten Politikers macht eine wichtige Mitteilung, der unverständlicherweise nicht nachgegangen wird. Dem Krimileser ist rasch klar, wer der Mörder ist, die Kommissare tappen weiter im Dunkeln. Finte, dachte ich, der Mörder ist nicht der Gärtner, sondern am Ende der Butler … Leider doch nicht, die Kommissare sind lediglich blind. Und zu allem Überdruss benötigen sie obendrein einen Psychologen, der ihnen die einfachsten Grundlagen der menschlichen Psyche erklärt. In einem Nebenstrang hat Kollegin Marla ein privates Problem zu lösen, bei dem das Team behilflich ist. Ein überflüssiger Strang, der lediglich die Seitenzahl aufbläst.

Letztendlich ein spannungsloser Krimi

Und wie lautet die Message von diesem Krimi? Ich zeige dir Barcelona und seine Restaurants, nebenbei löse ich schleichend zwei Morde? Ich war enttäuscht. Was hatte ich erwartet? Bahnhofsliteratur – klar, aber in diesem Bereich gibt es auch ziemlich gute Krimis. Barcelona besitzt immens viel Sprengstoff! Ein Politiker und Immobilienmagnat wird ermordet! Sprengstoff! In jeder Bar kann man heute Leute über die Katalanen-Frage streiten hören, ganze Familien sind zerstritten – Immobilien, Vermietungen, Korruption, Illegales, Tourismus … - Hinter der Aufklärung dieses Falls liegt allerdings eine Geschichte zugrunde, die vielfach erzählt wurde, vielfach psychologisch gut ausgefeilt. Hier erklärt sie ein Psychologe auf zwei Seiten. Das Herz von Barcelona wurde für mich nicht erfasst - die Menschen. Sehenswürdigkeiten aus der Touristenperspektive und Bars kann ich mir über TripAdvisor besser erklären lassen. Am Ende findet man auch noch einige Kochrezepte für typische regionale Gerichte. Von einem Regiokrimi erwarte ich regionales Feeling und natürlich auch Spannung für die Story. Beides kam für mich hier nicht herüber. Die Figuren sind allesamt ziemlich klischeehaft, die schwarzgekleidete kleinwüchsige Rechtsmedizinerin, die strenge böse Chefin usw. Darüber könnte ich in einem Regiokrimi mit Humor hinwegsehen, es als Satire werten, aber auch das kommt in diesem Band nicht herüber.

Rundum packt hier nichts

Am Anfang steht ein Prolog, den ich eher als erstes Kapitel bezeichnen würde. Mit sogenannten
Prologen habe ich meine Probleme, aber das ist letztendlich kein Manko. Sprachlich bin ich allerdings manchmal hochgeschreckt, wenn Menschen hin und wieder Tierlaute von sich gaben »...«, bellte er, oder Ausdrücke wie »Er rollte die Augen.«, was ich mir jedes Mal bildlich vorstelle. Bilder – auch hier blieb mir nichts hängen, keine Sätze, Beschreibungen, die Nachhall für mich hatten.

Hier geht es zur Rezension zu »Spanische Delikatessen« von Catalina Ferrera:

Spanische Delikatessen von Catalina Ferrera

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Das Nest von Sophie Morton-Thomas

  Ein Küstenort in Großbritannien, wo das Marschland auf den Ozean trifft, wo Vögel die bessere Gesellschaft sind, lebt Fran eine ereignislose Routine. Sich um den Campingplatz kümmern, der mit Mobilheimen ausgestattet ist, ihren Sohn von der Schule abholen, Abendessen kochen. Mit Dom, ihrem Mann, läuft es nicht mehr so, ihre Schwester lebt mit ihrer Familie in einem Wagen, zahlt keine Miete, dem Schwager hatte sie den Entzug finanziert und jetzt trinkt er wieder, hat keine Arbeit. Freude findet Fran nur an den verschiedenen Vogelarten, die sie am Strand beobachten kann; sie hat auch ein Häuschen zur Beobachtung finanziert. Und nun entdeckt sie ein Nest mit einer seltenen Vogelart, hofft, dass die Jungen ausschlüpfen werden. Und verschwindet die Lehrerin … Ein leiser Thriller. Weiter zur Rezension:    Das Nest von Sophie Morton-Thomashttps

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Interview mit Christina Clemm von Sabine Ibing

  © Sibylle Baier, Antje Kunstmann Verlag Christina Clemm arbeitet als Strafverteidigerin und als Nebenklagevertreterin von Opfern sexualisierter und rassistisch motivierter Gewalt. Deutschlands bekannteste Fachanwältin für Straf- und Familienrecht in Berlin und war Mitglied der Expertenkommission zur Reform des Sexualstrafrechts des BMJV, Aktivistin und politisch aktiv für Geflüchtete und von Gewalt Betroffene. Nach den neuesten Zahlen des BKA ist jede dritte Frau in Deutschland von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. In ihrem Buch «AktenEinsicht – Geschichten von Frauen und Gewalt» nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Gerichtssäle der Republik, an die Tatorte, in die Tatgeschehen. Mit  «Gegen Frauenhass» zeigt sie die Mechanismen patriarchaler Gewalt und fordert, dass sich endlich etwas ändert. Hier mein Interview mit Christina Clemm. Weiter:   Interview mit Christina Clemm von Sabine Ibing

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - Hase Hollywood und das Geheimnis des Drachenlandes von Stefan Rasch, Simon Rasch und Anja Abicht

  Ein mächtiges Kinderbuch! Schwer an Gewicht, eine lange witzige, fantasievolle Geschichte. Der Hase Hollywood und seine Freunde betreiben ein Gasthaus in einer einsamen Bucht am Ende der Welt. Eines Tages taucht ein gefürchteter Piratenkapitän bei ihnen auf und vergisst doch glatt seinen Seesack unter dem Tisch. Darin befindet sich alte Schatzkarte und ein geheimnisvoller rosa Glitzerball. Der Ball entpuppt sich als Ei, aus dem ein kleiner Drachen schlüpft. Und damit beginnt eine abenteuerliche Reise zur Schatzinsel, denn auf der Karte sind auch die Drachen verzeichnet, den das Hasen-Team zu seinen Eltern bringen möchte. Sehr feine Illustrationen, grundsätzlich eine gute Geschichte, aber grobe handwerkliche Fehler für den Kinderroman. Weiter zur Rezension:     Hase Hollywood und das Geheimnis des Drachenlandes von Stefan Rasch, Simon Rasch und Anja Abicht 

Rezension - Der Freund von Tiffany Tavernier

  Mit dem Haus im Grünen hat sich Thierry einen Traum erfüllt. Zusammen mit Élisabeth genießt er die Ruhe und Abgeschiedenheit des Wohnens nahe einem Wald. Die einzigen Nachbarn weit und breit, gleich nebenan, Guy und Chantal. Eins Tages im Morgengrauen stürmt die Polizei das Gelände. Die Nachbarn und gute Freunde, werden in Handschellen abgeführt. Was haben sie getan? Journalisten belagern das Gelände. Ein psychologischer Kriminalroman , der sich mit den Folgen der «Opfer» befasst, denn letztendlich sind die schockierten Freunde auch Opfer des Massenmörders. Weiter zur Rezension:    Der Freund von Tiffany Tavernier

Rezension - Yrsa von Alexandra Bröhm

  Journey of Fate (Yrsa. Eine Wikingerin 1)  Yrsa ist eine junge Wikingerin , die sich nach dem Tod der alleinerziehenden Mutter seit vier Jahren allein um ihrem Bruder Sjalfi kümmert. Als sie eines Tages von der Jagd nach Hause kommt, ist Sjalfi verschwunden. Verzweifelt macht sie sich auf die Suche und den gefährlichen Weg nach Haithabu . Denn es heißt, es würden Kinder entführt und versklavt. Unterwegs lernt sie Krieger kennen. Ihr Traum war immer schon, eine Kämpferin zu werden. Der Krieger Avidh hat es ihr besonders angetan. Ich würde den Roman ins Genre Young Adult einordnen. Wer softe Literatur, einen Liebesroman zur Entspannung mag, liegt hier richtig.  Weiter zur Rezension:    Yrsa von Alexandra Bröhm

Rezension - Rath von Volker Kutscher

  Gelesen von David Nathan Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 21 Std. und 49 Min. Gereon und Charlotte Rath warten im Herbst 1938 nur noch auf den richtigen Moment, Deutschland zu verlassen, um nach Amerika zu gehen. Sie treffen sich heimlich in Hannover , denn Charly lebt immer noch in Berlin und Gereon, der als verstorben gilt, wohnt inkognito in Rhöndorf am Rhein , weil er seinen im Sterben liegenden Vater nicht im Stich lassen will. Charly sucht ihren ehemaligen Pflegesohn Fritze, der ausgerissen ist und unter Mordverdacht steht. Als sich die Lage zuspitzt, muss Gereon sein Versteck verlassen und Charly zu Hilfe kommen, nach Berlin reisen. Der 10. und letzte Band der Gereon Rath-Reihe - wie immer hochspannend, historisch gut recherchiert. Noirliteratur , ein feiner literarischer Krimi ! Empfehlung!  Weiter zur Rezension:    Rath von Volker Kutscher